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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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lassen, damit sie sich gegenseitig beaufsichtigten? Sela atmete schwer. Dann würden sie ja nur halb so viele Besuche machen können …
    »… so haben wir uns zwar der evangelischen Armut verschrieben«, hörte Sela Schwester Beatrix sagen. Schwester Beatrix war ungefähr zur selben Zeit in den Konvent gekommen wie Schwester Demudis, nämlich vor drei Jahren. Während Schwester Demudis mit kaum dreißig schon Witwe war, und unter welch schlimmeren Umständen!, war Schwester Beatrix mehr als ein Dutzend Jahre älter, aber ihrem Gatten entlaufen. Sie stammte aus dem Geschlecht der Jude und war mit einem Overstolzen verehelicht worden. Seine Härte gegenüber den Kindern und seine Schläge hatte sie ertragen, bis die Kinder groß genug waren, um auf eigenen Beinen zu stehen. Dann hatte sie nichts mehr bei ihm gehalten. Wie ungerecht es doch in diesem Jammertal zugeht, ich verliere meinen Gatten, den ich über alles liebe, während der ihre ewig zu leben scheint. Hechard hatte schon Recht, es bescherte der Seele nur Leid, wenn sie sich an die irdischen Güter hängt, und seien sie so hehr wie die Minne selbst.
    »… gleichwohl kommen wir nicht ganz ohne aus«, redete Schwester Beatrix weiter auf Sela ein. »Nun, ich brauche es dir ja nicht zu sagen, wie viel in die zwölf hungrigen Mäuler passt, selbst wenn sie sich zurückhalten, was ja bloß einige tun. Das Holz für das Herdfeuer, die Pfennige für den Meister der Nachtkarre, den Schyssfeger, die Arznei für die Pflege der Siechen, die Gebühren für die Seelsorge, alles das verschlingt Unmengen.«
    Sela gab sich einen Ruck und wandte sich Schwester Beatrix zu. »Was möchtest du mir sagen, Schwester?«
    »Die Almosen, die wir bekommen, und die Stiftungen«, erklärte Schwester Beatrix, »sind, wie soll ich sagen? Sie sind unregelmäßig.«
    »Der Herr gibt den Seinen im Schlaf«, sagte Sela ohne große Beteiligung. »Hat er uns jemals im Stich gelassen?«
    Schwester Beatrix wog das Haupt hin und her. »Bisweilen wird es ziemlich knapp, und manchmal müssen wir auch bei den Juden Schulden machen.«
    »Das Leben ist oft nicht einfach«, entgegnete Sela unwillig und musste sich daran erinnern, dass Schwester Beatrix nicht wissen konnte, dass sie ganz andere Sorgen hatte. »Es ist uns aufgetragen, uns daran zu bewähren.«
    »Es gibt da einige der Kranken und Alten, um die wir uns kümmern, die über nicht unbeträchtlichen Reichtum verfügen.« Schwester Beatrix ließ nicht locker. »Dieser Salomo, zu dem Schwester Demudis immer geht –«
    »Gütiger Gott!«, schrie Sela und schlug sich mit der Hand vor den Kopf. Über ihre ganze Gram um Schwester Guta und der damit zusammenhängenden Verschwiegenheit hatte sie das vergessen. »Wie konnte ich nur! Wer kann das machen, während Schwester Demudis nach dem Mörder von Schwester Guta sucht? Wer? Jutta, Schwester Jutta soll das machen!« Vielleicht würde es ihr gut tun, mal bei einem anderen Alten zu helfen.
    Sela lief hinaus und suchte Schwester Jutta, um ihr zu bedeuten, dass sie an Schwester Demudis’ Statt zum alten Salomo gehen müsse, der doch bar der Pflege verloren wäre. Dann kehrte sie zu Schwester Beatrix zurück.
    »Danke, dass du mich erinnert hast«, sagte sie noch ganz außer Atem.
    »Ich tat es, ohne es zu wissen«, sagte Schwester Beatrix bescheiden. »Was ich sagen wollte, war, dass diejenigen, die es sich leisten können, für unsere Dienste auch … bezahlen sollten.«
    Das war unerhört!, fand Sela. Solch einen unverschämten Vorschlag hätte sie aus den Reihen der Ihren nicht erwartet. »Wir sollen Geld für Barmherzigkeit nehmen? Dann wäre es keine! Denk daran!«
    Schwester Beatrix ließ sich von Selas Schroffheit nicht beeindrucken. »Wenn sie uns nichts zukommen lassen, die Alten, dann bekommen sie keine Unterstützung mehr und … müssen elendiglich zugrunde gehen.«
    »Die guten Christen geben uns Almosen. Und denk an die Stiftungen der Dankbaren! Sie sollen uns Lohn genug sein.« Sela bemühte sich, die Fassung zu wahren.
    »Die Herrn der Geistlichkeit«, sagte Schwester Beatrix und sah Sela auf eine ihr unangenehme Weise eindringlich an, »sie nehmen uns die Beichte ab und erlassen uns unsere Schuld gegen klingende Münze, sie begraben unsere Toten und beten für deren Seelen gegen klingende Münze, die Bettelbrüder nicht weniger als die Weltgeistlichen. Sollten nicht auch ihnen die Almosen und Stiftungen Lohn genug sein?«
    Sela hielt erschrocken den Atem an und sagte

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