Den lass ich gleich an
eigenen Schlüssel haben? Ich möchte Teddy und Freddy unsere Suite zeigen.«
»Wie du willst, mein Engel. Geh einfach zu Tommy an die Rezeption und hol dir eine Schlüsselkarte. Aber futtert nicht alle Süßigkeiten aus der Minibar. Denk an deinen empfindlichen Magen.«
»Mama, ich bin doch kein Baby mehr«, erwiderte Lotte vorwurfsvoll. »Schließlich bin ich schon acht.«
Lulu strich Lotte über das Haar. »Mit anderen Worten: so gut wie erwachsen. Also – bis heute Abend. Hab dich lieb.«
»Ich dich auch!«
Nachdem sie Lotte zur Tür gebracht hatte, warf Lulu Sonnencreme, Badehandtuch und Sonnenbrille in ihre Strandtasche. Viertel vor zehn. Was für ein Schlamassel. Da war sie fast vierzig und musste sich heimlich mit einem Mann treffen, dem sie noch dazu ihre Tochter verschwiegen hatte. Immer wieder fragte sie sich: Wie wird Alex reagieren, wenn er von Lotte erfährt? Wird er sie mögen? Oder wird er Reißaus nehmen?
Sie lief ins Badezimmer und bürstete hastig ihre Locken. Als sie in den Spiegel sah, stutzte sie. Irgendjemand hatte ihr nachts heimlich eine Falte zwischen die Augenbrauen geritzt. Jedenfalls hatte Lulu sie noch nie gesehen. Eine Zornesfalte war das. Vielleicht konnte man sie wegmassieren? Oder brach jetzt die Botox-Phase an?
Der Spiegel reichte bis zum Boden. Lulu stellte sich vor, was ein Schönheitschirurg wohl alles mit ihr anstellen würde. Fett absaugen? Lider straffen? Lippen aufspritzen?
Immerhin hatte Alex gefallen, was er sah. Und das war mehr als beruhigend.
Überhaupt, Alex … Sie lächelte. Dann klingelte das Handy. Es war Sabrina.
»Süße, was ist denn los?«
»Die Hütte brennt«, erwiderte Lulu knapp. »Hätte ich ihm alles sagen sollen, von Anfang an? Dass es Lotte gibt? Dass ich im Tandem unterwegs bin? »
»Schwerer Fall«, sagte Sabrina. »Teste ihn erst mal. Vielleicht ist er gar nicht so toll. Denk an Mike – der war schließlich auch eine Niete.«
»Alex ist anders«, widersprach Lulu. »Ganz anders.«
Sabrinas Stimme wurde weich. »Dich hat’s umgerissen, was? Ach, Schatz, ich wäre jetzt so gern bei dir. Was wirst du als Nächstes tun?«
Lulu überlegte. »Keine Ahnung«, gab sie kleinlaut zu.
»Also, wenn du meine Meinung hören willst: Beschäftige deine Mutter heute Abend als Babysitter. Geh mit diesem Typ essen und frag ihn über Kinder aus. Wenn er ein notorischer Kinderhasser ist, vergiss ihn. Wenn nicht, stellst du ihm spätestens morgen Lotte vor.«
Eine kleine Pause folgte. »Und noch etwas: Sei so lieb, mach ein Handyfoto von ihm und schick es mir. Dann bekommst du eine Ferndiagnose. Ein Männergesicht ist für mich wie ein offenes Buch.«
»Wird erledigt«, versprach Lulu. »Und – danke.«
Tonnen von Schuldgefühlen lasteten auf ihren Schultern, als sie eine Minute später durch die Hotelhalle zumStrand schlich. Sie hinterging Lotte, sie versetzte ihre Mutter, sie belog Alex. Das war die vorläufige Bilanz nach zwei Tagen Urlaub.
Ihr Haar hatte sie mit einem Tuch umwickelt und ihre dunkelste Sonnenbrille aufgesetzt, um bloß nicht auf den ersten Blick von Gill erkannt zu werden. Es war entwürdigend. Nun musste sie schon vermummt durch die Gegend laufen, um überhaupt zu ihrem Date zu gelangen.
Lulu war so sehr in ihre geheime Mission vertieft, dass sie nicht den braungebrannten Herrn in den besten Jahren sah, der sich neben Gill an die Rezeption lehnte. Angeregt sprach er mit Tommy, während ein größerer Geldschein über den Tresen wanderte.
Kapitel 8
»Entschuldige die Verspätung, ich hatte noch etwas zu erledigen«, so wollte Lulu Alex am Strand begrüßen.
Doch Alex war nicht da. Wie auch? Gerade hatte er ja noch im Hotel gestanden und nach ihr Ausschau gehalten. Irgendwie gefiel es Lulu nicht, dass er hinter ihr herspionierte. Spürte er etwa, dass etwas nicht stimmte?
Missmutig legte sie sich in einen Liegestuhl. Auch heute war sie wieder umringt von verhaltensauffälligen Teenagern und jungen Familien. Der Himmel strahlte in unschuldigstem Blau, und ein leichter Wind strich über ihre Haut.
Wieso war diese Affäre, die noch gar keine war, schon so kompliziert? Und warum hatte sich Gill in den Kopf gesetzt, Lulu zu bewachen wie eine Henne ihr einziges Ei?
Nachdenklich kramte Lulu in ihrer Tasche. Diesmal hatte sie ihren gesamten Vorrat an Sonnenmilch mitgenommen, denn sie wollte nicht noch einmal den Anblick einer überreifen Tomate bieten. Dann lehnte sie sich zurück und wartete. Ihr ganzes Leben lang hatte sie
Weitere Kostenlose Bücher