Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Kommafehler! Der Bank war ein Irrtum unterlaufen. Doch dann sah sie den Kontoübertrag. Paps hatte am 12 . Mai 70 000 Euro auf ein anderes Konto übertragen lassen. Auf welches Konto denn? Jedenfalls nicht aufs Girokonto, denn die Auszüge hatte sie gerade durchgesehen.
Mit kalten Fingern blätterte sie die Seiten des zweiten Sparbuchs um und stieß ein Keuchen aus. 337 , 33 Euro. Auch hier ein Kontoübertrag von 35 000 Euro. Beide Umbuchungen waren am selben Tag erfolgt. Clara nahm sich die Auszüge des Girokontos noch einmal vor und suchte den vom 12 . Mai heraus. Es gab keine Gutschrift. Ihr wurde übel.
Es war zwanzig vor sechs. Die Sparkasse hatte donnerstags bis sechs auf. Sie steckte Sparbücher und Kontoauszüge ein. Die Filiale lag um die Ecke.
Sieben Minuten später öffnete sich die Glastür automatisch vor ihr. Ein Schalter war frei. Dahinter stand ein Kind, das sich mit Anzug und Schlips verkleidet hatte. Jedenfalls kam Clara das so vor. Früher hatte sie Bankberater in ihrem Alter gehabt. Doch sie alterte offenbar allein. Die Berater wurden immer jünger. Blonder Flaum auf den Wangen. Haar akkurat gescheitelt. Höchstens zwanzig.
»Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«
»Sie können mir das hier erklären.« Clara legte die Sparbücher und die Kontoauszüge auf den Tisch. »Mein Vater hat Geld von den Sparbüchern transferiert. Doch auf seinem Girokonto ist es nicht angekommen.«
»Haben Sie eine Vollmacht für die Konten?«
»Natürlich.« Clara legte ihren Ausweis vor. Der Junge sah im Computer nach, prüfte den Personalausweis und nickte. Dann blätterte er durch die Sparbücher, tippte wieder etwas in den PC und sah zufrieden hoch. »Die beiden Beträge wurden am 12 . Mai gutgeschrieben. Es hat alles seine Richtigkeit.«
»Das Geld ist aber nicht auf dem Konto eingegangen.«
»Nicht auf diesem«, meinte das Kind.
»Sondern auf welchem? Mein Vater hat nur dieses.«
»Er hat noch ein anderes.«
Clara war verblüfft. Davon hatte Paps nie etwas gesagt. »Sind Sie so nett und drucken mir die Auszüge aus?«
»Das darf ich nicht. Für dieses Konto haben Sie keine Vollmacht.«
Clara zwang sich, die Ruhe zu bewahren. »Müssen Sie das so eng sehen? Der Wille meines Vaters ist aus der Vollmacht ersichtlich.«
»Die ist aber nur für die Sparbücher, das alte Girokonto und das Schließfach gültig. Tut mir leid.«
»Hören Sie, ich werde demnächst ohnehin als seine Betreuerin eingesetzt … «
»Es läuft ein Betreuungsverfahren für Ihren Vater?«
So wie das Kind reagierte, wäre es vermutlich besser gewesen, das nicht zu erwähnen. »Also gut. Ich lass mir eine weitere Vollmacht geben und stehe morgen wieder hier.«
Das Kind schüttelte bedauernd den Kopf und erklärte, dass die Bank die neue Vollmacht wegen des laufenden Betreuungsverfahrens nicht anerkennen würde. Clara musste warten, bis sie vom Amtsgericht als Betreuerin bestellt war. Erst dann konnte sie sich dieses ominöse Konto ansehen. Das Geld war jedenfalls da. Das war die Hauptsache. Einigermaßen beruhigt verließ Clara die Filiale.
Als sie den Durchgang zum Hinterhaus passierte, machte sie kehrt und ging hoch in die Wohnung. Sie legte die Sparbücher zurück und heftete den Kontoauszug ab. Paps hatte immer Ordnung in seinen Unterlagen gehalten und würde sich ärgern, wenn sie das nicht auch tat.
Genau! Paps hatte Ordnung in seinen Papieren. Es musste Unterlagen zu diesem Konto geben. Clara nahm den Bankordner wieder aus dem Regal. Doch sie fand nichts. Auch nicht in den anderen Ordnern. Die aktuellen Telefon- und Gasrechnungen hatte er jedoch abgeheftet. Wenn auch am falschen Platz. Sie hatte sie im Versicherungsordner gefunden. Der Wunsch war also noch vorhanden, Ordnung zu halten, auch wenn Paps das nicht mehr richtig auf die Reihe bekam. Doch es war kein Dokument zu finden, das die Existenz dieses Kontos belegte.
Beunruhigt kehrte Clara in ihre Werkstatt zurück. Das Betreuungsverfahren durfte sich jetzt nicht mehr ewig hinziehen. Am Ende blieb sie sonst auf den Pflegekosten sitzen. Es war schon nach sechs. In der Betreuungsstelle erreichte sie um diese Zeit weder die Verfahrenspflegerin noch die zuständige Richterin. Fürs Untätigherumsitzen fehlte ihr die Ruhe. Clara schrieb den beiden Damen eine Mail, in der sie das Problem schilderte und bat, das Betreuungsverfahren zu beschleunigen.
10
Sie kämpfte die aufsteigende Nervosität nieder und druckte endlich das Exposé zu Thore Derrs neuem Roman aus.
Mit
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