Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
etwa hundertfünfzig Meter entfernt im Süden der Zugang von der Bayerstraße. Der Wind zog eiskalt hindurch. Dühnfort schlug den Kragen hoch. Menschen wuselten umher, mit Rollkoffern, Reisetaschen und Rucksäcken beladen. Ein Hauptstrom bewegte sich von den Bahnsteigen kommend zum S-Bahn-Geschoss. Dazwischen verzweigten sich Ströme in alle Richtungen. Dühnfort hielt Ausschau nach Friebe.
Langsam näherten sie sich dem von Meo beschriebenen Bereich und sondierten ihn systematisch. Friebe war nirgends zu entdecken. Ratlos sah Dühnfort sich um. Weiter hinten zuckte Alois die Schultern, Kirsten kehrte die Handflächen nach außen. Die Kollegen schoben die Mützen in den Nacken. Dühnfort hob das Handy ans Ohr. »Hat er den Standort gewechselt?«
»Nein. Unverändert«, antwortete Meo. »Shit. Genau genommen hat er sich nicht vom Fleck gerührt, seit ich ihn geortet habe. Und das ist jetzt schon zwölf Minuten her. Guckt mal in die Papierkörbe.«
Kirsten gesellte sich zu ihm. »Was ist?«
»Entweder steht er wie festgenagelt seit einer Viertelstunde am selben Fleck, oder er hat sein Handy weggeworfen.« Sie sahen sich um. Es kamen einige Papierkörbe in Frage. Bei den Imbissbuden. Am Kopfende der Bahnsteige. Neben zwei Bänken. »Ich rufe ihn an. Dann geht es vielleicht schneller.« Er wählte Friebes Nummer. Kirsten und die Kollegen gingen zu den Abfallbehältern. Die Mailbox sprang nicht an. Er ließ es klingeln, bis Kirsten die Hand hob. Sie hatte das Handy.
Verdammter Mist! Er machte sich über sie lustig.
Kirsten gesellte sich zu ihm. »Da hält sich jemand für besonders schlau.«
Dühnfort schob das Handy in einen Spurenbeutel und steckte ihn ein. »Trotzdem ein Fehler. Seine Kontaktdaten sind darin gespeichert. Mit etwas Glück geben sie uns einen Hinweis, wo wir suchen müssen.«
65
»Danke für alles.« Clara umarmte Krystyna zum Abschied am ZOB . Der Rollkoffer wurde verstaut, der Bus füllte sich. Krystyna drehte sich in der Tür noch einmal um. »Passen auf dich auf.« Sie winkte ihr kurz zu, dann verschwand sie im Inneren des Busses.
Clara fuhr mit der S-Bahn nach Hause. Auf dem Weg vom Bahnhof zur Werkstatt verstärkte sich das Gefühl, hinter einer unsichtbaren Mauer zu verschwinden, von allem getrennt zu sein. Unter den Bäumen lagen Haufen brauner Blätter. Sie ließ ihren Fuß hineinfahren, wirbelte sie auf. Thore hatte sich nicht mehr gemeldet. Es tat weh, auch wenn sie nichts anderes erwartet hatte.
Weiter vorne parkte ein Wagen ein. Achim stieg aus und kam auf sie zu.
»Hallo Clara.« Er nahm sie in den Arm. »Da habe ich offenbar Glück, dass ich dich antreffe. Ich komme gerade vom Pfarrer und wollte die Beisetzung mit dir besprechen. Hast du Zeit?«
Natürlich hatte sie Zeit. Wer, wenn nicht sie? Paps brauchte sie nicht mehr. Klaus und die Kinder auch nicht. Ich denke nicht, dass es etwas gibt, das du für uns tu n ka nnst.
Clara atmete scharf aus. »Natürlich. Bei mir sieht es allerdings ein bisschen wild aus. Ich bin nicht dazu gekommen aufzuräumen. Wenn du für die Beisetzung Papiere brauchst, die sind alle in der Wohnung, und die ist noch versiegelt, da müsste ich also erst bei der Polizei nachfragen.« Achim musterte sie irritiert. Lag es an ihrem Sprechdurchfall? Augenblicklich verstummte sie. Oder sah er es ihr an? Sie sollte tot sein. Nicht Franzi. Hastig zog sie den Schlüssel aus der Manteltasche, nahm die Post aus dem Briefkasten und sperrte auf.
In der Werkstatt war es kalt. Das Feuer war aus. Hatte sie überhaupt eines gemacht? Sie konnte sich nicht erinnern. Achim rieb sich die Hände. »Ganz schön frisch bei dir.«
»Ich heize gleich ein.«
»Geht es dir so schlecht, dass du nicht mal Briketts kaufen kannst? Dann sag das doch. Ich leihe dir was.«
»Ich habe einfach nicht daran gedacht. Magst du etwas trinken? Saft, Wasser, Kaffee?«
»Bei dieser Kälte wäre ein heißer Tee gut.« Während sie eine Kanne machte, schürte er den Kachelofen ein. Zehn Minuten später knisterte das Feuer. Clara nahm in ihrem Sessel Platz, Achim auf dem Sofa. Sie besprachen den Text fürs Sterbebildchen und den für die Traueranzeige. Clara stimmte seiner Wahl für Sarg und Blumenschmuck zu. Mit dem Pfarrer hatte er bereits gesprochen und ihm Anhaltspunkte für die Trauerrede geliefert. Achim hatte alles im Griff, während sie das Gefühl hatte, durch ein Moor zu taumeln und mit jedem Schritt ein wenig mehr zu versinken. Endlich schlug er die Mappe mit seinen Unterlagen
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