Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
gefundenen Fingerabdrücke zur Sicherheit schon einmal mit Kilian Breitners vergleichen soll. Obwohl er eigentlich nur durch die alte Geschichte und die Nähe seines Aufenthaltes zum Tatort verdächtig ist. Ach ja, und durch seine zeitlich falschen Angaben am Sonntagnachmittag. Also ich kann immer nur vergleichen, wenn ihr mir jemanden anbringt.«
»Ach Klaus, das ist doch immer so. Wirst sehen, nachher hat sich deine A rbeit doch gelohnt.« Lene lächelte ihn an. Immer der gleiche Frust in dieser Phase der Ermittlung.
»Komisch ist diese Holzgeschichte mitten in unserer Ermittlung. Was hat sie mit uns zu tun? Oder doch nichts? Ruf mal bei Greenpeace an und lass dir e rklären, wie sie das machen, ich meine den Nachweis erbringen, dass das Holz illegal geschlagen wurde. Holz ist doch gleich Holz. Wenn man mal von der Artenvielfalt absieht. Also, ganz vernachlässigen möchte ich das nicht. Und frag doch gleich mal, ob auch ein deutscher Abnehmer dann bestraft würde. Irgendwie gefällt mir dieser Bob nicht. Aber was sollte er mit uns zu tun haben? Die wussten doch gar nichts von Melanie und Sven. «
Sie diskutierten noch eine Zeit lang über diesen Aspekt, bis Lene aufbrach. Kalle versprach die Infos von Gree npeace einzuholen.
Sie traf sich mit Mike unten am Punschstand am Hauptmarkt. Er kam ihr mit seinem Becher in der Hand entgegen. Bestand darauf, dass sie probierte.
»Und? Wie weit seid ihr gekommen? «
Sie erzählte, während sie die Königstraße hinauf zur U-Bahn-Station gingen. Als sie von Klaus‘ Fundstücken, das heißt von Fingerabdrücken, dem Haar, den Pullifasern e rzählte, stockte sie plötzlich. Sie fasste Mike am Ärmel und blieb stehen.
»Jessica ist doch blond! « Sie sah ihn triumphierend an und fuhr aufgeregt fort: »Sonst ist bisher keine blonde Frau zu sehen gewesen. Selbst Melanies Freundin ist nicht blond, Rike ebenso wenig – na, die war sowieso lange nicht dort in der Wohnung. Aber Jessica! «
Mike sah sie zweifelnd an. »Die alte Frage ist doch, wie sollte sie von Melanie erfahren haben? Wir brauchen ein Haar von ihr. Oder ein von ihr benutztes Glas. Für eine offizielle DNA-Probe hast du doch sicher auch nach deutschem Recht keinen Grund, zumal sie Ausländerin ist. «
Lene nickte. »Das wird schwierig. O Mann, wie machen wir das? Wir mü ssen es irgendwie unauffällig bewerkstelligen, gleich morgen früh. Heute Abend ist es schon zu spät, wir müssen diesen Wasti noch befragen. Also morgen.« Jetzt klang nach der Aufregung Bedauern in ihrer Stimme, dass sie warten musste.
»Versprich dir davon nicht zu viel«, warnte Mike. »Das ist doch ziemlich weit hergeholt.«
»Wir werden sehen! Wart’s nur ab. Vertrau meiner weiblichen Intuition.« Hinter dem Scherz war jedoch eine Spur Ernst und Hoffnung zu hören.
In der U-Bahnstation bewunderte Mike die Nachbildung der Fen sterrose aus der Lorenzkirche in Stein. »Was für eine schöne Idee«, murmelte er andächtig. Lene wusste, wie sehr er diese Rosette aus buntem Glas in der Lorenzkirche liebte, ihr versprühendes Licht, das wie Funken ins Innere des gotischen Kirchenschiffes fiel.
Sie stiegen in Herrnhütte aus. Die Adresse stellte sich als ein Mehrfamilienhaus in der Nähe der U-Bahnstation heraus. Die Hau stür war nur eingeklickt, Basteders schienen im dritten Stock zu wohnen. Auf Lenes Klingeln hin machte ein junger Mann auf. Er sah erschrocken aus, als sie ihren Ausweis zeigte. Auch Drogen, vermutete Lene. Aber deshalb war sie nicht da. Sollten sich die Kollegen kümmern.
»Jochen Basteder? Wir hätten ein paar Fragen an Sie. Können wir rei nkommen?«
Er nickte und trat zurück um sie hereinzulassen. Vorher ein schneller Blick in den Hausflur. Es war ihm also peinlich hier mit der Polizei gesehen zu werden. Gut so.
Das Wohnzimmer zeigte eine bemühte Spießigkeit, Rundsofa mit wild gemustertem Velourüberzug aus den 80ern, schwarze Eichenschränke mit Kunststoffoberfläche und abgerundeten Glastüren. Die Lampe eine orange-farbene Halbkugel aus Glas, die Vorhänge schlichte Baumwolle in einem Muster, das überhaupt nicht zu den Couchfarben passte, weiße Gardinen mit eingeprägtem Muster. Lene setzte sich auf einen der Sessel, Mike auf die kürzere Seite des Sofas, so dass sie Basteder zwischen sich hatten.
Das rötliche Haar fiel in seine Stirn, aber er strich es nicht zurück. Seine gekrümmte Gestalt wirkte wie ein Häufchen Elend dort auf dem riesigen Sofa. Unsicher star rte er auf den Tisch vor sich.
Lene
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