Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Schweigen riet, suchte Dühnfort nach einer Idee. Sie konnten jetzt Beweis für Beweis auf den Tisch legen. Kubisch würde nichts sagen, und falls doch, würde er wortreich seine Unschuld beteuern und sich dabei in Lügen verstricken, die sie ihm dann nachwiesen, was wieder neue Lügen provozierte. Auf diese Art konnten Tage vergehen, bis er gestehen würde. Falls er überhaupt jemals gestand. Dühnfort hatte Zweifel. Er musste ihn aus der Reserve locken, den Trigger erkennen. Vermutlich war er in der Vater-Sohn-Beziehung zu finden.
Kirsten kam zum Ende. »Sie sollten ein Geständnis ablegen. Das wirkt sich strafmildernd aus.«
»Warum sollte ich das tun? Ich bin unschuldig.«
Dühnfort beugte sich vor. »Es ging ums Geld, Herr Kubisch. Die Bank wird langsam unruhig. Wenn Ihre wirtschaftliche Situation sich nicht verbessert, werden Sie das Haus verkaufen müssen oder es geht in die Zwangsversteigerung. Sie haben Schulden. Die hunderttausend haben nicht gereicht. Sie haben nur das größte Loch gestopft. Und auch das nicht ganz. Doch seither ist ein halbes Jahr vergangen und weitere Schulden haben sich aufgebaut, denn Ihre Firma erwirtschaftet nicht genügend Gewinn, um auf dem gewohnten großen Fuß zu leben, den Schein aufrechtzuerhalten, den Status. Das Bild, das Sie sich als Bankmanager aufgebaut haben, darf nicht beschädigt, der Abstieg darf nicht sichtbar werden. Nur nicht als Versager dastehen, als Loser. Das wäre die schlimmste Schmach für Sie, die größte Schande.«
Volltreffer. Kubischs Oberkörper schnellte nach vorne.
»Sie halten jetzt den Mund«, herrschte Dr. Bergmair ihn an, bevor er etwas sagen konnte. »Sie äußern sich zu nichts. Das ist Ihr gutes Recht, und davon machen Sie Gebrauch. Und Sie«, er wandte sich an Dühnfort, »sollten langsam mal zur Sache kommen und Ihre blumigen Ausschmückungen beiseitelassen. Wir wollen Fakten, sonst nichts.«
Dühnfort ignorierte Bergmair. Er fixierte Kubisch. »Was also tun? Aufs Erbe hoffen? Der Vater ist schon alt. Statistisch gesehen ist er sogar schon tot. Hoffentlich macht er es nicht mehr lange.«
»Herr Dühnfort. Ich warne Sie. Wenn Sie damit nicht aufhören, gehen wir.«
»Das ist eine Vernehmung. Die verlassen Sie erst, wenn wir das sagen«, konterte Kirsten.
»Das haben Sie doch sicher gedacht«, fuhr Dühnfort fort. »Hoffentlich macht er es nicht mehr lange. Doch körperlich ist er einigermaßen fit, nur der Geist lässt nach. Alzheimer. Eine schreckliche Diagnose, aber keine, die kurzfristig zum Tod führt. Und in dieser Situation übernimmt Ihre Schwester das Ruder. Sie schiebt den Vater nicht in ein Pflegeheim ab, sondern tut, was er sich wünscht. Sie besorgt eine private Pflegekraft für ihn. Und die kostet Geld. Richtig Geld. Mit Reisekosten und Feiertagszuschlägen an die dreißigtausend im Jahr. Wenn der Vater noch zehn Jahre lebt, wird nichts mehr da sein, was man erben kann. Doch Ihnen bleiben nur ein paar Wochen, um nicht unterzugehen. Spätestens Weihnachten droht der finanzielle Ruin. Sie überlegen, sich vom Vater noch einmal Geld schenken zu lassen. Die Sparbücher sind allerdings leer. Alles, was noch da ist, ist der Schatz im Schließfach. Die Krügerrandmünzen, an die Sie aber nicht herankommen. Sie haben keine Vollmacht und werden auch keine bekommen, seit Ihr Vater vom Amtsgericht unter Betreuung gestellt wurde. Da haben Sie offenbar gepennt. Denn das war Ihre Chance. Wenn Sie sich als Betreuer Ihres Vaters zur Verfügung gestellt hätten … «
»Er wollte mich nicht«, platzte es aus Kubisch heraus. »Natürlich nicht!«
»Wieso natürlich ?«
Kubisch schwieg. Dühnfort wurde hellhörig. War das der wunde Punkt? »Sie wollten die Betreuung also übernehmen, und er wollte Sie nicht. Hat er Ihnen nicht vertraut?«
»Das Vertrauensverhältnis zwischen meinem Mandanten und seinem Vater tut hier nichts zur Sache. Es ist nicht relevant.«
Und ob das relevant war!
»Sie wollten ihn unterstützen und ihm helfen. Sie wollten für ihn da sein, als er Sie brauchte, und er hat Sie zurückgewiesen. Wieder einmal. So wie eigentlich immer. Sie waren es nicht wert, sich um ihn zu sorgen.«
Ein Nerv unter Kubischs Auge begann zu zucken. Er presste die Kiefer aufeinander.
»Sie waren sein Sohn. Der einzige. Der Erstgeborene, und doch hat er Sie nicht geliebt. Er hat Sie abgelehnt und Ihre Zuneigung mit Füßen getreten. Das ist verletzend. Das ist schrecklich und grausam. Er hat Sie in den Dreck gestoßen, doch Sie sind
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