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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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Süchtiger, der Fundamentalist wurde. Betonung auf Mentalist!
    Außerdem: Chaim Topol in
Anatevka
, als er sich auf die Brust klopft und »
YA DA DA DA DA DA DA
!« schmettert. Aber ich weiß nicht, was er ist – außer einfach nur schräg.
    Kurz und gut: Bist du ein alkoholischer / extremistischer / narzisstischer »
Schtetl
-Bewohner« und/oder hast eine kräftige Stimme?
    Dann liebe ich dich!
    Der Laie wird jetzt bestimmt wie Dr. R vor ihm sagen, dass Männer und mein Verlangen nach ihnen sehr viel mit meiner emotionalen Gesundheit zu tun haben. Dazu kann ich zu meiner Verteidigung nur sagen, dass man als serielle Monogamistin vor dem Problem steht, dass es keine wahllosen oder unwichtigen Begegnungen gibt: Jeder, mit dem du schläfst, bedeutet dir etwas und wird ein Teil deines Lebenslaufs.
    Irgendwann wache ich auf und denke: Scheiß drauf! Ich will keinen Mann in meinem Bett mehr, nie mehr. Wenn ich etwas will, dann eine Katze.
    Nachdem ich einen Monat lang jeden Morgen mit diesem Gedanken aufgewacht bin, rede ich so lange auf Dr. R ein, bis er mir erlaubt, dass ich mir eine herrenlose Katze zulegen darf. Das ist ein Riesending für mich. Ich darf für ein anderes Wesen sorgen, nicht mehr nur für mich selbst. Es mag skurril klingen, aber es ist der größte Schritt, den ich jemals in Richtung psychische Gesundung getan habe. Er entzieht mich dem Machtbereich der Männer, stabilisiert meine Psyche, macht mich ein kleines bisschen weniger egoistisch und sehr viel verantwortungsbewusster. Klar, dass ich mich für einen kleinen Kater entscheide!
    Perrys früherer Besitzer kam am 11. September ums Leben. Als ich Perry zum ersten Mal sehe, sitzt er in einem Kleintierladen in einem Käfig. Dorthin haben ihn die Leute vom Tierheim gebracht, als niemand Anspruch auf ihn erhob. Doch kaum wird seine Vorgeschichte bekannt, wollen ihn alle haben. Er ist wirklich ein sehr hübsches Kerlchen, cremefarben mit aprikosenfarbenen Flecken. Mir ist aufgefallen, dass viele Amerikaner die Überlebenden einer Tragödie wesentlich lieber haben, wenn diese sie nicht körperlich entstellt hat.
    Perry darf also mit mir nach Hause. In dem Moment, als er durch meine Tür geht, ist klar, dass er nicht mein Haustier ist und ich nicht direkt seins, sondern dass wir so etwas wie Seelenverwandte sind. Am ersten Abend sitzt er auf dem Klodeckel und schaut mir aufmerksam beim Baden zu. Ich versuche mehrmals, eine Spur von Laszivität oder Einschätzung in seinem Blick zu entdecken. Das bin ich so gewohnt. Doch da ist nichts.
    Als wir noch in New York sind, dreht Perry jedes Jahr am 11. September durch. Rastlos dreht er seine Runden im Apartment, immer und immer wieder, als sei er hinter Staubflöckchen her. Er heult den Mond an, ob man ihn sieht oder nicht. Andere Leute, die ein 9/11-Haustier aufnahmen, oder später Hunde und Katzen vom Hurrikan Katrina, erzählen ähnliche Geschichten. Auch deren Tiere sind dann immer total neben der Spur.
    Nach zehn Monaten glücklichen Zusammenlebens mit Perry darf ich mir Junior zulegen. Junior ist ein rötlich-brauner, kurzhaariger Kater, nicht annähernd so hübsch wie Perry, aber unendlich viel weicher (Fell, Köpfchen und Herz).
    Die Leute vom Tierheim haben mir genau erklärt, wie ich vorgehen muss, damit sich die Katzen aneinander gewöhnen.
    »Sie nehmen Junior jetzt in der Transportbox nach Hause. Dort stellen Sie die Box mitten ins Zimmer und lassen ihn für ein paar Stunden darin, damit Perry ihn in Ruhe beschnüffeln kann.«
    Das Problem ist nur, dass es schneit, als ich Junior nach Hause trage, sodass er als trauriges, feuchtes Fellbündel dort ankommt. Eigentlich darf ihn nicht herauslassen, aber ich kann nicht anders, um ihn mit einem Handtuch trockenrubbeln zu können. Perry starrt mich mit einer Mischung aus Schock und Hass an.
    Danach muss ich Junior für vierundzwanzig Stunden im Badezimmer einschließen, damit sie einander unter der Tür mit der Pfote betatschen können. Das bedeutet aber, dass ich nicht ins Bad kann, um mich zu ritzen, und das tue ich nur dort. Ich habe also einen Tag frei und irgendwie ist der Bann dadurch gebrochen – wie durch einen Reinigungsprozess. Außerdem hat Junior einen Lecktick. Er leckt mich. Andauernd. Seine rauhe Zunge tut ein bisschen weh, aber längst nicht so sehr wie eine Rasierklinge. Ich habe das Gefühl, in einer Reha-Klinik zu sein.
    Zu guter Letzt sitzen Perry und Junior auf der Couch, jeder auf einer anderen Seite. Sie schauen stur geradeaus, wie

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