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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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brochenen Fächer bestand, den ich in der Hand ge-habt hatte, schien sie sehr erfreut, und schenkte mir einen andern, den ich noch als Andenken jenes kleinen Vorfalls und der Huld Maria Theresias heilig verehre. Allmählich aber kamen auch trübere Stunden und mancherlei Verdrießlichkeiten, ja endlich manches Un-glück. Unser Hausstand war durch die Tante, Herrn Haschka, einen Hofmeister und meine Gesellschafterin vermehrt. Wie wahr ist das, was in den — mir übri-gens gar nicht zusagenden — Wahlverwandtschaften Charlotte darüber sagt: wenn wir andere in unser Haus, an unsern Tisch nehmen, unser Leben mit ihnen gemeinschaftlich verbringen sollen! Mögen es noch so gute Menschen sein — jene vier Personen waren ^es sicher, vor allen die gute Tante — aber es sind andere als wir, sie haben andere Ansichten, andere Gewohn-heiten, andern Geschmacki°^). — Sollen sie dies alles nicht uns zum Opfer bringen, und sich ganz verleug-nen, so müssen wir von den unsrigen abhandeln lassen, wir müssen, ihre Individualität erkennend, und wie billig ehrend, die unsrige beschränken; '— das tut niemand gern und so bringt ein solches Zusammen-leben selten allen Teilen Freude. Auch bei uns er-zeugten sich einige Mißtöne, ich bemerkte wohl hier und da etwas, aber ich war zu sehr Kind, um darauf zu achten. Wichtiger war mir die Erscheinung eines Schwesterchens, das nach dem ersten Winter, welchen wir in jener Wohnung am Graben verlebten, das Licht

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    Silhouette von Hieronymus Löschenkohl (Ostreichischer Nationaltaschen-Kalender für 1789. Wien. Bild Nr. 12)
    Stadtbibliothek, Wien

    der Welt erblickte. Es war ein bildschönes Kind, das einer unsrer werten Hausfreunde zur Taufe hielt, und das den Namen einer innigen Freundin und Ver-wandten meiner Eltern, einer Frau von Häring^'^^), welche sich Rosine nannte, erhielt i"^). Meine Mutter nährte das Kind selbst, es gedieh trefflich, und es ward beschlossen, daß es so wie mein Bruder im Frühling des nächsten Jahres zu Hetzendorf im k. k. Lustschlosse geimpft werden sollte. ^
    Die Blatternimpfung war damals, in den Siebziger-Jahren des vorigen Säkulums, so neu, so allgemein anregend, aber im Anfange auch von vielen so gefürch-tet und verdächtigt, wie dreißig Jahre später die Vakzine.
    Die Kaiserin, überzeugt von der Nützlichkeit dieser Methode, suchte durch Befehl, Ermahnung und Bei-spiel ihr überall Eingang zu verschaffen. Sie etabHerte in einem ihrer Lustschlösser, zu Hetzendorf, in der Nähe von Schönbrunn, eine solche Anstalt, in welcher jeden Frühling mehrere Familien des Adels und ange-sehenen Mittelstandes aufgenommen und sämtlich auf kaiserliche Kosten bewirtet wurden, wenn sie sich ent-schlossen, ihre Kinder daselbst von den kaiserlichen Leibärzten impfen zu lassen. Man kann denken, wie gern und häufig sich Eltern fanden, die um diese Ver-günstigung nachsuchten, ihre Kinder vor dem gefähr-lichsten Feind, den Blattern, a;uf eine so ehrenvolle als angenehme Art zu sichern; denn, so wie ich in mei-ner Kindheit oft vernahm, glich jener Jmpfsejour in Hetzendorf einem fröhlichen Badeaufenthalt, wo meh-rere, sonst sich fremde Familien in einem angenehmen Lokal auf dem Lande versammelt, in wechselnden Zerstreuungen und Unterhaltungen lebten. Beinahe
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    täglich fuhr die Monarchin von Schönbrunn hinüber, um nach -dem Fortgang ihrer Anstalt zu sehen. Sie veranstaltete kleine Feste für die Kinderchen, Lotte-rien, Spiele usw., kurz, sie sorgte als allgemeine Mutter auch für uWe^^^).
    Den Winter nun vor dem Frühling, wo jene Impfung meiner Jüngern Geschwister stattfinden sollte (ich selbst hatte bereits an der Mutter Brust natürlich und glück-lich geblättert) erkrankten diese plötzlich; — es zeigten sich die Blattern, und zwar von der bösesten Art. Mein Bruder, damals ein bildschönes Kind von vier bis fünf Jahren ^^^), war lange in Lebensgefahr, er sah kaum, durch Geschwulst v;nd Blasen entstellt, einem Menschen gleich; und meine Mutter, die ihn mit der größten Sorge pflegte, stand unnennbare Angst um ihn aus. Das jüngere Schwesterchen aber starb ^''^), und als der Knabe sich zu erholen anfing, lag jene im Sarge. Dies war für meine Eltern eine sehr traurige Zeit. Die gütige Kaiserin nahm auch hier warmen und tröstenden Anteil an den Leiden meiner Eltern. Wir besitzen noch unter jenen, schon erwähnten Blättern eines, worauf, nachdem mein Vater ihr den Tod dieses Kindes gemel-det, sie ihm folgendes schriftlich

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