Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
verlieh ihr das Gefühl, gegen diese Ohnmacht angehen zu können. Es war so banal wie normal, den Tisch zu decken, während das andere in seiner Absolutheit unfassbar war.
Die Badtür quietschte. Thore kam heraus. Was für ein furchtbares Ende eines Abends, der so schön begonnen hatte. Als er sah, dass sie schon auf war, glitt ein Lächeln über sein Gesicht, ein wenig verhalten. Sie wusste es, bevor er es sagte. In zwei Minuten würde sich die Tür hinter ihm schließen.
Er musste nach Hause. Der Zug ging in einer halben Stunde. Er konnte seinen Hund nicht länger allein lassen. Natürlich hatte sie dafür Verständnis. Ein Mann und sein Hund. Das war eine besondere Beziehung. Auch wenn es ein wenig weh tat.
Er rief ein Taxi, nahm den Mantel von der Garderobe, zögerte, als sie ihm nicht entgegenkam, und gab ihr schließlich Küsschen auf die Wangen. Rechts und links. Sie sah ihm noch einen Moment nach, als er über den Hinterhof ging und im Durchgang verschwand. Was hatte sie denn erwartet? Sie kannten sich schließlich kaum.
Sie duschte und brauchte dann doch einen Becher Tee. Damit setzte sie sich an den Tisch und starrte in den Hof. In Paps’ Wohnung brannten schon wieder die Lichter. Die Leute von der Spurensicherung hatten sicher noch zu tun.
Das Licht am Anrufbeantworter blinkte. Jemand hatte angerufen, während sie im Bad gewesen war. »Clara? Bist du da? Dann geh doch bitte ran.« Es war Achims Stimme. »Die Polizei war bei mir. Ich kann es gar nicht fassen. Das kann doch nicht wahr sein. Ruf mich zurück, bitte!«
Hoffte er, dass sie ihm bestätigte, es sei nicht so? Wie albern. Sie drückte die Rückruftaste. Achim meldete sich sofort, als habe er neben dem Telefon gesessen. »Clara, mein Gott, wie schrecklich. Es ist so … unfassbar. Wie geht es dir?«
Sie wusste es nicht und sagte daher, was er hören wollte: dass sie damit schon klarkam.
Sie kam ja immer mit allem klar, machte den Rücken gerade und sah nach vorne. Irgendwie gelang es ihr stets, alles zu schultern. Das sagte sie allerdings nicht. Doch angesichts dessen, was Klaus und die Kinder jetzt durchstehen mussten, kam sie sich plötzlich schäbig und klein vor. Sie versank im Selbstmitleid, während er und Leonie und Justin schwankend am Rand eines Abgrunds standen. Sie musste zu ihnen.
Achim fragte, ob sie Unterstützung brauchte. Er würde ihr gerne helfen, Paps’ Beisetzung zu organisieren, Papierkram zu erledigen und später die Wohnung aufzulösen. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Vielleicht war es ja gut, etwas tun zu können. Achim war schon immer praktisch veranlagt gewesen. Er hatte diese schreckliche Wahrheit bereits akzeptiert und wandte sich den Aufgaben zu, die sie mit sich brachte. »Hast du Kontakt zur Polizei? Was tun die eigentlich?«
Dein Erbe wird uns retten. Seit gestern fraß sich dieser furchtbare Verdacht tiefer und tiefer. Das konnte nicht sein.
Sie riss sich zusammen, beantwortete Achims Fragen, nahm sein Angebot an. Sollte er sich um die Beisetzung von Paps kümmern. Sie musste Klaus helfen und den Kindern.
Irgendwie fiel es ihr leichter, Paps’ Tod zu akzeptieren als den von Franzi. Er war alt gewesen, am Ende seines Lebens angekommen. Sie hatte sich darauf eingestellt, dass es irgendwann so weit sein würde. Doch nicht jetzt und nicht so. So willkürlich, voller Gewalt. So grauenhaft. Eher ein langsames Sich-Verlieren, Verschwinden, Auflösen. Ein Weg, auf dem sie ihn hatte begleiten wollen.
»Du hältst mich auf dem Laufenden, ja?«
Von einer Minute auf die andere. Einfach aus.
»Clara?«
»Ja. Natürlich. Ich melde mich, wenn es Neuigkeiten gibt.« Sie verabschiedete sich von Achim und legte auf.
Der Klumpen aus Schlüssel, Folie und Mango-Chutney lag noch auf dem Kühlschrank. Clara starrte darauf. Der Verdacht war einfach da. Nicht grundlos. Hannes’ Vorschlag, Paps zu bestehlen. Seine bösartige Reaktion, als sie sich weigerte. Tanjas Besuch, ihre Schnüffelei. Sie hatte nach dem Schlüssel gesucht. Und sie hatte ihn eigentlich schon gehabt. Würden Paps und Franzi noch leben, wenn sie das Klimpern nicht gehört und Tanja den Schlüsselbund nicht abgenommen hätte?
Sie stützte die Hände in den Kopf, massierte den Schädel, als könnte sie so den Verdacht vertreiben. Doch er war da.
Beinahe ihr halbes Leben kannte sie Hannes. Er hatte Paps nicht umgebracht, damit der Erbfall eintrat und er seine Schulden loswurde. Und Franzi gleich mit, damit sie ihn nicht verraten konnte. Das
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