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Den letzten Abschied selbst gestalten

Den letzten Abschied selbst gestalten

Titel: Den letzten Abschied selbst gestalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalena Koester
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Schild »Angehörige bitte in der Verwaltung vorsprechen« am Grab?
    Die Entscheidung für eine anonyme Bestattung hat da auf den ersten Blick viele Vorteile. Die Urne wird in geringem Abstand zu anderen auf freien Urnenfeldern oder Wiesen beigesetzt. Die Pflege der gesamten Anlage und des Rasens wird einmalig abgegolten und von da an von der Friedhofsverwaltung übernommen. Es entstehen auch keine Kosten für ein Namensschild oder Grabmal. So spielen finanzielle Gründe bei der Entscheidung gewiss eine Rolle, aber auch die Entlastung von der Grabpflege. Immerhin leben bei uns fast 15 Millionen Menschen allein und fast ein Fünftel der Großstädter hat keine eigenen Angehörigen am Wohnort.
    Wie sehr die Friedhofsbranche diese Entwicklung fürchtet, zeigt sich an halbseitigen, teuren Zeitungsanzeigen des »Vereins zur Förderung der deutschen Friedhofskultur«. »Mutter, wo bist du? Namenlose Bestattung ist keine Lösung – Angehörige brauchen einen Ort zum Trauern«, heißt es da in Großlettern. Einen anderen Blickwinkel betont der Landschafts-architekt Gerhard Richter, der für die Verbraucherinitiative Aeternitas Leitlinien für die zukünftige Friedhofsgestaltung zusammengefasst hat. Er spricht vom topischen Trauern an einem festen Ort wie dem Friedhof, aber auch vom atopischen Trauern ohne konkreten Ortsbezug. »Anonym ist eine namenlose Grabstätte immer nur für die anderen, nicht unbedingt für den trauernden Angehörigen.« Ansonsten aber herrscht bei der Ablehnung der anonymen Bestattung weitgehend Konsens, wobei manche Fachleute und Laien weniger den fehlenden Trauerort, sondern vielmehr das allmähliche Verschwinden aller Namen und Lebensdaten bedauern. Dass das ein wich-tiges Argument ist, kann man sich am Beispiel Berlin klar machen. Weil dort zuletzt 40 Prozent der Menschen anonym bestattet wurden, erfahren Friedhofsbesucher jetzt und zukünftig nichts mehr über deren Leben. Wie hießen diese Toten, welche Vornamen waren in ihrer Zeit modern, wie alt sind sie geworden? Was auch fehlt: die Aussagekraft von Grabsteinen, Modeströmungen, Schriftbildern. Heinrich Heine hat das so zusammengefasst: »Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.«
    Ascheverstreuung
    Aschestreufelder gibt es bisher nur in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nord-rhein-Westfalen und Thüringen. Sie haben ihre Gesetze entsprechend geändert. Dazu werden meist Wiesenstücke am Rande der Friedhöfe freigegeben. Leider wird auch hierbei die Asche nicht aus der Hand gegeben. Ein Friedhofsmitarbeiter schreitet mit einem nicht sehr stilvollen Henkelgestell über die Wiese, während sich die Asche über Löcher im Boden verteilt. Manche dieser Wiesen sind auch mit Stauden und Büschen bepflanzt, so dass die Asche dezenter unter den Blättern verstreut werden kann. Diese Form der Bestattung ist immer anonym und wahrscheinlich die preiswerteste.
    Die Zukunft der Friedhöfe
    Wer die Lebenden wie die Toten weiter auf den Friedhöfen haben möchte, muss die Dienstleistung in den Vordergrund stellen, Alternativkulturen und die Rituale der großen Weltreli-gionen berücksichtigen, Trauerhallen und Kapellen entrümpeln und neu gestalten. Gegen die »Musealisierung der Friedhöfe« müssen sich alle Beteiligten etwas einfallen lassen. »Der Friedhof, so wie wir ihn kennen, gehört der Vergangenheit an. Die Zukunft liegt in freieren Formen«, meint Norbert Fischer, Historiker und Experte für Trauerkultur. Rainer Sörries, Leiter des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, hat mit dem Konzept »Garten der Erinnerung« dem üblichen Rastermaß auf Friedhöfen den Kampf angesagt. »Es wird alternative Grabfelder mit einer Gestaltung auf hohem Niveau geben«, sagt der Theologe voraus.
    Um Friedhöfe wieder in die Öffentlichkeit zu rücken, müssen sie gut erreichbar sein und eine optisch ansprechende Gestaltung mit abwechslungsreichen Spazierwegen und Plätzen anstelle der normierten Grabsteinlandschaften anbieten. Ganz wichtig sind umfriedete Räume mit geschützten Ruhebänken, auf denen die Menschen entspannen und bei Interesse auch ins Gespräch kommen können.
    Ungewöhnliche Ideen lieferte ein Stuttgarter Wettbewerb zum Thema »Friedhof der Zukunft«. Die prämierten Vorschläge zeigen weithin sichtbare Urnentürme mit Aussichtsplattformen, Lichtgräben, in denen jeder leuchtende Punkt für einen der hier Bestatteten steht, oder eine orientalische Totenstadt mit Mini-Schrebergärten, die zunächst zum

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