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Den Oridongo hinauf (German Edition)

Den Oridongo hinauf (German Edition)

Titel: Den Oridongo hinauf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjørnsen
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kosten soll, als Bagatelle zu bezeichnen, nein, das geht einfach nicht. Und schlimmer noch, was mich mit meinem Durchfall nun hergeführt hat, ist, dass es einfach unvorstellbar ist, ja, ganz und gar unmöglich für mich, ein Gespräch, einen Dialog im Gemeindehaus zu führen zwischen einer Eingeborenen und einem Zugezogenen, ohne das Thema »Brücke« zu erwähnen, und dann muss ich mich doch, auf Befehl meiner innersten Natur, von dieser wahnwitzigen Verschwendung von Steuergeldern energisch distanzieren. Daran führt dann ganz einfach kein Weg vorbei. Wenn ich schweige, kann ich meinem Spiegelbild nicht mehr in die Augen sehen. Ich würde mir als Fremder erscheinen, und das ist ein Ding der Vergangenheit, das darf ich nicht riskieren. Alleinsein macht stark, heißt es doch, aber dieses Sprichwort gehört in die Welt der Märchen, es hat mit der Welt der Wirklichkeit nichts zu tun. Im Gegenteil ist es so, dass der, der allein ist, eben – ja, ganz allein ist, und allein und einsam muss man Hohn und Hass der anderen ertragen, und wenn es hier oben etwas gibt, das die Verachtung der Mehrheit erregen kann, dann ist das, die Notwendigkeit einer Brücke von Binnøya herüber nach Vaksøy zu kritisieren. Es ist ganz einfach so, dass ich der einzige von Vaksøys 1043 Einwohnern bin, der überhaupt irgendetwas an diesem Beschluss auszusetzen hat, nämlich, eine Brücke über den Sund zu bauen, für das hübsche Sümmchen von 270 Millionen Kronen, der ganze Spaß bezahlt von den Steuerzahlern im ganzen Land, von denen die meisten nicht einmal ahnen, dass Binnøya oder Vaksøy existieren und auf der Welt vorhanden sind. Von den Rechtsliberalen bis nach ganz links, von Pastor zu Küster, unter alleinerziehenden Müttern und Sozialhilfeempfängern, Bauern, Fischern und Kindern bis hinab ins Grundschulalter herrscht Einigkeit über die Notwendigkeit der Brücke für die künftige Existenz der Inselgemeinschaft. Ich bin der Einzige, der etwas anderes meint. Der für das Gegenteil steht. Sogar die acht, die auf den beiden Fähren arbeiten, haben sich zum wahren Glauben bekehren lassen, und das, obwohl sie natürlich ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Ich habe es durchgerechnet. Für die 270 Millionen Kronen könnte die gesamte Inselbevölkerung fast vierhundert Jahre lang jeden Tag zweimal gratis über den Sund reisen! Kaffee und Streuselkuchen in der Cafeteria inbegriffen!
    Darüber habe ich geschwiegen. Ich habe es nicht einmal über mich gebracht, es Berit gegenüber zu erwähnen. Aber am Freitag rettet mich nichts mehr. Dann muss ich endgültig Farbe bekennen.
    Kann ich auf die Klerke zählen? Nein, natürlich kann ich das nicht.
    Auf die am allerwenigsten.

8
    Das nimmt einfach absolut überhand. Die Ankunft der Klerke sprengt alle Proportionen, es erinnert langsam an die Erwartungen, die in Jesu Wiederkehr gesetzt werden, minus der Drohung des Gerichtes, das über Lebende und Tote gehalten wird, um 17.45 Uhr soll es einen Empfang am Anleger geben, glücklicherweise ohne Blaskapelle, denn die haben wir hier draußen nicht, aber mit »so vielen Anwesenden wie möglich«, an der Spitze der Regierungsdirektor persönlich, Jon Simonsen in eigener hoher Person, und Pastor und Lensmann natürlich, und auch Vertreter aller politischen Parteien, mir geht auf, dass es eine Parallele zum Bau der neuen Brücke gibt, denn auch wenn es um die resolute Auswanderung der van der Klerks nach Norwegen und Vaksøy geht, herrscht eine Ja-Ja-Ja-Haltung, ein ungeteilter Positivismus, und es ist ja auch nicht schwer zu verstehen, dass die Gemeinde Vaksøy auf diese Weise ihren herzlichen Eifer demonstrieren will, noch weitere Einwanderer aufzunehmen, solange die dem Standard der Klerke entsprechen: wohlhabende Holländer mit Volkshochschulexamen in Norwegisch, christlich und mit adretter Hautfarbe, auf der Flucht vor den engen niederländischen Wohnverhältnissen, nicht wie diese Bande, die uns aufgezwungen worden ist, die Unruhestifter im alten Militärlager auf Binnøya, Asylbewerber ohne Pass und Fingerspitzen. Ja, das kann ich ja auch verstehen, ich begreife ja auch nicht, warum Bauern und Fischer hier oben an der Nordwestküste so direkt in Kriege und Konflikte einbezogen werden sollen, die auf der anderen Seite des Globus stattfinden, das ist nicht gerecht, wir haben keine Grundlagen für den Umgang mit Mohammedanern, die ihre Frauen wie Vieh und Dromedare behandeln. Wir haben Angst. Andererseits: Es muss ja wohl Grenzen geben. Die

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