Delete: Thriller (German Edition)
Aber in diesem Fall scheint mir eine Ausnahme angebracht.«
Eisenberg nannte ihm den Namen der vermissten Diabetikerin und das Datum, an dem sie verschwunden war.
Hagen gab die Daten in eine Suchmaske ein.
»Ja, tatsächlich, das war der Tag, an dem sie sich zuletzt eingeloggt hat«, sagte er.
»Können Sie bitte bis zum Moment ihrer letzten Spieleraktivität vorspulen?«, fragte Varnholt.
Hagen klickte ein paarmal mit der Maus, und erneut erschien eine Spielansicht. Der Bildschirm zeigte einen Gebäudekomplex, der Eisenberg an die Akropolis erinnerte. In der Bildschirmmitte befand sich eine Figur namens Filippaxa, eine Art Teufelin mit schwarzer, eng anliegender Kleidung und einem üppigen Körperbau. Sie stand reglos da, während hin und wieder Fabelwesen über den Bildschirm liefen, ohne sie zu beachten.
»Etwas weiter zurück, bitte«, sagte Varnholt.
Hagen ließ die Spielzeit zurücklaufen. Die anderen Figuren bewegten sich im Zeitraffer rückwärts. Plötzlich kam Leben in Filippaxa. Sie wurde von zwei weiteren Figuren begleitet – einem Ritter in silberner Rüstung und einem winzigen grünhäutigen Männchen.
»Stop!«, bat Varnholt.
Die Zeit lief wieder vorwärts. Die drei Figuren gingen schweigend über das Tempelgelände. Plötzlich blieb die Teufelin stehen und rührte sich nicht mehr.
SirCorpserot: Was ist los?
SirCorpserot: Flip, bist du noch da?
BreentheGreen: Shit.
SirCorpserot: Was machen wir jetzt? Gehen wir allein rein?
BreentheGreen: Nein, wir brauchen ihre Kräfte. Gib ihr noch einen Moment. Vielleicht ist sie nur mal aufs Klo.
SirCorpserot: Sie hätte sich ruhig abmelden können.
SirCorpserot: FLIP! FLIIIP!!!!
BreentheGreen: Sie kann dich nicht hören.
SirCorpserot: Witzbold.
Filippaxa: O Gott!
SirCorpserot: Na endlich. Toll, dass du einfach AFK gehst, ohne was zu sagen. Wir wollten schon ohne dich los.
Filippaxa: Das glaubt ihr nicht.
SirCorpserot: Was?
Filippaxa: Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.
SirCorpserot: Was denn?
Filippaxa: Es ist nicht real.
SirCorpserot: Was ist nicht real?
Filippaxa: Alles. Die Welt. Wir.
BreentheGreen: Was, Goraya soll nicht real sein? So ein Quatsch!
Filippaxa: Nicht Goraya. Die wirkliche Welt. Ich
SirCorpserot: Flip? Noch da?
SirCorpserot: Nicht schon wieder!
»Das war es«, sagte Hagen. »Danach hat sie nichts mehr gemacht. Im Spiel, meine ich.«
»Verstehe ich das richtig?«, fragte Eisenberg. »Beide Vermissten haben darüber gesprochen, dass die Welt nicht real ist, und haben danach aufgehört, zu spielen?«
»Offensichtlich«, sagte Hagen. Er wirkte nachdenklich. »Haben Sie auch die Namen der anderen beiden?«
Varnholt gab sie ihm.
Stumm betrachteten sie die Spielszenen.
Die erste Situation fand im Inneren einer Art Ritterburg statt, die Hagen als Hauptquartier einer Gilde identifizierte. Die Figur des verschwundenen Spielers attackierte plötzlich und offenbar grundlos befreundete Mitspieler. Dann hörte sie abrupt auf, zu kämpfen. »Ihr begreift es nicht! Lest Simulacron-3 !«, waren ihre letzten Worte.
Es dauerte nur ein paar Sekunden, um herauszufinden, dass Simulacron-3 der Titel der Romanvorlage zu Rainer Werner Fassbinders Welt am Draht war.
Auch der vierte Vermisste sprach kurz vor seinem Verschwinden darüber, dass die reale Welt nur eine Illusion sein könnte. Diesmal handelte es sich um einen Dialog zwischen zwei Figuren in einem mittelalterlichen Wirtshaus. Sie unterhielten sich über einen gemeinsamen Überfall auf eine Monstergruppe, bei dem sie eine gehörige Menge Gold erhalten hatten. Dann wechselte die Figur des Vermissten, ein hässliches Wesen, Mina Hinrichsens Gothicflower nicht unähnlich, abrupt das Thema:
Eisenzahn: Mal angenommen, die Welt wäre nicht real.
Howdrouph: Was?
Eisenzahn: Hast du das mal überlegt? Was wäre, wenn die Welt nicht wirklich wäre?
Howdrouph: Spinnst du jetzt, Mann? Natürlich ist die Welt nicht real. Wir sind in einem Computerspiel.
Eisenzahn: Ich meine nicht Goraya. Ich meine die wirkliche Welt. Außerhalb des Computers.
Howdrouph: So wie in der Matrix ?
Eisenzahn: Ja. Stell dir …
Howdrouph: Hallo?
Howdrouph: Christoph? Bist du noch da?
»Haben Sie eine Idee, was das bedeuten könnte?«, fragte Eisenberg.
Varnholt schüttelte den Kopf, obwohl ihm Eisenberg ansah, dass er sehr wohl eine Theorie hatte. Aber vielleicht war dies nicht der geeignete Ort, um darüber zu sprechen.
»Wie oft kommt es vor, dass Spieler darüber sprechen, dass die Welt nicht
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