Delete: Thriller (German Edition)
offensichtlich irgendetwas vor«, sagte Morani. »Aber wir wissen nicht, was.«
»Ich schon«, erwiderte Varnholt. »Das heißt, ich weiß zwar nicht genau, was er vorhat. Aber ich habe eine starke Vermutung.«
48.
Die Luft ist kühl und modrig. Der Gifthauch der Verwesung aus dem Raum am Ende des Ganges ist hier kaum zu spüren. Auf dem Boden zwei Luftmatratzen, noch nicht aufgepumpt, nagelneue Schlafsäcke, ein Gaskocher mit Kartuschen.
Du nimmst den Rucksack ab und stellst seinen Inhalt – Konserven, haltbares Brot – neben die anderen Lebensmittel, die ein improvisiertes Regal aus Brettern und Ziegelsteinen füllen. Die Vorräte reichen für Wochen, wenn du sparsam bist. Du hoffst, sie nicht aufbrauchen zu müssen.
Dein Vater hat dir dieses verborgene Reich gezeigt, vor langer Zeit. Damals, in den Neunzigerjahren, war es noch Teil eines ganzen Komplexes. Der ist mittlerweile abgerissen und zugeschüttet, die Treppen zubetoniert. Nur über einen engen Schacht ist der Bunker noch zu erreichen, wenn man weiß, wo. Die Graffiti an den Wänden sind alt. Seit Jahren war niemand mehr hier.
Sie wissen zwar, wo du bist, aber nicht, was du denkst. Dein einziger Vorteil.
Du kehrst zurück zu deinem Auto auf dem Waldweg. Dein Blick wandert zu der schwarzen Umhängetasche auf dem Beifahrersitz. Dem schweren, stabförmigen Gegenstand darin. Er ist alt. Du hoffst, dass er noch funktioniert.
Ob sie ahnen, was du vorhast? Schweiß perlt von deiner Stirn, als du den Motor anlässt. Die Entscheidung naht.
49.
Mina schreckte aus dem Schlaf. Julius stand neben ihr und starrte auf sie herab. Er hielt die Pistole in der rechten Hand. Nervosität in seinen Augen.
»Aufstehen!«
Sie gehorchte.
»Dreh dich um! Hände auf den Rücken!«
Sie zögerte.
»Was … was hast du mit mir vor?«
»Keine Fragen! Hände auf den Rücken!«
Sie streckte ihre Arme nach hinten. Er packte die Handgelenke, riss brutal daran. Handschellen klickten. Dann zog er sie an der Schulter herum, zum Glück auf der unverletzten Seite. Sie starrte in sein unbewegtes Gesicht. Sein Wahn hatte ihn nun offenbar vollständig unter Kontrolle.
»Mund auf!«
Er ergriff ihr Kinn und presste Daumen und Zeigefinger schmerzhaft in ihre Wangen. Mit der anderen Hand stopfte er ihr ein Wollknäuel in den Mund. Eine alte Socke? Sie wollte aufschreien, doch es kam nur ein dumpfes »Mmmhm« dabei heraus.
Er zog ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche, wickelte es zu einem schmalen Strang, legte es über ihren Mund und knotete es im Nacken zusammen, sodass sie den Knebel nicht mehr ausspucken konnte. Dann stülpte er ihr eine Plastiktüte über den Kopf und umwickelte das untere Ende mit Klebeband.
Als sie einatmete, zog sich die Tüte um ihren Kopf zusammen. Er wollte sie jämmerlich ersticken lassen! Sie versuchte, sich zu wehren, doch er hielt sie brutal fest.
»Hör auf zu zappeln!«
Er griff unterhalb ihrer Nase nach der Tüte und zog daran. Kurz darauf bohrte sich sein Zeigefinger durch das dünne Plastik. Der Nagel verletzte sie an der Oberlippe, doch sie war unendlich dankbar für das kleine Luftloch.
Am Arm zerrte er sie die Treppe hinauf. Sie hörte, wie er das Zahlenschloss einstellte. Die schwere Metalltür öffnete sich mit einem leisen Knarzen.
Durch die Tüte versuchte sie, so viel wie möglich von ihrer Umgebung wahrzunehmen, doch sie konnte lediglich erkennen, dass der Raum oberhalb der Treppe von künstlichem Licht erhellt wurde. Es war kein Verkehrslärm zu hören. Also befand sie sich wahrscheinlich in einem Einzelhaus am Rande Berlins oder außerhalb der Stadt.
Er führte sie durch einen Raum, der schwach nach Essen und Reinigungsmitteln roch, dann eine kurze Treppe hinab und durch eine Tür. Kühle und der Geruch von Abgasen und alten Reifen. Eine Garage. Sie hörte das Geräusch einer sich öffnenden Heckklappe. Er schob sie vor. Sie stieß mit dem Knie gegen eine Kante.
»Los, rein da!« Er drückte sie nach vorn und herab, sodass sie über die Kante kippte. Er wuchtete ihre Beine hinein. Nun lag sie in einem engen Raum auf einer Filzmatte. Ein Kofferraum.
»Wenn du dich bewegst oder nur versuchst, auf dich aufmerksam zu machen, bist du tot! Hast du das kapiert?«
Sie nickte. Verzweifelt bemühte sie sich, die Tränen zurückzuhalten. Er legte etwas über sie – eine alte, nach Öl stinkende Decke. Dann knallte er die Heckklappe zu. Doch sie konnte weiter Tageslicht wahrnehmen, also war es ein Fünftürer, in den er sie
Weitere Kostenlose Bücher