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Dem Leben Sinn geben

Dem Leben Sinn geben

Titel: Dem Leben Sinn geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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möglich wird, die früher so unmöglich erschien. Die intime Vertrautheit miteinander, die der gewöhnlichen Freundschaft in den meisten Fällen versagt bleibt, kann bewahrt werden, und so kann die nacheheliche Freundschaft erneut eine mit »erotischem Touch« werden, die vielleicht auch »Sex mit dem Ex« nicht ausschließt. Was Liebe war, kann zur Freundschaft fürs Leben werden, zur Liebe im anderen Sinne, und allein dafür hat es sich dann doch gelohnt, so viele Schwierigkeiten im Umgang miteinander durchzustehen.
Gute Freunde: Kameraden, Kumpel und Kollegen
    Erotische Freundschaft ist, wie wahre Freundschaft, nicht mit vielen möglich, denn vieles muss zusammenstimmen und der Aufwand an Aufmerksamkeit und Zeit ist groß. Möglich sind jedoch im Vor- und Umfeld der erotischen und wahren Freundschaft beliebig viele gute Freunde, gute Freundinnen . Sie können auch Kameraden, Kameradinnen genannt werden, aber die Bedeutung der Kameradschaft ist nicht klar definiert: Manche sehen darin eine wahre Freundschaft fürs Leben, andere eineNutzen- und Lustfreundschaft. Es kann sich um eine pragmatische Partnerschaft handeln, um eine Zweckgemeinschaft auf Zeit, die hilfreich ist, solange Bedarf besteht. Der Nutzen für alle Beteiligten liegt auf der Hand: Keiner muss sich einsam fühlen in dieser Situation, an diesem Ort, mit diesen Interessen, diesen Problemen. Gemeinsam kann das Leben in der aktuellen Phase, das Arbeitsleben mit seinen jeweiligen Herausforderungen besser bewältigt werden, gemeinsam können Kameraden und gute Freunde etwas unternehmen, Spaß miteinander haben, Feste feiern und dem Leben auf diese Weise einigen Sinn geben. Sie empfinden etwas füreinander und bleiben nicht gleichgültig gegeneinander. Sie wissen es zu schätzen, dass da jemand ist, mit dem sie reden können, der die gleiche Sprache spricht, verbal und nonverbal, und bei dem sie Verständnis finden, da er oder sie die situationsbedingten, berufsgebundenen, geschlechtsspezifischen, alterstypischen Probleme kennt. Von besonderer Bedeutung war schon zu Zeiten des Aristoteles das gleiche Alter, die gleiche Wahrnehmung des Lebens: »Gleiche Jahre, gleiche Freuden« (NE 1161 b 35). So entsteht synetheia , gemeinsame Gewohnheit und vertrauter Umgang miteinander.
    Vielleicht lassen sich gute Freunde und Kameraden als Weggefährten bezeichnen, da sie zumindest ein Stück des Wegs gemeinsam gehen und sich in dieser Zeit zuverlässig beistehen, wenn es darauf ankommt. Ihre Verbundenheit reicht bis zur verschwörerischen »Nibelungentreue«, einem unbedingten Zusammenhalten, wie es im mittelalterlichen Nibelungenlied geschildert wird. Im 20. Jahrhundert hat der Nationalsozialismus jedoch vorgeführt, wie dies zu mörderischen Zwecken missbraucht werden kann, wenn Menschen keine skeptische Distanz dazu bewahren. Der Eindruck von Selbstlosigkeit, dendiese Verbundenheit erweckt, ist trügerisch, denn sie beruht auf dem Kalkül von Selbsten, sich gemeinsam besser gegen Gefahren schützen zu können und durch wechselseitige Hilfestellung weiter zu kommen als der Einzelne für sich allein. Der gemeinsame Weg endet allerdings, wenn es keine gemeinsamen Interessen mehr gibt.
    In selteneren Fällen bleibt das Verhältnis zueinander frei von jedem Kalkül: Dann beruht die Kameradschaft wie eine wahre Freundschaft auf einer herzlichen Zuneigung und innigen Beziehung von Person zu Person. Im Unterschied zur wahren Freundschaft liegt ihr dennoch nicht unbedingt eine gute Kenntnis der Person zugrunde: Kameraden können wie Freunde füreinander einstehen, ohne sich in gleicher Weise kennen zu müssen. Auch Fremde können Kameraden sein.
    Um die wechselseitige Verbundenheit und Verschworenheit hervorzuheben, ist häufig vom Kumpel statt vom Kameraden die Rede. Im Deutschen ist das Wort eine umgangssprachliche Abwandlung des Ausdrucks Kumpan , der wie der compagnon im Französischen und der compañero im Spanischen auf das lateinische compaginare zurückgeht, mit dem ein »Sich-Zusammentun« bezeichnet wird. Mit dem Kumpel können Interessen und Meinungen geteilt werden, auf die es aber nicht so sehr ankommt: Er ist einfach nett und wird als netter Mensch gemocht. Das Mögen erscheint hier als reduzierte, aber wohltuende Form der Zuwendung und Zuneigung, Liebe in ihrer mildesten Form, ohne weiteren »Tiefgang«. Kumpel gehen gerne miteinander »einen trinken«, vertrauen sich jedoch ungern ihr Innenleben an. Die gemeinsame Pflege der Oberfläche überdeckt die

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