Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
bekommen, was ihnen zustand. Um das zu erreichen, war es besser, ruhig zu bleiben. Wie immer umarmte er sie. »Grüß dich, Clara.«
»Komm rein. Ich habe die Unterlagen schon herausgesucht.«
Achim folgte ihr an den Schreibtisch, wo die Dokumente lagen, und setzte sich damit aufs Sofa. »Wir müssen reden.«
»Ich weiß, und ich hoffe, wir bekommen das hin, ohne uns zu zerstreiten.« Sie setzte sich und strich den Rock glatt. »Vielleicht war ich gestern ein wenig harsch. Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht angreifen.«
»Ich finde, wir sollten nicht um den heißen Brei herumreden.« Seine Stimme war freundlich. Doch sie spürte die unterschwellige Aggressivität darin. »Du denkst, ich habe Paps dazu gebracht, dieses Konto in England einzurichten. Du glaubst, ich habe dafür gesorgt, dass das Online-Banking über mich lief, und dass ich alle Dokumente zu diesem Vorgang nur aus einem einzigen Grund bei mir habe: nämlich um Paps zu betrügen. Stimmt’s?« Abwartend sah er sie an.
Okay. Wenn er das selbst so direkt ansprach. »Ich will dir gar nichts unterstellen. Es sieht allerdings seltsam aus. Das musst du schon zugeben.«
»Paps wollte einfach nicht, dass du davon erfährst. Du hast dich seiner Meinung nach zu sehr in sein Leben eingemischt. Er hat sich von dir überwacht und bevormundet gefühlt.«
Das hatte Achim nun schon zweimal behauptet. Doch Clara glaubte das nicht. Schließlich war es Paps’ Wunsch gewesen, dass sie sich um alles kümmerte. Natürlich hatte sie keinen Dank dafür bekommen, aber auch keine Beschwerden. Wenn ihm etwas nicht passte, hatte Paps das stets zum Ausdruck gebracht. Er hätte sie zurechtgewiesen und klipp und klar gesagt, sie sollte sich nicht einmischen.
»Er dachte, dass du dann auch die Hand aufhältst. Und dir wollte er nichts geben. Du weißt ja, wie ungerecht er war.« Aus der Sakkotasche zog er ein zusammengefaltetes Blatt Papier. »Hier, eine Kopie der Schenkung. Du kannst das Original jederzeit begutachten lassen. Die Unterschrift ist echt.«
Ein Computerausdruck mit Datum vom 12 . Mai. Drei Zeilen in bestem Bankendeutsch, dass Paps Achim hunderttausend Euro schenkte, die nicht mit dem Erbe zu verrechnen waren. Datum, Unterschrift. Natürlich war sie echt. Daran hatte Clara keinen Zweifel. Sie legte das Blatt auf den Tisch.
»Weil ich weiß, dass er ungerecht war, und weil ich auch nicht vergessen habe, welchen Streit du angezettelt hast, nachdem er sich geweigert hat, dir dieselbe Summe zu schenken wie Franzi, genau deshalb glaube ich nicht, dass er dir plötzlich über hunderttausend geschenkt hat. Noch dazu auf derart konspirative Weise. Wenn, dann hätte er das ganz offen getan. Wie bei Franzi. Er stand zu seinen Entscheidungen, auch wenn er damit Ärger provozierte.« Nun war sie doch laut geworden.
»Du hast es doch hier schwarz auf weiß«, gab Achim zurück. »Er wollte mir aus der Patsche helfen, und er hat sich sogar bei mir bedankt für alles, was ich für ihn getan habe, für … «
Diese Lüge war eine zu viel. Clara platzte der Kragen. »Was hast du denn für Paps getan? Außer dich mit ihm gestritten. Jedenfalls bis Anfang Mai. Ums Geld und um deine gekränkten Gefühle. Weil er dich angeblich nicht geliebt hat. Erst als ich dir gesagt habe, Paps könnte Alzheimer haben und dass ich mit ihm zum Neurologen will, hast du plötzlich deine Liebe zu ihm entdeckt und dich rührend um ihn gekümmert.«
Achim sprang auf. »Was heißt angeblich? Er hat mich nicht geliebt! Mit Füßen getreten hat er mich. Ein Leben lang. Nichts konnte ich ihm recht machen. Windelweich geprügelt hat er mich, wenn ich schlechte Noten heimbrachte, wenn ich nicht spurte, wenn ich widersprach.«
»Was?« Clara schnellte ebenfalls aus dem Sessel hoch. Fassungslos starrte sie ihn an. »Du spinnst. Paps hat uns nie geschlagen!«
»Natürlich hat er uns verprügelt, wenn ihm etwas nicht passte. Er war ein jähzorniges Arschloch, das sich nicht im Griff hatte. In den Schrank gesperrt hat er mich. Stundenlang saß ich im Dunkeln. Wenn ich weinte, setzte es Schläge. Es hat ihm ein sadistisches Vergnügen bereitet, mich klein zu halten und fertigzumachen. So lange, bis ich mir selbst nichts mehr zugetraut habe.«
80
Claras Wut fiel in sich zusammen. Bestürzt sah sie ihn an. Was war mit Achim los? An all das, was er ihr entgegengeschleudert hatte, konnte sie sich nicht erinnern. Paps war streng gewesen, das schon. Doch Schläge hatten nicht zu seinen Sanktionsmitteln
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