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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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hinein. Und unter den Blicken sämtlicher Gäste kletterte er wieder heraus, schüttelte sich wie ein nasser Hund und setzte sich zu uns.
    Ihr Mann war um einiges jünger als sie. Irgendwas zwischen zwanzig und dreißig, keine Ahnung; mit sechzehn kann man andere altersmäßig schwer einschätzen. Die meisten sind einfach
älter
. Jeder ist böse, will dich und hat Hintergedanken, und jeder macht einen auf
Gefährliche Liebschaften
. Begreifen Sie?«
    Häkchen. Dr. R macht ein weiteres Häkchen.
    »Jedenfalls war ihr Mann total mürrisch und unhöflich. Er nahm mich kaum zur Kenntnis, als sie mich ihm vorstellte, und ich brauchte das ganze Mittagessen, bis ich merkte, dass sie verheiratet waren. Sie stritten das ganze Dessert hindurch, ohne Punkt und Komma. Das Herz klopfte mir bis zum Hals und ich dachte: Himmel, ich bin sechzehn. Wo bin ich nur gelandet? Was hab ich mir da eingebrockt?
    In ihrem Apartment stellte ich fest, dass sie an meinem Gästebett vorbeimussten, um in ihr Schlafzimmer zu kommen. Sie und ich würden unsere Tage am Strand verbringen – und sie würde mich im Bikini fotografieren. Ich stellte mir vor, ich sei Bettie Page und sie Bunny Yeager, Sie wissen schon, die Fotografin, die Bettie berühmt gemacht hat. Sie machte ganz viele Fotos von mir, und ich posierte gern für sie. Ich hatte ja gute Titten und einen tollen Arsch, und in einem fremden Land fühlt sich das aufregend an. Daheim in England empfand ich Titten und Arsch einfach nur als böses Omen.
    Nachts hörte ich die beiden immer streiten, in voller Lautstärke, und dann versteckte ich mich unter meiner Decke, wie ein Kind, dessen Eltern sich zoffen.
    Eines Nachts kam er in mein Bett und sagte, er müsse reden. Weil sie einfach nicht aufhören können zu streiten, und er nicht mehr wisse, was tun. Ich fühlte mich geschmeichelt. Ich erklärte ihm, dass ich wisse, dass sie ihn liebt und dass diese Phase bestimmt wieder vorbeiginge.
    Aber was wusste ich schon! Ich hatte noch nie einen festen Freund gehabt. Mein platinblonder Pagenkopf hatte nachmittags bald schon keine Zeit mehr für mich – sie arbeitete auf einmal stundenweise in einer Bar. Deshalb sollte ihr Mann sich um mich kümmern. Wir gingen in ein Programmkino und sahen uns
Asphaltrennen
an. Ein verwirrender Film, weitgehend stumm, der vor sexueller Anspannung nur so brodelte, genau wie ich.
    Er fuhr mit mir mit dem Motorrad über die Golden Gate Bridge. Ich zitterte so heftig, dass das Motorrad anfing zu schlingern und er rief: ›Mensch, Emma! Du zitterst ja wie gottverdammtes Espenlaub! Ich mach einen Schlenker nach dem anderen! Wenn du nicht aufhörst, bauen wir noch einen Unfall!‹
    Ich glaube, wir standen mehrmals kurz davor. Als ich dann endlich wieder absteigen konnte, war ich leichenblass und fix und fertig. Es war Abend, und ich sagte, ich brauche jetzt erstmal was zu trinken.
    Wir gingen in die Kneipe, in der ihre Band auftrat. Sie hatten dieses tolle Mädchen an der Bassgitarre. Danach gingen wir in eine Bar. Nein, Moment. Wir waren zuerst in einer Bar und dann bei ihrer Band. Er hatte mir mehrere Jägermeister ausgegeben. Ich konnte nicht mehr gerade stehen, und als ihr Auftritt vorbei war, wollte sie noch bleiben und feiern. Ich hätte ihr nur den Spaß verdorben.
    Deshalb sagte er zu ihr, er würde mich nach Hause bringen. Bevor wir gingen, gab sie ihm noch einen langen, sehr leidenschaftlichen Kuss.
    In einer schmalen Gasse sagte er auf einmal, er hätte die Fotos gesehen, die sie von mir am Strand gemacht hatte, im Bikini.
    Und dann hat er mich geküsst. Und ich habe den Kuss erwidert.«
    Ich warte, damit Dr. R es sich notieren kann. Doch das tut er nicht.
    »Dann wollte ich mit dem Küssen aufhören. Aber er machte weiter. Er schob mich vorwärts, bis wir an einer Kirchenmauer lehnten, und ich sah ein buntes Glasfenster. Aber darin brach sich kein Licht, weil es ja Nacht war. Er zog mir die Hose runter. Weil es von hinten und mein erstes Mal war, wusste ich nicht, ob es normaler Sex war oder ob wir Analsex hatten.«
    Dr. R schreibt noch immer nichts.
    »Es tat nicht arg weh. Ich war gar nicht da. Er sagte, es hätte ihn einfach überkommen und er konnte nicht anders. Mein Körper sei schuld gewesen.«
    Ich blicke auf meine Füße. Wo hab ich diese roten Sneakers eigentlich gekauft?
    »Da es nicht wehtat und ich gar nicht da war, was war es dann überhaupt? Warum rege ich mich so auf? Warum fühlte ich mich hinterher gebrandmarkt?«
    Er schweigt.
    »Hinterher,

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