Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Nur Medikamente darf sie nicht geben. Das müsste in der Hand des Pflegediensts bleiben. Bei mir nimmt er sie nicht.«
»Und wo willst du eine solche Perle finden?«
»Ich habe hier die Broschüre einer polnischen Agentur, die sie vermittelt.«
»Du willst eine Polin bei Paps einquartieren?«
»Warum nicht? Diese Frauen sprechen gut Deutsch und sind ausgebildete Fachkräfte, und sie arbeiten ganz legal hier. Sie sind versichert und angemeldet.«
»Hm. Klingt eigentlich nicht schlecht. Sie könnte das Gästezimmer bekommen. Das wird eh so gut wie nie benutzt«, schlug Franzi vor. »Und wenn es billiger ist als ein Heim, dann bleibt am Ende vielleicht noch was vom Eingemachten für uns übrig.«
Offenbar war ihr das Erbe wichtiger als Paps. Clara ging nicht darauf ein. »Ich mache das also so und halte dich auf dem Laufenden.«
»Du solltest auch Achim informieren. Nicht dass er sich wieder übergangen fühlt.« Typisch Franzi. Immer eine Spitze gegen Achim.
Wieder daheim, nahm Clara Kontakt zur Agentur auf. Sie füllte die Formulare aus und bekam am nächsten Tag die Profile von drei Pflegerinnen per Mail. Sie musste nur noch auswählen. Eine schied aus, da ihre Deutschkenntnisse nicht gut genug waren. Mit den beiden anderen telefonierte Clara. Beide waren ihr sympathisch, sprachen sehr gut Deutsch und hatten ausreichend Erfahrung.
Die Entscheidung, wer nun kommen sollte, Elizabeta oder Krystyna, überließ Clara Paps. Bei ihrem nächsten Besuch nahm sie die Unterlagen mit. Er entschied sich für Krystyna.
Noch am selben Tag unterzeichnete Clara den Vertrag mit der Agentur und brachte ihn zur Post. Beschwingt kehrte sie an ihren Schreibtisch zurück.
Die Sonne schien zum Sprossenfenster der ehemaligen Schusterwerkstatt herein und überzog Claras Reich mit einem goldenen Schimmer. Nach der Trennung von Hannes und der Zwangsversteigerung der Wohnung hatte sie nicht gewusst, wohin. Von Paps stammte der Vorschlag, sie sollte die Werkstatt mieten, die seit Jahren leerstand. Ehe sie sich’s versah, hatte er eine günstige Miete ausgehandelt, falls sie sich mit dem zufriedengab, was sie vorfand, und selbst die nötigen Renovierungsarbeiten vornahm. Im Klartext hieß das: ein Raum, keine Zentralheizung, schlecht isolierte Fenster, ein winziges Bad, das nur WC und Waschbecken enthielt. Keine Küche. Ein wunderbarer Dielenboden, der beim Abschleifen seine volle Schönheit entfaltet hatte, ein alter Kachelofen, der zwar mühsam zu beheizen war, dafür aber im Winter gemütlich summte, ein großer hoher Raum, der ihre Gedanken zum Schweben brachte – ihr erstes eigenes Reich seit zwanzig Jahren, das plötzliche Gefühl von Freiheit.
Sie startete den Computer. Das Exposé zum neuen Roman von Thore Derr lag vor. Diesmal ging es nicht nur ums Textlektorat. Sie durfte den Autor von den ersten Ideen bis zum Wort Ende begleiten. Ein schöner Auftrag. Normalerweise war dafür seine Lektorin im Verlag zuständig. Doch Sandra Stock, die Derrs Projekte ansonsten betreute, befand sich im Mutterschutz und würde anschließend in Elternzeit gehen.
Clara kannte die beiden bisher erschienenen Romane des Autors. Chopins Eisballett und Die Entherrlichung des Max Reinbold , in denen er sich mit der Beziehung zwischen Männern und Frauen auseinandersetzte. Ein Themenkomplex so alt wie die Menschheit und doch immer aktuell.
Obwohl sie sich auf die Arbeit freute, fehlte Clara die Ruhe, sich das Exposé gleich anzusehen. Seit sie den Pflegevertrag unterzeichnet und abgeschickt hatte, war sie nervös. Wie jedes Mal, seit sie damals den Kreditvertrag für Hannes mit unterschrieben hatte. Sollte Paps wider Erwarten pleite sein, müsste sie zahlen. Clara lachte. Paps hatte üppig Eingemachtes. Kein Grund zur Sorge. Trotzdem war es besser, sich die Finanzen mal genau anzusehen. Thore Derr musste ein wenig warten.
Clara steckte den Schlüsselbund ein, stieg im Vorderhaus die drei Etagen zu Paps’ Wohnung hinauf und ging ins Arbeitszimmer. Ein wuchtiger Schreibtisch beherrschte den Raum. In den Regalen standen sorgfältig beschriftete Ordner. Sie zog den mit den Kontoauszügen hervor und machte eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben. Die Pension allein reichte natürlich nicht, um die Pflege zu bezahlen. Es fehlten knapp zweitausend Euro monatlich. Doch das war kein Problem.
Sie nahm die Sparbücher aus der Schreibtischschublade, schlug das erste auf und erschrak. Das konnte nicht sein. 726 , 78 Euro. Das war ja lachhaft! Ein
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