Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Runden, in denen man sich unterhält und wo solche Dinge zur Sprache kommen können.«
»Wozu brauchst du die Kreditkartenabrechnung?«, fragte Alois.
»In der Rekonstruktion von Ruges Tagesablauf fehlen uns anderthalb Stunden. Zwischen siebzehn Uhr, als er das Büro verließ, und achtzehn Uhr dreißig, als er heimkam, wissen wir nicht, wo er war. Das würde ich gerne ändern.«
»Ist das wichtig? Der Mord geschah erst gegen einundzwanzig Uhr.«
Wieder einmal wollte Alois es sich einfach machen. Zu den Gründlichen gehörte er wahrlich nicht. Trotzdem war auf ihn Verlass. »Wir werden nichts übersehen.« Dühnforts Handy klingelte. Er warf einen Blick darauf. Eine Nummer des KFD 11 erschien im Display.
8
Kurz vor halb zwölf steuerte Dühnfort auf den Eingang der zentralen Ermittlungsstelle für Amtsdelikte zu und schnappte dabei Gesprächsfetzen in mindestens fünf Sprachen auf. Das KFD 11 befand sich in einem heruntergekommenen Bürokomplex direkt am Hauptbahnhof. In der Ladenzeile im Erdgeschoss entfaltete sich Münchens Multikultiseite in voller Pracht. Asia-Lebensmittel, Döner-Kebap-Imbiss, bayerisches Trachtenoutlet, ein Bistro, ein Leihhaus, eine Schnitzel- und Hendelhütte und ein türkisches Internetcafé hatten sich in mal mehr, mal weniger freundlicher Nachbarschaft versammelt. Erst vor drei Wochen hatte es hier einen Toten bei einer Messerstecherei unter Ukrainern gegeben. Vom Hauptbahnhof hallten Lautsprecherdurchsagen herüber, das Quietschen einer Tram überlagerte kurz den Verkehrslärm. Ein Duftgemisch aus Kreuzkümmel und Leberkäs lag in der Luft.
Die Vorspeisen in der Auslage von Kelims Imbiss sahen vielversprechend aus. Dühnfort entschloss sich, nach dem Gespräch mit Potthoff hier zu Mittag zu essen. Vielleicht hatte Gina auch Lust auf Türkisch. Heute Morgen hatten sie sich nur kurz gesehen. Keine Zeit, ihr von Gerstners und Behringers Teamarbeit zu erzählen. Vermutlich erfuhr sie gerade durch den Buschfunk davon. Er zog sein neues Smartphone hervor, schickte ihr eine SMS und schlug ihr ein gemeinsames Essen vor.
Mit dem Lift fuhr er nach oben, betrat die Räume des Dezernats und meldete sich an. Eine Beamtin in Zivil brachte ihn zu Potthoffs Büro.
Der Leiter dieses noch jungen Dezernats war ein im Dienst ergrauter Beamter. Stoppelhaarschnitt, randlose Brille, schlaffe Wangen. Schlecht rasiert. Das Sakko war an den Schultern zu eng. Er reichte Dühnfort über den Tisch hinweg die Hand und bat ihn, Platz zu nehmen. Die Fenster waren schmutzig. Aus dem Teppichboden stieg ein muffiger Geruch. In der Ecke reckte eine Zimmerpflanze ihre vergilbten Blätter zum Licht. Das Büro wirkte, als würden darin seit zwanzig Jahren Akten und Mitarbeiter verstauben.
Potthoff kam ohne lange Vorrede zur Sache. »Eines vorab: Wir arbeiten hier unparteiisch und unvoreingenommen. Wir machen uns weder mit den Medien gemein, noch lassen wir uns von Vorgesetzten beeinflussen. Für uns zählen allein Fakten.«
»Schön zu hören.« Dühnfort entspannte sich. »Mein Bericht liegt Ihnen vor.« Musste er dennoch eine Aussage machen? In eine derartige Situation war er noch nie geraten. Vielleicht sollte er sich einen Anwalt nehmen.
»Ich habe ihn gelesen. Ungewöhnlich, sich quasi selbst anzuzeigen.«
»Ich hab das Heft gern in der Hand.«
»Der Anwalt von Frau Behringer ist auch keine Schnarchnase. Er war schon hier. Die Anzeige liegt vor. Schwere Körperverletzung im Amt.«
Das hatte er nicht anders erwartet.
»Als Zeuge wurde ein Arnold Gerstner benannt.« Potthoff stützte einen Ellenbogen auf und musterte Dühnfort nachdenklich, dabei zwirbelte er eine seiner buschigen Augenbrauen. »Ich habe Frau Behringer einen Besuch abgestattet. Ein offener Bruch, der operiert werden musste. Etliche Hämatome. Ein Schock. Der behandelnde Arzt meint, die Patientin wäre traumatisiert. Er will psychische Folgen nicht ausschließen. Das ist nicht ohne.«
Die Behringer stilisierte sich jetzt also auch noch zum traumatisierten Opfer! Es war nicht zu glauben! »Aber nicht meine Schuld. Ich habe ihren Angriff abgewehrt. Ein übliches Vorgehen in einer solchen Situation. Gerstner kam dazu, als ich sie in den Polizeigriff genommen hatte und wir stürzten.«
»Hm. Was mir nicht ganz klar ist: Sie werfen ihm wissentliche Falschbeschuldigung vor. Und verweisen bei dem Grund dafür auf ein Aktenzeichen. Ich habe mir die Unterlagen noch nicht rausgesucht. Können Sie es mir kurz erklären?«
»Natürlich.« Dühnfort
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