Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
»Schließlich hat er aus freiem Willen gehandelt, und er hätte es auch lassen können.«
An diesem dritten Prozesstag erfahren die Anwesenden nun auch, dass die psychiatrischen Gutachten fertig sind und den Prozessbeteiligten zugestellt werden. Pro Angeklagtem hat der Sachverständige jeweils 135 Seiten verfasst – das ist selbst für ihn ein Rekord.
Bis Ende Dezember sind 43 Zeugen, darunter Polizisten, Verwandte, Bekannte und Klassenkameraden der Angeklagten sowie weitere Sachverständige geladen.
4. Prozesstag: Donnerstag, 11. November 2009
Der Prozess kommt nur zäh voran, der Zeitplan gerät durch die stockenden Aussagen von Frederik B. in Verzug. Ursprünglich sollten an diesem vierten Verhandlungstag schon die ersten Zeugen vernommen werden, doch sie müssen wieder ausgeladen werden.
Stattdessen stehen erneut die beiden Angeklagten im Mittelpunkt. Und auch Frederiks Eltern sind wieder mit von der Partie. Heute läuft es trotz alledem etwas flüssiger. Das Gericht hat bestimmt, dass einem Antrag von Frederiks Rechtsanwalt stattgegeben wird, in der dieser gefordert hat, Andreas H. während der Vernehmung seines Freundes auszuschließen. Frederik sei nicht in der Lage, in der Gegenwart von Andreas H. weiter auszusagen, begründet der Verteidiger. Und tatsächlich – jetzt äußert sich Frederik deutlich offener. Er berichtet, Andreas H. habe sich in der Familie nicht wohl gefühlt und sich ausgeschlossen gefühlt. »Furchtbare Details gab es aber nicht«, erklärt Frederiks Anwalt der Presse im Nachhinein.
Frederik H. berichtet dem Gericht, dass Andreas die Tötung seiner Familie bereits im Jahr 2008 zur Sprache gebracht habe. Er selbst habe davon aber erst viel später erfahren, er sei nicht von Anfang an eingeweiht gewesen.
Warum er dabei mitgemacht habe, fragt der Vorsitzende Richter. »Ich konnte mich dem nicht entziehen«, antwortet Frederik.
Seine Mutter sagt der Presse: »Frederik ist immer gesprungen, wenn Andreas angerufen hat.«
Und doch wollte Frederik auch vom Geld der Familie H. profitieren. Eine »Wunschliste« kommt zur Sprache, die der Angeklagte angefertigt hatte und in der er seine Wünsche in Bezug auf die Erbschaft notiert hatte. Diese war in dem Versteck im Wald gefunden worden.
Die Aussage von Andreas H. wird erneut verschoben – nunmehr auf den fünften Verhandlungstag. Bislang hat er kein Wort zu den Vorwürfen gesagt. Sein Anwalt kündigt an, Andreas werde bestätigen, dass Frederik B. allein geschossen hat. Rechtlich könnte er damit als Anstifter die gleiche Strafe wie sein Freund bekommen, es ist jedoch auch möglich, dass beide wegen gemeinschaftlichen Mordes verurteilt werden.
Auch das vorläufige Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen liegt nunmehr vor und es wird vorab bekannt, dass beide Vierfachmörder danach voll schuldfähig sind. Der Tübinger Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie wird jedoch den weiteren Fortgang des Verfahrens abwarten, bevor er seine endgültige Bewertung über Andreas und Frederik abgibt. Sein Sachverständigenurteil wird erst am Ende des Prozesses gehört werden, wenn alle Zeugen und zwei weitere Sachverständige vernommen worden sind.
Frederiks Anwalt ist über das vorläufige Gutachten enttäuscht, er sagt der Presse: »Mir wäre eine klare Stellungnahme lieber gewesen. […] Ich habe mir von dem Gutachten mehr erhofft, gerade was das Verhältnis der beiden angeht. Man hätte wohl für jeden der beiden einen Gutachter beauftragen sollen.« Nun erwägt er, für seinen Mandanten die Einholung eines weiteren Gutachtens zu fordern.
Es ist durchaus üblich, nur einen Gutachter für zwei Angeklagte einzusetzen, da dieser bei beiden denselben Standard ansetzen kann und gleiche Schwerpunkte setzt. Ein subjektiver Faktor lässt sich jedoch hierbei nicht ganz ausschließen.
5. Prozesstag: Mittwoch, 25. November 2009
Auch heute werden die Medienvertreter wieder ausgeschlossen. Andreas H. wird zu einzelnen Tatvorwürfen befragt. Bei ihm ist es nicht so schwer, ihn zum Reden zu bringen. Er spricht zwar »schleppend«, aber »sehr ausführlich« und wirkt konzentriert. Nahezu bereitwillig gibt er die Einbrüche zu, als Grund nennt er Abenteuerlust. Auch, dass er gemeinsam mit Frederik im Wald auf Gegenstände geschossen hat, räumt H. ein. Er gibt zu, dabei die selbst gebauten Schalldämpfer getestet zu haben. Nach Angaben des Gerichtssprechers berichtet er auch über die »vorsätzliche Tötungen von Tieren«.
»Das waren typische
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