Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
Handschuhfach des PKW's die Kehle durch, wodurch nach kurzer Zeit der Tod des Kindes eintrat. Zuvor führte der Angeklagte noch die Klinge in die Scheide des Mädchens ein, wobei die anatomischen Strukturen des Scheideneinganges zerfetzt wurden. Ob dies zu Lebzeiten des Kindes nach dem Strangulieren oder unmittelbar nach dem Kehlenschnitt erfolgte, blieb ungeklärt. Die Kammer geht jedenfalls davon aus, dass dies zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem der Angeklagte davon ausging, dass das Kind bereits tot gewesen sei. Danach verstümmelte der Angeklagte die Leiche mit Stichen und Schnitten im Bauch- und Genitalbereich, wobei er die sägeartig gezackte Klinge des vorgenannten Werkzeuges benutzte. Der Beweggrund für diese Handlungen konnte ebenfalls nicht geklärt werden. Anschließend schleifte der Angeklagte den Leichnam wenige Meter zu einer kleinen Erdmulde, legte ihn hinein und bedeckte die Leiche mit Reisig. Im Folgenden versuchte er, die Spuren der Tat zu verwischen und fuhr mit dem PKW nach Gößnitz zu seiner ehemaligen Arbeitsstelle. Unterwegs warf der Angeklagte an drei verschiedenen Stellen mehrere persönliche Gegenstände des Opfers weg.
Die maßgeblichen Fragestellungen in diesem Verfahren lauten wie folgt:
Motivlage, subjektive Tatseite bei Beginn der Entführung
Schuldfähigkeit des Angeklagten
Rechtsfolgen der Tat
Feststellung der besonderen Schwere der Schuld
Anordnung der Sicherungsverwahrung.
Der Angeklagte ist geständig. Seiner Einlassung zum Tatkerngeschehen sowie zur Motivlage schenkt die Kammer keinen Glauben. Sie erachtet sie als konstruiert, um sich in ein besseres Licht zu rücken. Maßgeblich zur Rekonstruktion des Tatgeschehens sind danach die Zeugenaussagen zur Entführung und die objektive Spurenlage am Tatort bzw. DNA-Spuren am Körper des Opfers und des Angeklagten.
Nach Auffassung der Kammer handelte der Angeklagte bereits zu Beginn der Entführung mit Tötungsvorsatz. Sein Handeln war primär motiviert, seine sexuellen Phantasien zu befriedigen. Angesichts seiner einschlägigen Vorstrafen war ihm bewusst, dass er im Falle der Tatentdeckung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe rechnen musste. Da zudem das Opfer ihn kannte, blieb zur Tatverdeckung nur die Tötung des Kindes. Bereits das brutale Vorgehen bei der Entführung deutet in diese Richtung. Gegenüber dem Opfer handelte der Angeklagte ohne jede Sicherungstendenz, z. B. in Gestalt einer Verkleidung. Die Tat war auch keine Kurzschlusshandlung, da sie in seinem Garten und auf der Fahrt zum Tatort gedanklich vorgestaltet worden ist, einschließlich des Bewusstseins der Konsequenzen seiner Handlungen. […]
Das Gericht ist also in seiner Urteilsbegründung der Einschätzung des Sachverständigen Dr. P. gefolgt. Auch wenn sich L. nach Aussagen des Gutachters durch »sexuelle Unreife« und eine Neigung, »unangenehme Dinge konsequent aus dem Gedächtnis zu verdrängen« auszeichnet, so ist er doch schuldfähig. Leider war das Gericht nicht in der Lage, auch nicht mithilfe des Gutachters, eine nachvollziehbare Erklärung für die Tat, insbesondere für die Verstümmelungen zu finden.
Die schweren Verbrechen, die L. begangen hat, der Mord, die brutale Entführung und mehrfache Vergewaltigung, dazu Heimtücke und Verdeckungsabsicht führen dazu, dass eine »Mindestverbüßungszeit von 15 Jahren« verhängt wird. Die von der Anklage und den Nebenklägern geforderte Sicherungsverwahrung kann das Gericht nicht verhängen, obwohl die Strafkammer dies in der Urteilsbegründung als »wünschenswert« erachtet. Die Rechtslage in Deutschland erlaubt dies nicht.
Epilog – Und nun ?
Mario L. wird am 11. Januar 2006 rechtskräftig verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld ist festgestellt. Er kommt ins Gefängnis. Der Fall Ayla ist jedoch noch nicht beendet.
Der Angeklagte hat das Urteil zwar akzeptiert, eine Woche später jedoch wird Revision eingelegt: Durch die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger, das sind die beiden Rechtsanwälte, die für Aylas Mutter und ihren Vater tätig sind. Damit soll erreicht werden, dass doch noch eine Sicherungsverwahrung angeordnet wird.
Medieninformation des Landgerichtes Zwickau
vom 19. Januar 2006
[…] Sowohl die Staatsanwaltschaft Zwickau als auch beide Nebenkläger haben im Fall Ayla gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 11.01.2006 Revision eingelegt. […]
Die Revisionsführer müssen die Revision noch begründen. In der Revisionsbegründungsschrift muss jeweils dargelegt werden,
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