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Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Jugenddelikte«, sagt Andreas’ Anwalt im Nachhinein. Aufgrund dieser Vergehen seien die Freunde enger zusammengewachsen, sei Vertrauen entstanden. »Das ist wichtig, um die Dynamik zu verstehen«, fügt er hinzu. Wie schon Frederik B. verneint auch Andreas H., dass es in ihrer Beziehung eine »homosexuelle Komponente« gegeben habe.
    Zu den Tötungsvorwürfen äußert sich H. auch heute nicht. Das Gericht will zuerst Licht in die Einbrüche bringen. Und so gerät der Zeitplan für die Verhandlungen immer mehr ins Hintertreffen. Ursprünglich war geplant, dass das Urteil am 27. Januar verkündet wird. Dieser Termin wird sich nun nicht mehr halten lassen. Das Beziehungsgeflecht der beiden Angeklagten und die Erkundung ihrer persönlichen Verhältnisse nehmen viel mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich geplant war. Die 6. Große Jugendkammer des Landgerichts Ulm setzt weitere Verhandlungstage im Februar und März an.
6. Prozesstag: Mittwoch, 2. Dezember 2009
»Entweder die oder ich«
    An diesem Mittwoch äußert sich Andreas H. nun zum ersten Mal zu den Morden an seinen Eltern und Schwestern. Wieder wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, wieder müssen die Pressevertreter draußen bleiben, wieder dürfen Frederiks Eltern der Aussage folgen.
    Sein Anwalt erklärt den Medien hinterher: »Er hat den Tatbeitrag vor Gericht eingeräumt.« Die tödlichen Schüsse allerdings habe sein Mandant nicht selbst abgegeben. Schon bei der Planung der Tat sei ihm klar geworden, dass er dies nicht könne. Andreas habe Hemmungen gehabt, so sein Verteidiger. Und deshalb habe er Frederik darum gebeten, die Familie allein zu töten. Den Tathergang schildert Andreas H. fast deckungsgleich wie Frederik. Es gibt nur einen Unterschied: in der Frage, wo sich Andreas aufhielt, als die Schüsse fielen. Seinen eigenen Angaben nach will er zwar im Haus, aber in einem anderen Raum gewesen sein.
    Frederik B. hingegen hat ausgesagt, Andreas habe bei der Tat direkt hinter ihm gestanden.
    Als Motiv gibt Andreas die familiäre Situation an. Überraschend erzählt der 19-Jährige aus seiner frühen Kindheit, und dass er schon damals Mordgedanken gegen seine Familie gehegt habe. »Andreas hat schon als kleines Kind solche Gedanken gehabt, allerdings ohne einen konkreten Wunsch«, so sein Anwalt. Jedoch sei man an der Motivlage »noch am arbeiten« und Andreas werde zu einem späteren Zeitpunkt noch ausführliche Angaben dazu machen. Auch an Selbstmord habe sein Mandant gedacht: »Er hatte Suizidgedanken und sich letztendlich dazu entschieden, nicht sich, sondern seine Familie zu töten.«
    Für den nächsten Prozesstag sind Zeugen geladen, die Licht in das Dunkel bringen und das Durcheinander klären sollen – Angehörige von Andreas’ Familie.
7. Prozesstag: Dienstag, 8. Dezember 2009
»…dass es mir leid tut…«
    Das Verfahren gegen Andreas H. und Frederik B. wächst sich allmählich zu einem Mammutprozess aus. Wenn alle Termine, die der Vorsitzende Richter anberaumt hat, benötigt werden, wird ein Urteil erst im März fallen und der Prozess wird mit 21 Verhandlungstagen ungewöhnlich lang werden; ungewöhnlich vor allem deswegen, weil die beiden Angeklagten eigentlich von Anfang an geständig waren.
    Zu Beginn stellt der Anwalt von Andreas H. einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Sein Mandant sei nicht zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt worden. Der Antrag wird abgewiesen.
    An diesem für Dezember recht warmen Tag hört das Gericht Zeugen, die Andreas H. persönlich kennen. Zuerst sagen die Lebensgefährten der beiden ermordeten Schwestern aus.
    Arno M. wird als Erster befragt. Er war vier Jahre lang mit der 22-jährigen Annemarie liiert. »Ich kann nicht glauben, dass ich je wieder einen Menschen finde, der mich so gut versteht«, sagt er. Den Umgang der Familienmitglieder miteinander schildert er als freundlich: »Meistens war es sehr harmonisch bei H[…]. Ich habe die Atmosphäre als warm empfunden.« Und doch sei der Vater sehr perfektionistisch gewesen, fast schon krankhaft dominant; und ab und zu habe es auch lautstarke Auseinandersetzungen, besonders zwischen Andreas und seinem Vater gegeben, meist um Kleinigkeiten. Andreas sei dann wütend auf sein Zimmer gestürmt.
    Wieder kommt die ominöse Winterwanderung ins Spiel. Andreas’ Verteidiger fragt bei Arno M. nach. Auch der Freund von Annemarie war bei jener Wanderung im Allgäu dabei. Nach den Erzählungen von Andreas und Frederik habe der Vater die

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