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Delete: Thriller (German Edition)

Delete: Thriller (German Edition)

Titel: Delete: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg , Karl-Ludwig von Wendt
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Presse hatte glücklicherweise von dem Vorfall in der Pension noch keinen Wind bekommen.
    Immer wieder kehrten seine Gedanken zu dem seltsamen Traum zurück. Er versuchte sich davon zu überzeugen, dass es ein gewöhnlicher Albtraum gewesen war, ausgelöst durch den Stress des Überfalls, Schlafmangel, die Wahnvorstellungen des Täters und die Lektüre von Simulacron-3 . Doch ein Gefühl der Beklemmung wollte nicht weichen.
    Er griff nach dem Silberrahmen, der Michael und Emilia zeigte, als sie siebzehn und vierzehn Jahre alt gewesen waren. Er versuchte, sich vorzustellen, dass all seine Erinnerungen an die beiden nur eine Illusion waren, durch Magnetfelder in seinem Gehirn induziert – die Kindergeburtstage, Michaels Unfall mit dem Mountainbike, die Scheidung. Ein absurder Gedanke, geradezu lächerlich. Und doch …
    Einem Impuls folgend öffnete er den Browser und gab »fiktive Vergangenheit« in die Suchmaschine ein. Einer der ersten Treffer war ein Zitat von Bertrand Russell aus dem Jahr 1921:
    Es gibt keinen logischen Widerspruch in der Hypothese, dass die Welt erst vor fünf Minuten entstanden ist, genau in dem Zustand, in dem sie in diesem Moment war, bevölkert von Menschen, die sich an eine vollkommen fiktive Vergangenheit erinnern. Es gibt keinen zwingenden logischen Zusammenhang zwischen Ereignissen zu verschiedenen Zeiten; deshalb kann nichts, das jetzt oder in der Zukunft passiert, die Hypothese widerlegen, dass die Welt erst vor fünf Minuten begann.
    Ausgerechnet Russell, der Lieblingsphilosoph seines Vaters. War das Zufall?
    Eisenberg begriff, dass seine Gedanken Anzeichen von Paranoia offenbarten. War es wirklich so einfach, den Sinn für die Realität zu verlieren?
    Träume sind keine Fakten, hätte sein Vater gesagt. Konzentriere dich auf das, was du weißt, und nicht auf das, was du vermutest oder befürchtest!
    Die Bürotür öffnete sich und Sim Wissmann trat ein. Er ging schnurstracks zu seinem Glasbüro, ohne Eisenberg eines Blickes zu würdigen.
    »Guten Morgen, Herr Wissmann«, sagte Eisenberg. Sein Gruß wurde nicht erwidert.
    Er griff nach der Maus, um das Browserfenster zu schließen, und stutzte. Das Russell-Zitat war in einem Blog erwähnt worden, das sich mit Erkenntnistheorie beschäftigte. Das war weiter nicht ungewöhnlich, doch es brachte Eisenberg auf einen Gedanken.
    Er hatte nie ganz verstanden, warum so viele Menschen Blogs schrieben, Facebook-Beiträge posteten, Twitter-Nachrichten verschickten, Romane schrieben und auf etliche andere Arten versuchten, ihre unausgegorenen Gedanken und Trivialerlebnisse anderen aufzudrängen. Offenbar teilte die überwiegende Mehrheit der Menschen ein nahezu unerschöpfliches Mitteilungsbedürfnis. War es nicht wahrscheinlich, dass der Mann, der sich so sehr wünschte, aus einer Scheinwelt geweckt zu werden, seine paranoiden Gedanken ebenso in die Öffentlichkeit trug?
    Bei näherer Betrachtung war das so nahe liegend, dass Eisenberg sich fragte, warum er nicht früher darauf gekommen war. Vermutlich lag es daran, dass Täter normalerweise versuchten, sich zu verbergen, und sich seine durch viele Jahre Polizeialltag geprägte Intuition deshalb eher auf das Aufspüren von Verborgenem eingestellt hatte als auf das Erkennen des Offensichtlichen.
    Er ging in den Glaskasten. »Herr Wissmann?«
    »Ist es wichtig?«
    »Ich denke schon.«
    »Was denn?«
    »Glauben Sie, unser Täter könnte einen Facebook-Account haben oder ein Blog betreiben oder so?«
    »Glauben ist was für Idioten.«
    »Halten Sie es für möglich?
    »Natürlich ist es möglich.«
    Eisenberg bemühte sich, die nächste Frage sorgfältig zu formulieren. »Nehmen wir an, er hat irgendwo im Internet seine Gedanken dazu, dass die Welt nicht real ist, veröffentlicht. Können Sie diese Beiträge dann finden?«
    »Können Sie das nicht selbst? Ich hab gerade zu tun.«
    »Wenn ich es selbst könnte, würde ich Sie nicht fragen.«
    »Also gut, ich erkläre Ihnen, wie es geht: Sie müssen bloß bei Google die richtige Stichwortkombination eingeben. Relevant sind solche Stichworte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Beiträgen des Täters vorkommen und mit niedriger Wahrscheinlichkeit in anderen Beiträgen. Wenn Sie mehrere Begriffe in einer definierten Abfolge suchen wollen, zum Beispiel einen bestimmten Satz, geben Sie diese in Anführungszeichen ein. Dann klicken Sie einfach hier unter dem Eingabefenster auf Google-Suche , und schon erhalten Sie eine Liste mit Suchergebnissen. Das

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