Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
versuchte Schwindel und Übelkeit zu unterdrücken, wieder schloss sie die Augen.
Prompt sah sie den Mann vor sich. Er kam auf sie zu. Drei Meter trennten sie noch. Vielleicht auch vier. Sie wollte zur Tür. Da traf sie der Schlag auf den Kopf.
Anjela riss die Augen auf. Wie hatte er das denn gemacht?
61
Kurz vor neun betrat Dühnfort in Begleitung von Christoph Leyenfels, Alois und Kirsten ein Wohnhaus aus der Nachkriegszeit in der Lindwurmstraße. Hinter ihnen stieg Max Eichberger, Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes, die Treppe in den ersten Stock hinauf. Wie erwartet, reagierte niemand auf Klingeln und Klopfen. In der Wohnung war es still. Friebe war nicht da. Leyenfels präsentierte Eichberger den Durchsuchungsbeschluss und bat ihn, die Tür zu öffnen. Das Schloss aufzubohren und den Zylinder zu wechseln dauerte ein paar Minuten.
In der Wohnung war es dunkel. Dühnfort zog Latexhandschuhe über und tastete nach dem Lichtschalter. Deckenstrahler flammten auf. Schwarz und anthrazitgrau gestrichene Wände schluckten den größten Teil des Lichts. Sogar der Teppichboden des quadratischen Vorraums war schwarz. Linker Hand befanden sich Küche und Bad. Die Türen waren offen. Dem Eingang gegenüber lag das Wohnzimmer. Rechter Hand ging es ins Schlafzimmer. Während Dühnfort diese Düsternis auf sich wirken ließ, verschafften Kirsten und Alois sich einen Überblick und kehrten in den Flur zurück. »Niemand da.« Alois steckte die Waffe wieder ein.
»Gut. Sehen wir uns um. Alois das Wohnzimmer, Kirsten das Schlafzimmer. Ich übernehme den Rest.« Er betrat das Bad. Schwarze Fliesen, offenbar original fünfziger Jahre. Badewanne, Waschbecken, WC . Über dem Waschbecken hing ein Spiegelschrank, darunter eine Ablage. Dühnfort hielt einen Kamm gegen das Licht. Einige Haare hatten sich darin verfangen. Er schob ihn in einen Spurenbeutel. Im Spiegelschrank befanden sich jede Menge Medikamente. Beruhigungsmittel, Aufputschmittel, Schlaftabletten, Psychopharmaka. Fürs Dealen war die Menge zu gering.
Systematisch durchsuchte er das Bad und fand nichts. Auf dem Weg durch den Flur zur Küche fielen Dühnfort gerahmte Fotografien auf. Sie hingen an der schwarzen Wand und wurden von Spots beleuchtet. Überrascht blieb er stehen, als er die Motive erkannte. Tote Tiere. Eine überfahrene Katze, deren Eingeweide aus der aufgeplatzten Bauchhöhle quollen. Der angefressene Kadaver eines Eichhörnchens. Eine Maus, von Raureif überzogen.
Alle Aufnahmen hatten etwas gemeinsam. Sie waren ästhetisch und zeigten unvermutet Schönheit und Würde, die neben dem Grauen existierten. Man musste sie nur sehen. Die Pfoten des Eichhörnchens waren wie zum Gebet aneinandergelegt. Die Katze schien zu lächeln, entrückt, fern aller irdischen Qualen. Die Maus in ihrem Spitzenkleid aus Reif.
Seiner Mutter würden diese Fotografien gefallen. Gewalt und Erlösung vereint. Diese Aufnahmen vertrieben den letzten Rest an Zweifel. Friebe, und niemand sonst, hatte das Bild von Emilys Leiche gemacht! Er schien ein Faible für den Tod zu haben und für dessen Inszenierung als Erlösung.
Die Küche war der einzige helle Raum. Auch dort fand Dühnfort Brettschneiders Uhren nicht. Hatte Friebe sie schon verhökert?
Es klingelte an der Tür. Meo kam. Basecap verkehrt herum auf dem Kopf. Viel zu weite Klamotten und ein Sweatshirt mit dem Aufdruck Reality.sys is corrupt! Reboot universe? Er brachte den Transportkarton für Friebes PC mit.
Ob sie die Fahndung herausgaben und die Bewilligung für die Handyortung erhielten, hing vom Ergebnis der Wohnungsdurchsuchung ab. Sie mussten schnellstmöglich eine Verbindung zwischen ihm und wenigstens einem der Morde herstellen. »Kannst du gleich nach dem Foto von Emily suchen? Wenn Friebe es gemacht hat, können wir endlich Gas geben.«
»Ich muss erst das Passwort knacken. Dafür muss ich die Kiste mitnehmen. Sorry also. Alles braucht seine Zeit.«
»Wie lange kann das dauern?«
»Zwei Minuten, zwei Wochen, unendlich. Der Kerl ist nicht doof. Er wird ein sicheres Passwort haben. Vielleicht lässt es sich gar nicht knacken.«
Dühnfort folgte Meo ins Wohnzimmer. Leyenfels und Alois standen am Schreibtisch über den PC gebeugt. Alois sah auf, als sie eintraten. »Glück gehabt. Die Kiste war nur im Ruhemodus.«
Meo stellte den Karton ab. »Ganz schön leichtsinnig für jemanden, der sonst so vorsichtig ist. Dann schauen wir mal.« Mit dem Fuß zog er den Stuhl heran und setzte sich.
Auch Dühnfort war
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