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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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nicht, Jem. Irgendwann wirst du das einsehen, dann bin ich auf jeden Fall für dich da.«
    Sie nahm ihre Handtasche und ging zurück zu den andern nach draußen. Ich konnte nicht hören, was sie sagten, aber es war mir egal. Sie konnten so viel über mich reden, wie sie wollten. Ob er sich darüber im Klaren war oder nicht, Simon hatte mir was Wertvolles, was Mächtiges in die Hand gegeben, eine einzige Kugel, um mich zu verteidigen: ein Wort – »Asyl«.
    Sie kamen wieder rein: Karen, Imogen – die Sozialarbeiterin –, Simon und der Rektor.
    »Wir können dich hier nicht allein lassen«, sagte der Rektor müde.
    »Wieso nicht?«
    »Du bist ein fünfzehnjähriges Mädchen. Das ist nicht in Ordnung.«
    »Ich bin fünf Tage allein gewesen.«
    »Sei vernünftig, Jem«, mischte sich Karen ein.
    »Ich geh nicht weg. Ich kann hier schlafen. Das ist sicherer als auf der Straße.«
    Sie sahen sich an.
    »Ich muss wieder zurück«, sagte Karen. »Eine Nachbarin passt auf die Kinder auf, aber … na ja, ich denke, ich könnte fragen, ob sie bei ihnen übernachtet.«
    Karen sah Simon und den Rektor an, beide nickten. »Wenn Sie bleiben können, Karen, dann richten wir für Sie beide Betten her.«
    Karen machte ein paar Anrufe und es wurde noch ein bisschen rumgequatscht. Sie machten dieses typische Erwachsenending, so zu reden, als ob ich gar nicht da wär. Der Rektor fing an von Vandalismus zu labern, den ich veranstalten würde, doch Karen unterbrach ihn.
    »Ich werde hier sein. Und ich verbürge mich für sie. Außerdem ist sie nicht gewalttätig. Sie hat in der Schule Probleme bekommen, aber ich glaube, da ist sie provoziert worden. Nie und nimmer würde sie sich destruktiv verhalten.«
    Ich saß bloß still da und knibbelte an einem Stück loser Haut am Daumen. Ich schaute hoch und Karen fing meinen Blick auf. Sie sah mich ruhig an, und ich wusste, dass wir beide an mein Zimmer zu Hause dachten, das ich an dem Abend, bevor ich verschwand, kurz und klein geschlagen hatte.
    Anne, die Frau des Rektors, war inzwischen mit ein paar Bettdecken und Kissen reingekommen und sie und Karen richteten auf dem Boden zwei Betten her. Sie hatte auch was zu essen mitgebracht: verschiedene Schachteln und Päckchen, die sie auf dem Tisch abstellte.
    Schließlich verabschiedeten sich der Rektor, Simon und Anne so langsam. Simon sprach noch mit Karen, und ich klinkte mich eine Weile aus. Als ich wieder hinhörte, hatte er seine Stimme gesenkt, doch ich verstand ihn trotzdem.
    »Wenn es Probleme gibt«, sagte er, »und es nötig ist, dann liegen in der Sakristei Ersatzschlüssel. In der Tischschublade. An dem Schlüssel für die Seitentür hängt ein gelbes Band.«
    »Okay«, sagte Karen. »Danke.«
    Sie gingen schweigend hintereinander her und verschwanden durch eine Seitentür aus der Kathedrale. Dabei gelang mir ein kurzer Blick nach draußen. Dort standen eine Menge Menschen und ein verlorener Haufen Polizisten. Als sich die Tür öffnete, ging ein Blitzlichtgewitter los wie in einer Disco. Verdammt, was sollte das? Leute brüllten, es war echt heftig. Die Kathedralen-Fraktion wirkte erschüttert und ich wich aus dem Blickfeld hinter die Tür zurück.
    Der Letzte, der rausging, war Simon mit einem großen Schlüsselbund in der Hand. Als die Tür zuschlug, hielt er sie im letzten Moment noch mal an und ließ einen fünf Zentimeter breiten Spalt. »Gute Nacht, meine Damen. Schlafen Sie gut.« Über sein Gesicht zuckte ein Lächeln, dann schloss er die Tür.
    Auf der andern Seite der Fenster blitzte der Himmel wie in einer Feuerwerksnacht und erhellte sogar das Innere der Kathedrale. Ich lehnte mich gegen die Tür und hörte auf den gedämpften Lärm von draußen.
    »Also«, sagte Karen. »Dann wollen wir mal sehen, was Anne uns hiergelassen hat, was? Das wird bestimmt lustig. Wie Camping. Warst du schon jemals campen, Jem?«

KAPITEL 31
    Wir packten die Fresspakete aus. Anne hatte uns Sandwiches, selbst gebackenen Kuchen und Chips gebracht. Karen machte uns beiden einen Becher Tee und wir setzten uns nebeneinander an den Tisch.
    Ich wartete auf die bohrende Frage, den Moment, in dem Karen verlangen würde, dass ich ihr alles erklärte, aber fürs Erste genügte es ihr, über die Zwillinge und den Medienwirbel zu plaudern – offenbar belagerten Reporter ihre Haustür. Ich dachte, sie würde mich nach den Zahlen fragen, den ganzen Gerüchten, die umgingen, aber viel wichtiger war ihr die Frage, die jede Mutter stellen würde.
    »Also,

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