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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Bibliotheken und einem Friedenstempel.
    Auf einem Gelände neben dem Außenaltar der Juno war ein winziger Garten für die heiligen Gänse angelegt worden. Sie hatten einen herrlichen Blick über das Dach des Mamertinischen Gefängnisses zum Forum, wenn auch ihr Gehege ziemlich felsig und unwirtlich war.
    Der Wächter war ein schmächtiger, ältlicher Staatssklave mit einem dünnen Bärtchen und O-Beinen, eindeutig nicht wegen seiner Liebe zum Federvieh für diesen Posten ausgesucht. Jedes Mal, wenn ihm eine Gans zu nahe kam, scheuchte er sie mit dem Ruf »Füchse!« weg.
    »Sie haben es schrecklich hier«, bestätigte er, als er meinen besorgten Blick sah. Seine Unterkunft war eine Hütte unter einer Krüppelkiefer. Für einen Mann, der leichten Zugang zu Gänseeieromelett und hin und wieder einer Gänsekeule hatte, sah er merkwürdig unterernährt aus. Allerdings nicht viel anders als seine dürren Schützlinge. »Sie müssten einen Teich oder Bach haben, an dem sie frisches Grünzeug rupfen können. Wenn ich sie aus den Augen lasse, verschwinden sie auf der Suche nach besseren Weidegründen. Dann muss ich ihnen nachlaufen und sie mit einem Stock zurückscheuchen .« Er schwenkte ihn lustlos. Das Ding war ein zersplittertes Stöckchen, das ich nicht mal für meinen Hund werfen würde. »Manchmal kommen sie etwas gerupft heim, aber normalerweise werden sie in Ruhe gelassen.«
    »Aus Ehrfurcht vor ihrer Heiligkeit?«
    »Nein. Sie können ganz gemein zwicken.«
    Ich bemerkte, dass Körner auf dem nackten Boden verstreut lagen, aber die Gänse lockte mehr ein Häufchen welkes Gras. Interessant. Ich säuberte meinen Stiefel an dem Grünzeug, das dem zischenden Wach-Geflügel hingeworfen worden war. »Ich muss mit dir über deine Kornlieferungen reden.«
    Der Wächter stöhnte auf. »Damit hab ich nichts zu tun!«
    »Der wöchentliche Getreidesack?«
    »Ich sag denen immer wieder, dass wir nicht so viel brauchen.«
    »Wem sagst du das?«
    »Den Fahrern.«
    »Und was machen sie mit dem Überschuss?«
    »Bringen ihn zurück zum Kornspeicher, nehm ich an.«
    »Die Gänse fressen kein Korn?«
    »Ach, wenn ich es ihnen hinstreue, spielen sie damit rum. Sie haben lieber Grünzeug.«
    »Wo kriegst du das her?«
    »Aus Cäsars Gärten. Die Gärtner bringen mir das abgemähte Gras. Dann haben sie nicht mehr so viel zu schleppen, weil sie die ganzen Gartenabfälle aus der Stadt rausbringen müssen. Und die Kräuterhändler vom Markt bringen mir unverkaufte Kräuterbündel, wenn sie welk werden, statt sie wieder mit nach Hause zu nehmen.«
    Ein Beispiel klassischer Bürokratie. Irgendein Schreiber glaubte, dass die heiligen Gänse große Mengen an Getreide brauchten, weil sein Vorgänger ihm eine entsprechende Anweisung hinterlassen hatte. Niemand fragte je den Geflügelwächter, was wirklich benötigt wurde. Wahrscheinlich hatte er sich bei den Fahrern beschwert, aber die wollten nichts davon wissen. Auf keinen Fall würden sie es den Lieferanten im Kornspeicher der Galbae berichten. Die Lieferanten wurden aus der Staatskasse bezahlt, und so lieferten sie weiter. Wenn man den ursprünglichen Lieferscheinschreiber finden könnte, ließe sich das in Ordnung bringen. Aber keiner machte sich die Mühe.
    »Mit welcher Begründung liefern sie das Korn?«
    »Wenn die Armen eine Kornzuweisung bekommen können, dann Junos Gänse auch. Sie haben Rom gerettet. Die Stadt erweist ihnen ihre Dankbarkeit.«
    »Was, hunderttausend Drückeberger kriegen ihren Getreidegutschein - und einer davon wird routinemäßig für die heiligen Schreihälse ausgestellt? Die wahrscheinlich auch noch feinsten Weizen kriegen?«
    »Nein, nein«, besänftigte mich der ältliche Gänsejunge, bei dem Ironie offenbar nicht ankam.
    »Und das geht schon seit fünfhundert Jahren so?«
    »Auf jeden Fall während meiner Dienstzeit.« Der Wächter nickte selbstgerecht.
    »Ist es möglich«, fragte ich müde, weil meine Erkältung immer schlimmer wurde, »dass die Fahrer deinen Überschuss mitnehmen und die Säcken anderswo billig verkaufen?«
    »Oh, ihr Götter, frag mich nicht«, jammerte der Wächter. »Ich sitz hier nur rum und rede den ganzen Tag mit den Vögeln.«
    Ich sagte ihm, es gehe mir nicht um ihn, aber er solle mal ernsthaft darüber nachdenken, weil jemand die heutige Lieferung vergiftet habe. Es hätte ihm gut passieren können, dass er nur noch einen Haufen Kissenfedern zu bewachen gehabt hätte. Als ich den toten Strauß erwähnte, reagierte der Wächter

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