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Den letzten Abschied selbst gestalten

Den letzten Abschied selbst gestalten

Titel: Den letzten Abschied selbst gestalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalena Koester
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haben.«
    Den heimischen Friedhof haben sich die Kochs durch den Streit aber nicht verleiden lassen. »Dort haben wir erfahren, dass der Friedhof wirklich eine wichtige soziale Funktion hat. Direkt neben unserem Sohn wurde ein 19 -Jähriger beerdigt und die beiden Mütter haben sich am Grab kennengelernt und angefreundet.«
    Umweltprobleme auf dem Friedhof – Neues Denken dringend erforderlich
    Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass viele Friedhöfe aus Nichtwissen oder aufgrund von städtischen Eigentumsverhältnissen an denkbar ungünstigster Stelle angelegt wurden. Feste lehm- und tonhaltige Böden lassen zu wenig Sauerstoff durch, felsiger Untergrund und zu hohes Grundwasser behindern die Verwesung des Leichnams. Bodenkundler schätzen insgesamt 40 Prozent der deutschen Friedhöfe in dieser Hinsicht als problematisch ein. Das heißt, dass dort nach Ablauf der Ruhezeiten größere Verwesungsstörungen vorliegen, etwa in Form von Wachsleichen, weshalb deren Liegezeit verlängert und das Bodenumfeld verbessert werden muss. Unter großer Geheimhaltung rücken dann die Friedhofssanierer an, um Drainagen zu legen, den Sauerstoffgehalt des Bodens zu verbessern und die Gräber durch Blähton, Sauerstoffbatterien oder Belüftungsrohre optimaler zu belüften. Einige Städte haben schon begonnen, unterirdische Grabkammern aus Beton zu errichten, die über feine Filtersysteme mit Luft versorgt werden.
    An diesen Umweltbedingungen können Laien wenig ändern. Sehr wohl aber können auch sie ihren Beitrag zu einer angemessenen Totenruhe leisten. Ein luftundurchlässiger Boden verhindert den Verwesungsprozess zwar wesentlich mehr als das Material von Särgen, Fachleute sind sich aber einig, dass die richtige Auswahl der Särge, Kleidung und weiterer Materialien auch eine wichtige Rolle spielt.
    So beklagt die Sargbranche zu Unrecht die gesunkene Nachfrage nach Eichensärgen, die zuletzt nur noch 15 Prozent der Trauernden kauften ( 2001 waren es noch 24 Prozent) und gibt ein neues Prüfsiegel für Vollholz heraus, womit eine Mindestdicke von »20 mm an ungekehlter Stelle« garantiert wird. Zusätzlich enthalten viele Särge Metallstreben, um den Sarg noch stabiler zu machen. Viele Vertreter der Bestattungsbranche glauben nämlich (oder behaupten auch nur), Särge benötigten eine große Druckfestigkeit, um dem Erddruck auf Jahre zu widerstehen und die Verwesung nicht zu behindern. »Völliger Unsinn«, sagt der Friedhofssanierer Heinrich Kettler von der Firma Cemterra GmbH in Münster. »Die ganze Branche besteht aus Mythen. Tatsächlich braucht eine Leiche 400 Liter Luft pro Tag zur Verwesung, und die ist im Sarg natürlich sofort verbraucht.« Fachleute vom baden-württembergischen Landesamt für Geologie in Freiburg nennen die Bevorzugung von Hartholzsärgen klar eine »Fehlentwicklung«. »Eichenholz hat einen wesentlich höheren Lignin- und Gerbstoffgehalt und damit eine deutlich längere Abbauzeit.« Der Sachverständige für Bodenfriedhofskunde, Michael C. Albrecht aus Hannover, hat in einer Untersuchung nachgewiesen, dass bei Weichholzsärgen zu 58 Prozent eine »ausreichende Leichenumsetzung« stattfand, bei Hartholzsärgen aber nur zu 32 Prozent. Fazit: »Je kompletter der Sarg erhalten war, desto größer waren die Verwesungsstörungen.« Auf den Karlsruher Friedhöfen hat man deshalb bereits die Ruhefrist für Hartholzsärge auf 30 Jahre verlängert, bei Weichholz sind es nur 20 Jahre.
    Michael C. Albrecht weist auch auf die Bedeutung der Bekleidung der Toten hin. Er hat bei seiner Untersuchung fest-gestellt, dass in einem Viertel der Gräber die Leichenkleidung gut erhalten war und eine normale Verwesung des Menschen verhindert hatte. »Graböffnungen der letzten Jahre entstammen der Bestattungsphase um 1970 und weisen nahezu alle deutliche Verwesungsstörungen auf, weil die Leichen in luftundurchlässigen Materialien bestattet wurden.« Dies sind Kunstfasern wie Polyester, die lange Zeit auch für Kissen, Decken und Matten verwendet wurden. Das neueste Gütesiegel des Zuliefererverbandes für das Bestattungsgewerbe ( VDZB ) deutet auf geringe Lernfähigkeit. Dort heißt es: »Diese zertifi- zierte Bestattungswäsche besteht aus Naturfasern mit maximal 30 Prozent Synthetikanteil.« Für Albrecht ist das eine »Mogel-packung«. »Synthetik baut sich schlecht ab.« Nach seiner Beobachtung werden auch immer noch viele Sargböden mit Plastikfolien bedeckt, die dann über Jahrzehnte wie eine Wanne das Wasser

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