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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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wirklichen gefestigten Glauben, ihr verfallen gewesen war. Gleichviel, sie war es Anselm und Schwester Mentha schuldig, den letzten Überlebenden der Brüder und Schwestern des freien Geistes, wo immer er sich auch aufhalten möge, zu behüten und geduldig den geforderten Preis zu entrichten.
    Bruder Hanß hatte gemeint, Ellikint sei zu jung und zu verführerisch, um wie Schwester Mentha zu den Beginen zu gehen, als man sich darum sorgte, was aus ihnen beiden werden sollte. Nun ja, wenn man an Schwester Godelivis dachte, die war auch jung, oder an Schwester Angela, die war auch verführerisch … Wie dem auch sei, Ellikint wollte sich nicht beklagen. Das Beginenleben wäre wahrhaftig nichts für sie gewesen, musste sie zugeben. Und Erzbischof Heinrich ließ Mentha und sie unbehelligt, denn ihm ging es, wie Ellikint meinte, nicht darum, die frommen Leute zu Tode zu bringen, sondern ihre Ansammlung aufzulösen. Niemand hatte widerrufen. Alle waren auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden.
    Hätte ich widerrufen? Hätte es Schwester Mentha getan?
    Gott hatte ihnen diese Probe erspart. Danke, lieber Gott, mein guter Hirte, betete Ellikint.
     
    *
     
    Mainz, am 7.2.1327
     
    Gestern, am Tage der heiligen Dorothea, waren er und Bruder Dudo völlig erschöpft, ansonsten wohlbehalten in Mainz angekommen, einer reichen Stadt, die kaum weniger Menschen zählte als Köln. Doch war es so spät geworden, dass der ehrwürdige Vater und Herr Erzbischof von Mainz Matthias sich schon zur Ruhe begeben hatte, wie sie erfahren mussten, nachdem sie an die Pforte seines Palastes geklopft hatten. Doch Hanß war hier allen wohl bekannt, und man ließ ihn ein.
    Am folgenden Tage war Erzbischof Matthias zunächst beschäftigt gewesen, sodass Hanß ihn nicht zu Gesicht bekam, bis er an diesem Samstag die Vorabendmesse las. Anschließend begab sich Hanß in den Beichtstuhl. Sein Herz fing an, wie wild zu rasen.
    »Vater«, sagte er zitternd, »ich komme als Sünder.«
    Es dauerte eine Weile, bis Erzbischof Matthias die Stimme erkannte.
    »Hanß, mein Bruder«, sagte er dann mit warmer Freude in der Stimme, »es ist so schön, dich zu hören. Lass uns das Wiedersehen feiern.«
    »Es ist mir ernst, Vater«, beteuerte Hanß.
    »Na, na. So schlimm kann es doch nicht sein. Also, leg los, mein Sohn.« Erzbischof Matthias, das wusste Hanß, befleißigte sich gern einer weniger vornehmen Ausdrucksweise.
    »Es ereignete sich am Freitag, dem vorletzten Tage des grausigen Januars, am Tage der heiligen Martina«, begann Hanß stockend. »Der Erzbischof von Köln, Heinrich IL von Virneburg, hatte mich zu sich rufen lassen. Zudem waren zwei Prediger geladen. Einer der Prediger legte Zeugnis ab wider Bruder Eckhart, den sie Meister nennen, wohl bekannt, da er in Diutisch predigt, um von den Beginen verstanden werden zu können. Gegen die richtet sich die Verschwörung, denn, wie du weißt, Vater, verübelt es ihnen Heinrich, dass sie das Volk anstiften, sich von den Bettelorden betreuen zu lassen anstatt vom Weltklerus.«
    »Ja, ja«, bestätigte Erzbischof Matthias. »Die alte Leier. Ekelhaft. Wie er sich erdreistet, diesen heiligen Weibern nachzustellen. Aber was nun ist dein Teil an der Verschwörung?«
    »Ich … Er hat mich unter Druck gesetzt. Vor zwei Wintern habe ich, als er gegen die Brüder und Schwestern des freien Geistes wütete, einige retten können, wenigstens zwei der Weiber vor dem Feuer bewahrt … Er ließ mich, wie Ihr wisst, gewähren und forderte nun den Teufelslohn. Um es nicht mit anzusehen, bin ich diesmal feige geflohen, zu dir.«
    Erzbischof Matthias sagte lange nichts.
    Hanß wartete und wartete, bis ihm die Tränen in die Augen schossen.
    »Vater, ich bitte dich«, weinte er, »bitte verzeih mir und lege mir die gerechte Strafe auf, die härteste, die ich zu ertragen vermag.«
    »Du wirst dieses tun«, beschied Erzbischof Matthias. »Unverzüglich, das heißt morgen in der Frühe, brichst du auf, um nach Köln zurückzukehren. Du rettest, wen du retten kannst, und wenn es dich dein Leben kostet. Falls der Herr aber verfügen sollte, dass du es lebend durchstehst, wallfahrtest du sodann nach Compostela zum Grab des heiligen Jacobus. Und ist Heinrich, der elende Hundsfott, bis zu deiner Rückkehr, die Gott eine glückliche werden lasse möge, noch nicht in der Hölle, na ja, dann kommst du mit deinen Brüdern eben zu mir nach Mainz. Ihr seid immer herzlich willkommen.«
    »Danke, Vater«, sagte Hanß.
     
    *
     
    Koblenz, am

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