Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Neid und seine zerstörerische Kraft, um die es Ihnen offenbar geht, ebenfalls. Ich bin schon gespannt, wie das Ganze enden wird. Da ich natürlich Ihre beiden bisher erschienenen Romane kenne und schätze, gehe ich von einem düsteren Finale aus.
Wie wollen wir weiter verfahren? Schicken Sie mir einen Kapitelplan, damit wir diesen durchsprechen können, bevor Sie mit dem Schreiben beginnen? Oder ist es Ihnen lieber, wenn ich erst bei der Manuskriptarbeit einsteige?
Wir können gerne telefonieren, um das Prozedere zu besprechen.
Mit herzlichen Grüßen an den Chiemsee,
Clara Lenz
Clara schickte die Mail los und setzte sich dann an das Lektorat des sechshundertseitigen historischen Romans, mit dem sie in Verzug war. In einer Woche sollte das Manuskript zurück an die Autorin gehen. Clara hatte die Datei gerade geöffnet, als ihr PC eine eingegangene Mail anzeigte. Sie kam von Thore Derr.
Was zum Teufel ist hier los? Wie kommen Sie an das Exposé?
Bitte? Was sollte das? Hatte niemand im Verlag Derr informiert? Offenbar nicht. Anders war seine Mail nicht zu erklären. Also Wogen glätten. Clara atmete durch.
Lieber Herr Derr,
es tut mir leid, falls der Verlag Sie über diese Änderung nicht informiert hat. Sandra Stock befindet sich bereits im Mutterschutz und wird erst nach der Elternzeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Solange vertrete ich sie und hoffe auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit.
Das klang zu förmlich, zu distanziert, als ob sie ihn zurechtweisen wollte und seine Irritation und Verärgerung nicht ernst nahm. Andererseits war seine Antwort ziemlich unverschämt. Derr hatte sich eindeutig im Tonfall vergriffen. Es war nun wirklich nicht ihre Schuld, wenn der Verlag ihn über die Veränderung nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Ärger stieg in Clara auf. Wie kam er dazu, sie derart anzublaffen! Als hätte sie das Exposé geklaut. Sie löschte den Text ihrer Mail und schrieb sie neu.
Lieber Herr Derr,
lesen Sie meine erste Mail. Ich denke, aus ihr geht klipp und klar hervor, wer ich bin und wie ich an das Exposé Ihres neuen Romans gelangt bin.
Einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, auf die Grußformel zu verzichten, so wie Derr, der sich sogar die Anrede geschenkt hatte. Noch immer verärgert, setzte sie schließlich grußlos ihren Namen unter die Mail und schickte sie los. Ein Kompromiss. Dann beendete sie das Mailprogramm. Keine Lust auf weitere Frechheiten. Was bildete dieser Kerl sich ein? Nicht ein Funken von Benimm. Aufgrund seiner Romane hatte sie sich ein anderes Bild von ihm gemacht. Ein ruhiger, sensibler Feingeist und kein cholerisches Alphatier.
Das Telefon klingelte. Hoffentlich nicht Derr. Doch im Display stand Achims Nummer. »Hallo Clara. Alles gut bei dir?«
»Danke. Ich kann nicht klagen. Und bei dir?«
»Ich bin momentan leider ein bisschen im Stress und schaffe es nicht, Paps zu besuchen. Grüß ihn von mir und sag ihm, wenn er wieder daheim ist, hole ich ihn zu einem Ausflug ab. Wie geht es ihm denn?«
»Er hat den Sturz gut überstanden. Jetzt kämpft er allerdings mit einer beginnenden Lungenentzündung und bekommt ein Antibiotikum. Es wird vermutlich noch eine Woche dauern, bis ich ihn nach Hause holen kann. Der Arzt hat dringend zu einer professionellen Pflege geraten. Jemand muss künftig rund um die Uhr bei ihm sein. Das kann ich nicht, und Paps will nicht ins Heim, aber ich habe eine andere Lösung gefunden.«
»Welche denn?«, fragte Achim.
»Ich habe über eine Agentur eine Pflegekraft engagiert. Krystyna. Sie kommt aus der Nähe von Warschau.«
»Eine private Pflegerin? Das ist ja ein ziemlicher Luxus.«
»Es ist billiger als ein Heim.«
»Was kostet der Spaß denn?«
»Na ja, von seiner Pension allein kann er das nicht bezahlen. Es fehlen knapp zweitausend Euro monatlich. Er muss ans Eingemachte.«
»Das ist ja ein ganz schöner Batzen.« In Windeseile rechnete Achim ihr vor, dass ein Heim doch billiger wäre. Man musste die entfallende Wohnungsmiete berücksichtigen und das Pflegegeld, das Paps zustand und das im Heim deutlich höher ausfiel als bei einer Pflege zu Hause. »Seine Pension und das Pflegegeld wären also ausreichend«, erklärte er ihr. »Ich gehe übrigens davon aus, dass das Amtsgericht mich als Betreuer bestimmt. Paps’ Vermögen sollte man dir besser nicht anvertrauen.«
Hoppla. Was sollte dieser Angriff? Doch sie verstand, dass er so dachte. Schließlich war er Anlageberater, ein Geldmensch. »Und dann steckst du Paps
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