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Den Oridongo hinauf (German Edition)

Den Oridongo hinauf (German Edition)

Titel: Den Oridongo hinauf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjørnsen
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Lensmanns, Tharald Reine. Der zum Glück nicht anwesend ist, denke ich, denn jetzt sehe ich seine Assistentin Jenny Lydersen am Rand des Lichtfeldes stehen und mit einem in eine Wolldecke gewickelten alten Mann sprechen. Also hat sie heute Nacht Dienst. Sie scheint total in ihre Aufgabe vertieft zu sein. Tröstdienst. Schocklinderung. Mit ein wenig Glück…
    Dann ist die Stimme von Tharald Reine da. Dicht bei meinem linken Ohr. Ruhig. Flüsternd, wie ein indianischer Gott, der in Menschengestalt herabgestiegen ist.
    »Trainierst du für die Tour de France, Vågsvik? Allein? In der Dunkelheit? Ohne auch nur die kleinste Lampe?«
    Ich gebe keine Antwort. Ich betrachte Jenny Lydersens uniformiertes Hinterteil. Die runden Kurven unter dem synthetischen Stoff. Ich schäme mich. Ich denke an Berit, die zu Hause sitzt und sich mit ihren Angelegenheiten beschäftigt. Die inzwischen sicher schon auf mich wartet. Sie, der ich alles schulde.
    Aber dann merke ich, dass ich zu zittern beginne. Das liegt am Blutgeruch.
    »Komm her!«
    Tharald packt meinen Arm und führt mein Fahrrad und mich aus dem Lichtfeld. Weg von der Schweinerei auf dem Asphalt.
    »Was ist denn passiert?«, höre ich mich fragen. Es klingt einfach idiotisch.
    Er sieht mich mit zwei großen braunen Augen an. Ich nehme den Geruch von Tabak und Rasierwasser wahr. »Was sollen wir eigentlich mit dir machen, Vågsvik? Hast du einen Vorschlag? Sollen wir dir das Fahrrad wegnehmen?«
    Wieder schweige ich. Ich erinnere mich an unsere ersten Begegnungen. Wie sehr ich mich gefürchtet hatte. Er hat diese seltsame flüsternde Art zu sprechen, dieser Tharald. Wie einer dieser psychotischen Sheriffs, über die man in Stephen Kings Büchern lesen kann. So einer, von dem du langsam begreifst, dass er restlos verrückt ist, trotz des blendenden Lächelns, mit dem er irgendwo weit draußen in der Wüste von Nevada dein Auto anhält und deinen Führerschein sehen will. Und bald steckst du fest in einem hitzeflirrenden Albtraum.
    Aber so ist Tharald nicht. Tharald ist ein milder Mann. Zurechnungsfähig und verständnisvoll. Jetzt lässt er mich zum Beispiel verstehen, dass er enttäuscht von mir ist. Denn ist es nicht so, dass wir schon zweimal über das Fahren im Dunkeln ohne Licht gesprochen haben? Doch. So ist das.
    Wie zu einem kleinen Jungen.
    »Was wird aus dem Tier?«, frage ich ausweichend.
    Er bückt sich und drückt den Daumen auf den Dynamo. Hebt den Reifen. »Tritt zu.«
    Das tue ich. Das Licht der Lampe flackert ein wenig. Unsicher. Hinter uns fährt der Krankenwagen vor. Autotüren werden geöffnet. Geschlossen.
    »Kannst du zu Berit nach Hause strampeln oder muss Jenny dich fahren? Zeig mal deine Hände!«
    Die zittern ein wenig, aber so schlimm ist das nicht, unter diesen Umständen. Ich bin ein Junge aus der Stadt. Ich bin nicht ans Schlachten gewöhnt.
    »Ich habe keine Zeit für dich«, sagt er. »Das ist schrecklich traurig. Was sagst du? Soll Jenny dich nach Hause fahren?«
    Was soll ich denn sagen? Etwas in mir, sehr viel sogar, möchte ja gern willenlos von Jenny Lydersen nach Hause gefahren werden. Möchte dort neben ihr auf der Vorderbank sitzen und die Straße auf sich zukommen sehen, während der Polizeifunk knistert. Will ihre schmale Hand auf der Gangschaltung sehen. Ihr Profil im halbdunklen Wagen. Aber die Vorstellung, in einem Streifenwagen nach Hause zu kommen, und sei es die lokale Variante … und mit ihr. Mit Jenny. Berit würde mich wie ein offenes Buch mit Großschrift für Sehbehinderte lesen können.
    Deshalb lehne ich das Angebot ab. Frage stattdessen, ob ich irgendwie behilflich sein kann.
    Das kann ich nicht.
    Ich soll ganz einfach mit brennendem Fahrradlicht zu Berit nach Hause fahren. Sonst…
    Nach zwei Kilometern tritt eine späte Reaktion ein. Das Bild des toten Tieres macht mir zu schaffen. Die verdrehten Augen. Das heraushängende Gedärm. Der Blutgeruch.
    Halte am Straßenrand an und kotze ein wenig.

5
    Ich höre das behutsame Klappern der Tastatur, sowie ich die Diele betrete. Sehe ihren schmalen Rücken im Arbeitszimmer, als ich Magnes Jacke aufhänge. So wie er sie zahllose Male nach irgendeinem Arbeitseinsatz gesehen haben muss. Der Rücken der Strickjacke im blauen Licht des Computerbildschirms. Die grau melierten Haare, die im Rücken zu einem achtlosen Knoten gesammelt sind. Das enge Zimmer, eigentlich ist es nur eine Art geräumiger Verschlag mit Regalen voller Ordner und Stapeln von Zeitungen und Papieren. Über dem

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