Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
ngen lag.
»O Gott, ich weiß nicht, ob ich ihn besuchen soll – so wie ich au ssehe! Die Hämatome leuchten in allen Farben. Da muss er sich doch noch mehr erschrecken. Und -«, ihre Stimme wurde leiser, »weiß er es schon mit meiner Mutter?«
»Nein, er kann so eine Nachricht im Moment noch nicht verkraften. Ich habe ihm gesagt, sie wäre überraschend ve rreist, weil er doch nicht zu Hause war. Und dass wir sie nicht erreichen können. Aber, Frau Walther, weswegen ich auch anrufe. Sie sagten, Ihre Töchter wären am Sonntag bei einer Freundin gewesen, und Sie hätten auf sie gewartet, bevor Sie zum Frauenhaus gefahren sind. Wann genau sind Sie dort angekommen?«
»Wieso müssen Sie das wissen?« Ihre Stimme klang jetzt misstra uisch. »Abgesehen davon, ich habe keine Ahnung mehr. Der ganze Nachmittag ist wie unter einem Schleier. Oder vielmehr hinter einem Schleier. Ich muss wie in Trance gewesen sein. Aber Sie können Frau Wagner fragen. Sie hat mich hier aufgenommen. Da ist sicher eine Uhrzeit in den Akten vermerkt. Moment, ich gebe sie Ihnen gleich.«
Lene hörte Tuscheln, dann meldete sich Frau Wagner. Sie hörte sich Lenes Bitte an ohne nachzufragen, was Lene ihr hoch anrechnete.
»Warten Sie, ja, hier steht es. Sie kam um 16:30, also halb fünf.«
»Danke. Das brauche ich nur für meine Unterlagen.«
Jetzt hatte sie Zeit für eine kurze Mittagspause bei Mike.
Sie drehte den Zündschlüssel und genoss diesen Augenblick. Ein Mann, der zu Hause auf sie wartete.
Kapitel 16
Kalle schnaubte ärgerlich. Er hatte gerade den Fitnessclub in Bamberg betreten und sah auf die sich an den Geräten abkämpfenden Mitglieder. Mann, es war nach elf und die hatten alle Zeit Fitness zu betreiben. Arbeiteten die nicht? Dann aber bemerkte er, dass doch viele der Anwesenden schon im Rentenalter waren, und das wiederum versöhnte ihn und stimmte ihn fast froh. War schon toll, diese neue, gesundheitsbewusste Rentnergeneration. Nicht nur, dass sie die letzten Kriegs- und dann die Nachkriegs – und Aufbaujahre der Bundesrepublik als Kinder erlebt hatten, nein, viele von ihnen gingen lebendig mit dem Zeitgeist mit, lernten mit Handy und Computer umzugehen, schrieben E-Mails und bemühten sich um jede technische Neuerung ebenso, wie sie ihre Ernährung umzustellen gelernt hatten. Eine Powergeneration auch jetzt noch. Dabei fiel ihm ein, dass ja in dieser Altersgruppe auch die 68er langsam ankamen, die Quer- und Neudenker der Nation. Was hatten sie alles an Umdenken gelernt – erzogen von angepassten, in ihren Überzeugungen zutiefst erschütterten Eltern. Und dann entstand da plötzlich ein Erdrutsch im Umdenken, die Jugend rebellierte, also diese Generation, die hier an den Geräten die Trägheit des Alters überwand. Zu denen auch Melanie Merthens gehörte.
Die sicher ebenfalls im Internet gesurft hatte, zumindest schrieb sie E-Mails. Am Computer ihres Enkels? Oder hatte sie einen eigenen Computer oder ein Laptop, die bis jetzt verschwunden waren? Also beides möglich.
Er wandte sich an den Tresen, wo ihn eine junge Frau erwartungsvoll anschaute und nach der Schranknummer fragte, die er haben wolle. Ihr Gesicht war so glatt, so perfekt geschminkt, dass er sich unwillkürlich fragte, was in ihr wohl vorging. Nichts zu erkennen. Seltsam, einfach glatt, ohne Ecken und Kanten, ohne wirkliches Leben. Selbst die sehr schönen Augen. Aber vielleicht einfach jung. Er zückte seinen Polizeiausweis und stellte sich vor.
»Ich brauche eine Auskunft. Erfassen sie Ihre Mitglieder im Co mputer, wenn sie zum Training kommen?«
»Ja, klar. Wenn sie kommen, welchen Schrank sie benutzen, wann sie g ehen.«
Das war schon mal was. »Ich brauche eine Auskunft von letztem Sonntag. War Uwe Walther hier – vielleicht am Nachmittag? Von wann bis wann? Wenn Sie bitte nachs ehen wollen.«
Sie zögerte. »Ich weiß nicht, ob ich diese Auskunft geben darf. Muss erst einmal fragen.« In dem Moment kam ein junger Trainer mit dunklem Zopf und fröhlichen Augen aus dem Fitnessraum. »Daniel, kommst du mal?«, klang es aus dem Büro. Plötzlich lächelte die Sch öne kurz und rief in Richtung Büro: »Uwe, erst bitte hierher. Es ist wichtig!« Und dann wandte sie sich wieder an Kalle. Sie hatte gelächelt! Es ging also doch. »Noch ein Uwe. «
Der Fitnesstrainer stellte sich vor, sympathisch, blond, und offen, mit durchtrainiertem Körper. Gutaussehend, wie sein Kollege Daniel. War das hier Auflage für den Beruf, fragte er sich spöttisch. Als
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