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Demokratie! - wofür wir kämpfen

Demokratie! - wofür wir kämpfen

Titel: Demokratie! - wofür wir kämpfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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bedeutet das keineswegs ihr langfristiges Scheitern. Außergewöhnliche Umwälzungen haben Nordafrika sowie verschiedene Länder des Nahen Ostens und der Arabischen Halbinsel erfasst. Einige haben im Frühjahr 2011 rasche Erfolge erzielt und korrupte Regierungen und Unternehmercliquen gestürzt, die lange mit tyrannischer Macht und der Unterstützung der früheren Kolonialherren geherrscht haben. Aber in sämtlichen Ländern – egal ob die demokratischen Bewegungen zunächst einen Sieg errangen oder ob sie von den reaktionären Kräften zurückgedrängt wurden – haben konservative Eliten in der einen oder anderen Form wieder die Oberhand gewonnen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Kämpfe um neue Verfassungen umsonst waren. In diesem Frühjahr 2011 wurde das unveräußerlicheRecht auf Freiheit und Gleichheit bekräftigt, und vielleicht ist mehr Zeit erforderlich, um diese vollständig zu erringen. Außerdem breiteten sich die in Nordafrika formulierten Grundsätze nach Spanien, Griechenland, in die Vereinigten Staaten und in andere Länder aus. Diese neuen Rechte wurden in Protesten zum Ausdruck gebracht, die ihrerseits neue verfassungsgebende Kräfte hervorbrachten. Diese mögen zum Teil nur latent vorhanden sein, doch sie üben Druck aus und reißen Ignoranz und Unterdrückung, Gehorsam und Angst die Maske vom Gesicht. Von nun an wird es jedes Jahr einen meteorologischen und einen politischen Frühling geben.
Zeit der Revolte
    Wenn wir die Dauer der Prozesse des Arabischen Frühlings in den Vordergrund stellen, mag das so klingen, als würden wir sie der Beschleunigung der Ereignisse zu Beginn eines Aufstands vorziehen. In offenen, hierarchiefreien Versammlungen, wie sie sämtliche Protestcamps des Jahres 2011 auszeichneten, kommen Entscheidungen oft ausgesprochen langsam zustande. Sollte diese Langsamkeit der institutionellen Prozesse also der Plötzlichkeit des Aufstands vorgezogen werden, wie Alexis de Tocqueville schon vor mehr als zwei Jahrhunderten vorschlug? Das würden wir nicht so sehen. Das Interessante und Neue an diesen neuen Bewegungen ist weniger ihre Schnelligkeit oder Langsamkeit als vielmehr die Autonomie, mit der sie über ihre Zeit verfügen. Darin unterscheiden sie sich deutlich von den rigiden und aufreibenden Rhythmen der Globalisierungskritiker, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts dem Kalender der Gipfeltreffen nachliefen.Die Bewegungen des Jahres 2011 kombinierten dagegen Schnelligkeit und Langsamkeit, tiefe Intensität und oberflächliche Beschleunigung. In jedem Fall wird der Rhythmus nicht durch äußere Zwänge und Wahltermine diktiert: Die sozialen Bewegungen stellen ihren eigenen Zeitplan auf.
    An dieser autonomen Zeitgestaltung lässt sich demonstrieren, warum diese Bewegungen unserer Ansicht nach eine echte Alternative darstellen. Eine Alternative ist keine Handlung, kein Entwurf und kein Diskurs, der einfach dem herrschenden Programm entgegengesetzt wäre. Es handelt sich vielmehr um ein neues Dispositiv, das von einem radikal anderen Standpunkt ausgeht. Dieser Standpunkt ist selbst dann anderswo , wenn er denselben Ort einnimmt. Diese Autonomie verleiht den zeitlichen Rhythmen, der Produktion neuer Subjekte, den Auseinandersetzungen und Grundsätzen seinen inneren Zusammenhalt.
    Der dauernde Tempowechsel im Verfassungsprozess hängt auch mit anderen Faktoren zusammen. Jede konstituierende Handlung wirkt ansteckend und weitet sich aus. In Diktaturen weckt die Forderung nach Freiheit auch die Forderung nach der gerechten Verteilung des Reichtums, wie in Tunesien und Ägypten. In repräsentativen Systemen zieht die Forderung nach Demokratie die Forderung nach Teilnahme und Transparenz nach sich, wie in Spanien. Und der Protest gegen die vom Finanzkapitalismus geschaffenen Ungleichheiten weckt die Forderung nach dem freien Zugang zu Gemeinschaftsgütern und nach deren Demokratisierung, wie in den Vereinigten Staaten. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen. Uns geht es hier jedoch nicht darum, diese politischen und verfassungsmäßigen Forderungen in eine logische Reihenfolge zu bringen. Vielmehr wollen wir den Bewegungen nachspüren, die in der Ausweitung dieser konstituierendenMomente und in unterschiedlichen revolutionären Zusammenhängen entstanden. Die Geschwindigkeit hängt von der Intensität ab, mit der die für jede Bewegung einmaligen Ideen und Wünsche viral weitergetragen werden.
    Die Langsamkeit konstituierender Bewegungen, die in der Entscheidungsfindung der

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