Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
ohnehin auf dem Heimweg. Ich muss nur noch schnell etwas bei meiner Versicherung abgeben. Das dauert bloß fünf Minuten. Kommen Sie. Mein Wagen steht gleich dort drüben.« Ehe Anjela sich’s versah, hatte ihr Engel sie untergehakt und bugsierte sie zum Auto.
Der Mann, der sie wie eine Katze hatte ersäufen wollen, stand noch immer an derselben Stelle. Anjela konnte es nicht lassen und zeigte ihm den gestreckten Mittelfinger.
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Unauffällig warf sie einen Blick in den Rückspiegel. Wie oft hatte sie das nun schon getan? Erleichtert presste sie das Tempo gegen die Wange. Niemand folgte ihnen. Das Schwindelgefühl hatte nachgelassen. Nur ihr Kopf tat so höllisch weh, dass sie befürchtete, jeden Moment zu kotzen. Jetzt U-Bahn fahren zu müssen … unvorstellbar. Was für ein Glück, dass Anne ihr zu Hilfe gekommen war. So hatte sich ihr rettender Engel vorgestellt, als Anne Lorenz.
Ein Handy klingelte. Anne zog es hervor und telefonierte, während sie mit einer Hand den SUV sicher durch den Verkehr lenkte. »Hallo Schatz … Nein … Es dauert noch ein bisschen. Ich fahre noch bei der Versicherung vorbei … Nein … Bei der Zentrale in der Ridlerstraße. Und dann bringe ich noch jemanden nach Hause … Erkläre ich dir später … Ja. … Bis dann. Ciao.« Das Handy verschwand wieder in der Jackentasche. Anne sah zu ihr herüber. »Wie fühlen Sie sich?«
»Geht besser. Danke.« Kurze Zeit später bog ihr Engel auf die Zufahrt zu einer Tiefgarage ein. Eine Schranke öffnete sich, steil ging es hinunter in den Parkbereich. »Kann ich Sie für fünf Minuten alleine lassen?«
»Ist keine Problem.« Anjela knüllte das Taschentuch zusammen. Die Schürfwunde brannte, als habe jemand Chili hineingerieben.
»Es dauert wirklich nicht lange.« Der Wagen rollte in einer Parkbucht zwischen einer Betonwand und einem Cabrio aus. Der Motor erstarb. Anne nahm ihre Tasche und stieg aus. Aufmunternd lächelte sie ihr zu und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Anjela stopfte das blutige Taschentuch in den Abfallbehälter. Im Handschuhfach suchte sie nach einem frischen und fand ein Päckchen Tempos neben dem Reserveschlüssel. Während sie im Rückspiegel die Schürfwunde betrachtete, kam ein schwarzer Wagen die Rampe heruntergefahren, bog in die Gasse zwischen den Parkbuchten ein und blieb dort stehen. Mit laufendem Motor. Sie hörte ihn. Sehen konnte sie ihn nicht. Die Mauer versperrte die Sicht. Angst stieg in ihr auf. Warum fuhr er nicht weiter? War der Kerl ihnen etwa doch gefolgt? Mit klopfendem Herzen drehte sie sich um und sah ihn sofort. Er war da! Und er kam auf den Wagen zu! Sie saß in der Falle. Wenn sie ausstieg, würde sie ihm direkt in die Arme laufen. Adrenalin flutete ihren Körper. Türen verriegeln. Wo war der Knopf? Wie rasend flogen ihre Finger über alle Tasten und Schalter, die sie finden konnte. Die Warnblinkanlage ging an. Im Rückspiegel sah sie ihn näher kommen. Mit einem lauten Ratsch schnappten alle Schlösser zu. Eine Sekunde Erleichterung. Er war da, rüttelte an der Beifahrertür. Sein Gesicht von ihrem nur durch die Scheibe getrennt. Ein kalter Blick. Ein verzerrter Mund. Sie musste weg.
Panisch sah sie sich um. Der Schlüssel! Sie riss ihn aus dem Handschuhfach, rutschte auf den Fahrersitz, schob ihn ins Zündschloss. Er zerrte an den Seitentüren, schlug mit der flachen Hand aufs Dach. Ein blechernes Scheppern. Der Motor sprang an. Er hatte das Auto umrundet, rüttelte an der Fahrertür. Sie knallte den Rückwärtsgang rein, schoss aus der Parkbucht. Er sprang zur Seite, rannte zu seinem Wagen. Doch er musste erst wenden, während sie bereits die Zufahrt hinaufraste.
Die Schranke! Anjela trat das Gaspedal durch, zog automatisch den Kopf ein. Ein Schlag, Splitter flogen. Schlingernd jagte der Wagen über den Gehweg auf die Straße. Er war noch nicht hinter ihr. Fünfzig Meter entfernt die Zufahrt zu einem Technikmarkt. Betonwand links. Darauf das Parkplatzschild. Instinktiv riss sie das Steuer herum, fuhr auf den Parkplatz, verschwand aus dem Sichtfeld und verbarg den Wagen hinter der Mauer.
Mit rasendem Herzen behielt sie die Zufahrt im Blick. Ihr Fuß schwebte über dem Gaspedal, die Hand lag auf dem Schaltknüppel. Doch ihr Plan ging auf. Sekunden verstrichen. Er kam nicht. Er war auf ihr Manöver hereingefallen. Sicherheitshalber wartete sie noch eine Minute. Dann ließ sie den Wagen langsam auf die Straße rollen und sah sich um. Dieser Mistkerl war nirgends zu sehen. Erleichtert fuhr
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