Dem Winde versprochen
Augen und dachte, dass sie sich ihm noch nie so nah gefühlt hatte. Jetzt war sie seine Frau.
Sabas zählte die Münzen und versteckte sie dort, wo er all seine Schätze aufbewahrte. Man hatte ihm fünfzig Pesos für den Auftrag versprochen, die erste Hälfte jetzt und die andere, wenn alles erledigt war. Er setzte die Mütze auf, schnappte sich den Stock, um die Hunde zu verscheuchen, und machte sich auf den Weg Richtung Norden, wo die fahrenden Händler kampierten. Es war noch nicht hell – eine geeignete Zeit für die Mission. Er hatte sich keine Gedanken gemacht, wie er es genau anstellen wollte, denn er hielt es für ein Kinderspiel.
Stattdessen dachte er an den Tag, an dem er und seine Mutter die Freilassungsurkunde in den Händen halten würden. Es fehlten ihm noch vierhundert Pesos, eine unvorstellbare Summe, aber die würde er bald beisammen haben – die Information, die er hatte, war solch ein Vermögen wert. Alles, was er zu tun hatte, war, das genaue Datum und die Uhrzeit der Revolte in Erfahrung zu bringen.
Er dachte wieder über die Freiheit nach. Es ging nicht nur darum, das Joch der Sklaverei abzuschütteln. Er musste auch darüber nachdenken, wo seine Mutter und er wohnen und arbeiten würden. Er hatte zu viele Freigelassene gesehen, die wieder in den Schutz ihrer ehemaligen Besitzer zurückkehrten, weil sie nicht wussten, wo sie unterkommen sollten. Es gab sogar Sklaven, die hungrig und nackt wie die Hunde auf der Straße starben, weil ihre ehemaligen Herren sie nicht wieder aufnehmen wollten. Niemand kümmerte sich um diese Unglücksseligen. Die Freiheit konnte eine gefährlichere Falle sein als die Sklaverei.
Er würde zu Papá Justicia gehen. Dieser würde ihm in seinem Haus, dem besten von Mondongo, Platz machen. Er wusste, dass Justicia und seine Mutter Cunegunda einmal ein Liebespaar gewesen waren. Er bildete sich sogar ein, dass er die Frucht dieser Liebe war, auch wenn Cunegunda dies bestritt. Sabas war das egal. Er verehrte Papá Justicia und hielt ihn für seinen Vater. Was könnten Cunegunda und Justicia, die beiden
gefürchtetsten Zauberer von Buenos Aires, gemeinsam nicht alles erreichen?
Es ärgerte ihn, dass Papá Justicia sich den Führern der Sklavenverschwörung angeschlossen hatte. Im Grunde war er eifersüchtig, nicht nur wegen dessen Freundschaft mit Tommy Maguire, sondern auch wegen der Achtung und Zuneigung, die er Servando entgegenbrachte. Servando hatte ihm das Wertvollste in seinem Leben genommen: Papá Justicia und Elisea. Doch die Stunde der Rache würde kommen.
Es war still im Lager der fahrenden Händler. Er schlich zwischen den Zelten hindurch. Wie erwartet, war der zum Zelt umgebaute Karren von Tommy und Pablo leer, denn um die Zeit pflegten die beiden ein Bad im Fluss zu nehmen. Er ging hinein und wartete, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bevor er in dem Durcheinander mit Suchen anfing. Er wollte schon fast aufgeben, da sah er etwas blitzen. Er ging hin und sah, dass es das Medaillon Tommy Maguires war, das neben dessen Kopfkissen an einem Haken hing. Tommy trennte sich nie davon, nur wenn er baden ging. Sabas nahm es und versteckte es in seiner Mütze. Bevor er den Karren verließ, vergewisserte er sich, dass ihn niemand gesehen hatte.
Kapitel 18
Notizen eines Mörders
Eintrag von Montag, dem 14 .August 1805
Die Ermittlungen gehen nur schleppend voran. Ich bin zweimal mit leeren Händen nach Paris zurückgereist. Bei meinen nächtlichen Streifzügen in London ist nichts Nennenswertes herausgekommen. Und in keinem Geschäft in London ist dieser Siegellack des Schwarzen Skorpions aufzutreiben. Ein Händler sagte uns, es gebe ein paar Herren mit alchimistischen Ambitionen, die ihre eigenen Mischungen herstellen. Zu diesen Herren gehört offensichtlich auch der Schwarze Skorpion, obwohl ich nicht glaube, dass er das tut, weil er betonen will, dass er etwas Besonderes ist, sondern um abzulenken.
Konzentrieren wir uns also auf das Siegel des Skorpions. Es muss sich um eine sehr feine Goldschmiedearbeit handeln, denn trotz des kleinen Ausmaßes der Figur kann man die Beine, die Zangen, ja sogar den giftigen Stachel am Schwanz erstaunlich deutlich erkennen. Er erregt Angst und Bewunderung. Wir haben in diesen Monaten viele Goldschmiede abgeklappert, ohne Erfolg. Gestern dann sagte uns ein Jude in der Strand mit Namen Isaac Lienzo, er habe diese Figur schon gesehen, könne sich aber nicht erinnern, wo. Mit dem Anreiz einer Belohnung
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