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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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das?«
    »Dachte ich mir inzwischen schon, dass du auch davon keine Ahnung hast. Früher, bevor Schwester Guta zu dir kam, ist sie nach Andernach gegangen, zu den Barfüßern. Ich fragte nach Erinnerungen an sie, aber man wies mich ab. Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, warum. Allerdings war Abt Paul untröstlich. Doch er hatte offensichtlich große Angst, mir die Gründe zu nennen. Du kannst mir nicht weiterhelfen …«
    »Nein«, bestätigte Schwester Mathilde. »Ist der Graf schon in Kenntnis gesetzt?«
    »Wer hätte das tun sollen?«, fragte Demudis. »Außer Hechard, der einen Boten geschickt haben könnte. Meinst du, das hätte er getan? Oder fällt auch das unter das Beichtgeheimnis?«
    »Der eigene Tod?«, überlegte Schwester Mathilde. »Ich glaube nicht, das Base Guta das zuwege gebracht hat, selbst ihr Dahinscheiden unter das Beichtgeheimnis fallen zu lassen.«
    »Ist Hechard dem Grafen verbunden, sodass er ihm Mitteilung machen würde?« Demudis forschte im Gesicht von Schwester Mathilde nach dem Funken einer Andeutung.
    »Wenn nichts anderes dagegen spricht«, antwortete Schwester Mathilde dunkel und versank in Schweigen.
    Wenn nichts anderes dagegen spricht, hallte es in Demudis’ Kopf nach, was für ein närrischer Satz!
     
    *
     
    Auf dem Rückweg nach Köln, am 11.2.1327
     
    Hanß und Bruder Dudo hatten noch Aufnahme bei den Kanonikern gefunden, die das ehemalige Kloster der Benediktiner St. Beatus bewohnten. Es lag ebenfalls außerhalb der Stadtmauern von Koblenz, abgeschieden auf einem Hügel. Misswirtschaft und Zuchtlosigkeit der Mönche hatten das Kloster verfallen lassen, bis Erzbischof Balduin die Gebäude im Jahre des Herrn 1315 einer Gruppe von zwölf Kanonikern übergeben hatte. Diese freuten sich über die Gäste, denn sie hatten unter der Einsamkeit des Ortes zu klagen und überlegten sich ernsthaft, ob sie wirklich auf Dauer dort leben wollten. Hanß dagegen gefiel die Kartause ausnehmend gut. Eine schlichte Kirche und einfache Unterkünfte mit viel Ackerland und einem gut zu bewirtschaftenden Hof. Vor allem keine Stadt drumherum, in deren Händel man verwickelt werden konnte.
    Als sie am nächsten Morgen ein gutes Stück vorangekommen waren, sagte Bruder Dudo niedergeschlagen:
    »Ich fürchte, Bruder Hanß, bald werden wir zwischen allen Stühlen sitzen, sodass uns die Unsrigen ebenso gram sind wie die Prediger und die frommen Frauen, und du wirst noch eins aufs Auge kriegen.«
    »Das ist mein Kreuz«, keuchte Hanß, denn sie mussten eine Anhöhe hinauf, was ihn sehr anstrengte. »Aber ich werde es allein tragen und niemanden von euch mit hineinziehen. Mein Entschluss steht fest. Ich werde Köln verlassen.«
    »Bruder Hanß«, sagte Bruder Dudo mit belegter Stimme, »ich bitte dich, meiner nicht zu vergessen. Ich werde dir folgen, wenn du es mir erlaubst, wohin du dich auch wendest, und sei es in die Hölle.«
    Hanß antwortete nicht darauf. Bruder Dudo würde auch so wissen, dass er ihm seine Bitte nie würde abschlagen können.
     
    *
     
    Köln, Kirche St. Andreas, am Abend des 11.2.1327
     
    »Und der Herr sprach: ›Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorrha, dass ihre Sünden sehr schwer sind‹«, donnerte der Prediger. »Ich habe eine Stadt gesehen, ihr Name ist ewiger Hass. Sie ist in den tiefsten Abgründen aus vielen Steinen der Hauptsünden erbaut worden. Die Hoffart ist der erste Stein. Luzifer sei der Zeuge. Ungehorsam, üble Geizigkeit, Unmäßigkeit und Unkeuschheit, diese vier schweren Steine brachte zuerst unser Vater Adam her. Zorn, Falschheit und Mord sind die Steine, die wir Kain verdanken. Mit Lüge, Verrat, Verzweiflung an Gott nahm sich Judas selbst das Leben. Als tragende Ecksteine dienen die Sünden von Sodom. Wollt ihr, dass diese Stadt den Namen Köln trägt? Denkt, ehe ihr zur Antwort schreitet, wie es in der Schrift heißt: ›Und die Männer wandten ihr Angesicht und gingen nach Sodom. Aber Abraham blieb stehen vor dem Herrn. Der Herr sprach: Finde ich fünfzig Gerechte zu Sodom in der Stadt, so will ich um ihretwillen dem ganzen Ort vergebene So frage ich euch: Werden sich denn nicht fünfzig Gerechte finden in Köln, die dem Unheil Einhalt gebieten? Die ausmisten unter den Kupplerinnen, die sich Beginen nennen, aber auch unter den Leuten, die sich frech dem Orden des heiligen Dominikus angeschlossen haben wie ich selbst, aber abgeirrt sind? Seht euch um. Seht den verfluchten Schnee und das alles zermalmende Eis. Glaubt ihr, der Herr wird

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