Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
war jetzt nicht wichtig. »Sie sind also in die Wohnung gegangen. Und weiter?«
»Ich sehen diese Mann. Er zieht an weiße Overall. Emily liegt auf Boden in Wohnzimmer. Tot? Ich wissen nicht, ob tot.«
»Wo stand der Mann?«
»In Flur.«
»Im Flur?«
»Ja, hinten in Flur. Wo geht in Küche. Und dann ich bekommen Schlag auf Kopf. Alles schwarz. Ist er nicht gewesen allein. Das mir erst eingefallen in Krankenhaus. Er mich geworfen in Fluss. Will mich ersäufen wie Katze.«
Die Fragen, warum sie im Krankenhaus ihre Identität verschwiegen hatte, warum sie die Polizei nicht informiert hatte, warum sie durch ihr Verhalten einem Mörder die Chance gegeben hatte, weiter zu morden, sparte er sich. Vielleicht könnten drei Menschen noch leben, wenn diese moldawische Putzfrau sich sofort als Zeugin zur Verfügung gestellt hätte. All das war später dran. Alles zu seiner Zeit. »Die Nummer fünf also. Ganz sicher?«
»Ich schwören.«
»Danke. Sie haben uns sehr geholfen.«
Dr. Bergmair seufzte. »Ihre Zeugin hat ein Schädel-Hirn-Trauma. Ich zweifle die Verwertbarkeit dieser Aussage an.«
»Wie Sie meinen. Jetzt machen wir erst einmal weiter.«
Im Vernehmungsraum wechselten die Personen. Kirsten hatte drei Kolleginnen gefunden, die Judith nicht nur ähnlich sahen, sondern sich auch ähnlich kleideten. Hosenanzug, Kostüm und Rock und Bluse. Sie stellten sich der Reihe nach auf. Judith war die zweite von links. Auch sie wurde sofort von Anjela identifiziert. »Nummer zwei. Ist Anne. Hat mir geholfen bei Krankenhaus, als ich gegangen. Kann aber sein, dass nicht nett. Telefonieren mit jemand. Dann fahren in Tiefgarage, und plötzlich er wieder da. Nummer funf. Ich abgehauen. Mit Auto von Anne.«
Dr. Bergmair lächelte grimmig. So einfach würde das wohl nicht werden.
Es war beinahe Mitternacht, als Dühnfort die umfassende Zeugenaussage von Anjela Livitchi protokolliert hatte und sie diese unterzeichnete. Er ließ sie in die Haftzelle bringen und dankte der Dolmetscherin, die er sicherheitshalber hinzugezogen hatte, obwohl Anjela gut Deutsch sprach. Keine Steilvorlage, für niemanden.
83
Der Himmel war wie blank gefegt, der Morgen milchig blau und frostig, als Dühnfort nach einer kurzen Nacht sein Büro wieder betrat, die Pavoni anschaltete und die Akten durchging, um sich auf die Vernehmung von Achim Kubisch vorzubereiten.
Einen Augenblick überlegte er und entschied, Kirsten zur Befragung von Achim Kubisch mitzunehmen. Alois sollte Judith vernehmen.
Die Luft im Vernehmungsraum war überheizt und stickig. Der Sauerstoffgehalt tendierte gegen null. Er riss die Fenster auf. Kirsten stellte Gläser und eine Flasche Wasser auf den Tisch. »Das wird kein Spaziergang.«
Das sah Dühnfort ebenso. Vier Morde. Vorsätzlich und heimtückisch begangen aus Habgier. Zwei davon als Tarnung der eigentlichen Tat, um die es Kubisch gegangen war. Der vierte zur Vertuschung. Und dann noch die Mordversuche an seiner Schwester Clara und der Zeugin Anjela Livitchi. Niemand gestand sich leicht ein, ein Monster zu sein. »Am besten hältst du dich erst einmal zurück. Ich versuche es zunächst mit dem Mord an seinem Vater. Auf ihn konzentrieren wir uns. Wenn wir dafür ein Geständnis bekommen, sollte der Rest machbar sein.«
Die Tür öffnete sich. Zwei Uniformierte führten Kubisch in ihrer Mitte. Er sah zwar müde aus, war aber frisch rasiert und trug Anzug und Krawatte. Dr. Bergmair begleitete ihn. Kirsten schloss die Fenster. Man nahm Platz. Dühnfort stellte Mikro und Tonband an. Das übliche Prozedere begann. Datum und Uhrzeit, Namen und Dienstgrade der vernehmenden Beamten sowie die Namen des Beschuldigten und seines Anwalts wurden festgehalten. Der Anwalt schlug die Beine übereinander. Kubisch lehnte selbstsicher in seinem Stuhl, doch die Anspannung war unübersehbar. Erst ein wenig Smalltalk zum Aufwärmen. »Sie sind Anlageberater und Vermögensverwalter. Was macht man da so?«
Kubisch erklärte es ihm. Versicherungen, Fonds und Aktien waren sein Gebiet. Er taute ein wenig auf, die Haltung entspannte sich.
Dühnfort fragte nach, ob die Geschäfte gut liefen. Kubisch meinte, er könnte nicht klagen. Wobei natürlich noch Luft nach oben war. Er ließ das so stehen und fragte, wie denn das Verhältnis zum Vater gewesen sei.
»Es hätte besser sein können. Wir hatten nicht viel gemeinsam. Seit ich nach Augsburg gezogen bin, haben wir uns seltener gesehen. An Geburtstagen, an Weihnachten, zu Familienfeiern. Wie das so
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