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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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es von uns nehmen, wenn er so betrübt sein muss über die Sünden, die er zu Köln sieht?«
    Der Schyssfeger Jakob hörte der Predigt andächtig zu. Er konnte von sich nicht behaupten, dass er seiner Christenpflicht regelmäßig nachkam. Wie sollte er auch? Er, bloß ein unwürdiger Meister der Nachtkarre! War es ein Wunder, dass er des Tages meist schlief und zu müde war, der heiligen Messe beizuwohnen? Aber seitdem diese Begine, der er nur seine barmherzige Hand helfend hatte reichen wollen, ihm in eben diese so mir nichts dir nichts gebissen hatte, war er hellhörig geworden. Er hatte gehört, wie man sich in den Straßen und Gassen erzählte von den Missetaten der Beginen. Er konnte von Glück sagen, nur gebissen worden zu sein. Der Prediger war ein wahrhaftiger Märtyrer, denn er prangerte auch die Verfehlung der eigenen Brüder an, ohne sich zurückzuhalten.

 
Von der Verklärung
     
    Die lautere Minne ist in Gott allein stille.
    Mechthild von Magdeburg
     
    Köln, Beginenkonvent der Bela Crieg,
    am Morgen des 12.2.1327
     
    Mentha hörte den Lärm als Erste. Wie das Echo einer Erinnerung aus längst vergangenen Tagen drang er ihr ins Bewusstsein, und sie erwachte. Mit einem Satz war sie aus dem Bett, als sei sie eine junge Magd.
    »Schwester Angela und Schwester Beatrix, schiebt den großen Schrank vor die Pforte!«, befahl sie. »Schwester Lora, setze so viele Wasserkessel auf, wie du finden kannst …«
    Die Schwestern rieben sich die Augen.
    »Was ist mit dir?«, fragte Schwester Jutta verschlafen.
    »Die Sarazenen greifen an!«, bellte Mentha.
    »Du hast geträumt«, sagte Schwester Lora beruhigt und drehte sich um.
    »Macht schnell!« Mentha ließ nicht locker. Sie wusste, dass Gefahr im Verzuge war.
    Das Wummern an der Tür und das Geschrei draußen klangen nicht freundlich.
    Magistra Sela stürzte in den Raum. »Das Volk steht vor der Pforte und droht das Haus zu stürmen«, schrie sie außer sich vor Furcht.
    »Macht, was ich euch gesagt habe«, schrie Mentha. Sie wandte sich an Schwester Godelivis. »Schlüpfe durch die Hintertür an der Klostermauer, bevor wir auch sie verrammeln, und laufe zu Ellikint auf dem Berlich. Sie soll mit allen öffentlichen Mägden kommen, gleich wie bewaffnet, und die Teufel von der anderen Seite aus angreifen.« Die rückseitige Tür führte zu einem schmalen Weg zwischen der Hauswand des Konventes und der Klostermauer. Die ganzen Ausscheidungen der Brüder wurden über das Rinnsal abgeleitet. Niemand benutzte den Weg, denn es stank dort unerträglich, und man watete im widerlichsten Morast. Sie konnte froh sein, dass es so kalt war, denn der Unrat war gefroren und roch nach nichts.
    Mentha nahm Schwester Godelivis am Arm und schob sie die Tür hinaus. Zusammen mit Schwester Sophia versuchte sie, zur Sicherheit auch hiervor ein Hindernis zu schieben, eine schwere Truhe. Erfreut stellte Mentha fest, dass auch Schwester Hardrun mitmachte. Wenn es darauf ankommt, kann man sich wirklich auf sie verlassen, dachte sie.
    Es war nicht der Augenblick, auf Gedanken Zeit zu verschwenden. Schwester Mentha eilte in die Küche. Ihr Alter spürte sie nicht mehr. Sie umwickelte ihre Hände mit Tüchern, packte einen Topf mit heißem Wasser und schleppte ihn die Treppe hinauf in den Raum über der Pforte. Sie stieß das Fenster auf.
    »Weg von unserer Pforte!«, brüllte sie.
    Sie machte den Frechsten aus, der an die Pforte schlug. Sie zielte und goss das Wasser hinunter. Es traf die Fäuste und spritzte dem Angreifer ins Gesicht. Die Luft war so eiskalt, dass das kochende Wasser auf dem kurzen Weg hinab erkaltete und wenig ausrichtete. Dennoch erschreckt ließ der Angreifer ab.
    »Wenn wir kaltes Wasser über sie gießen, frieren sie fest.« Schwester Angela war neben Schwester Mentha getreten und hatte es ihr zugeflüstert.
    »Guter Rat«, lobte Mentha.
    Magistra Sela drängte die beiden Schwestern vom Fenster und rief: »Was wollt ihr, gute Leute, warum der Krawall?«
    »Gute Leute«, äffte Mentha sie aufgebracht nach.
    Einer der Angreifer antwortete: »Gebt uns eure Kupplerinnen heraus, die unkeuschen Schwestern, und wir lassen die anderen in Ruhe.«
    »Hier wohnen nur ehrbare, gottesfürchtige Schwestern!«, gab Magistra Sela zurück.
    »Beginen, Beginen, nicht so heilig, als sie schienen«, höhnte man zur Antwort.
    Einer rief: »Sie beißen, kratzen und spucken, und sie verführen die Prediger.«
    »Gott strafe euch !«, keifte jemand anderes. »Nicht wir wollen bestraft

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