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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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und der Schal dann auf geheimnisvolle Weise wieder in Don Marios Panda aufgetaucht war.
    Nein, lieber doch nicht.
    Das würde die Lage von Don Mario noch verschlimmern.
    Leonardo begann zu spielen, doch die Anstrengung, die Füße auf den Pedalen und die steif gewordenen Finger auf der Tastatur zu bewegen, erschöpfte ihn schnell. Er war eben noch geschwächt.
    Er gönnte sich einen Augenblick Pause. Weil ihm einfach danach war, drehte er sich auf dem Schemel um, legte die Arme auf die Balustrade und lehnte den Kopf daran. Die Kirche war seit mehr als einer Stunde geschlossen. Die einzige Beleuchtung im Raum waren die Lampen auf dem Hauptaltar und die flackernden Flammen der Opferkerzen in den Seitenkapellen.
    Vielleicht lag es an der Erschöpfung durch das Fieber oder an diesen Ereignissen, die seine Welt auf den Kopf gestellt hatten, doch zum ersten Mal, seit er diesen heiligen Ort besuchte, mit dem ihn so viel verband und wo er sich beschützt fühlte, empfand Leonardo hier Einsamkeit und Angst wie einen kalten Hauch.
    Ehe er weiter auf diese Gefühle eingehen konnte, hörte er leise Schritte auf dem Marmorboden. Er sah genauer hin, doch er konnte einige Zeit niemanden im Kirchenschiff ausmachen. Außerdem blendete ihn der Lichtschein der oberhalb der Orgel hängenden Halogenlampe so, dass er in der Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte. Plötzlich entdeckte er eine finstere Gestalt, nicht mehr als ein Schatten, der sich vor den Kerzen des heiligen Franziskus bewegte. Er kniff die Augen zusammen in dem Versuch, diesem Schatten einen Namen zu geben, während er sich instinktiv an die Balustrade presste, um nicht gesehen zu werden. Allerdings war seine Mühe vergeblich, da er mitten im Licht in einem sonst dunklen Raum auffiel wie ein Schauspieler auf einer Bühne.
    Die dunkle Gestalt durchquerte in aller Ruhe das linke Kirchenschiff. Leonardo brannten die Augen von der Anstrengung, sie im flackernden Licht der Kerzen zu verfolgen, die ihre Umrisse auch noch verzerrten.
    »Hallo, wer ist da unten?«
    Schweigen.
    »Ist da jemand?«
    Immer noch Schweigen.
    »Um diese Zeit ist die Kirche geschlossen«, sagte Leonardo mit zitternder Stimme, weil er allmählich wirklich Angst bekam.
    »Für mich ist sie das nie, Leo. Keine Sorge, ich bin’s.«
    Als er die Stimme erkannte, stieg vor Erleichterung ein hysterisches Kichern in ihm auf.
    »Ach, Gott sei Dank! Ich habe mich vielleicht erschreckt!«, rutschte ihm heraus. »Ich komme gleich runter.«
    »Ja gut, ich warte auf dich, dann können wir zusammen gehen.«
    Erst als sein Fuß die unterste Stufe berührte, wurde Leonardo klar, was da nicht stimmte.
    Dann können wir zusammen gehen? Wenn doch in einer halben Stunde die Chorprobe begann? Als er am Ende der Treppe erschien, wollte er gerade sagen, dass sie nicht gehen konnten, weil doch in Kürze die Chorsänger kommen würden, als ihm etwas Schweres auf den Kopf fiel. Leonardo fühlte keinen Schmerz, und ihm blieb nicht einmal die Zeit, Angst zu empfinden. Es war einfach so, als hätte ein Kurzschluss sämtliche seiner Lebensfunktionen auf einmal unterbrochen.
    An diesem Abend kamen keine Chorsänger. Jemand hatte jedem von ihnen eine E-Mail nach Hause geschickt.
    An die Chorsänger
An die Eltern der im Chor singenden Kinder
     
    Dieser Zeitpunkt scheint unpassend, um das heilige Osterfest mit einem Konzert zu feiern. Die Freude über die Auferstehung unseres Herrn wird in unseren Herzen sein, die im Augenblick bei unserem geliebten Pfarrer Don Mario Speroli sind, dem unsere Liebe und unser Mitleid gelten. Wir laden Sie alle ein, dafür zu beten, dass der Heilige Geist die Herzen derer erleuchten möge, die die Schuld und das Unrecht ermitteln müssen, und wir teilen Ihnen mit, dass von heute an keine Chorproben abgehalten werden, bis es neue Anordnungen gibt.
    Der Rat der Kirchengemeinde
     

KAPITEL 71
    Dienstag, 6. März, 20:30 Uhr
    Handyton Torerolied, das Nokia vibrierte.
    »Das Problem ist gelöst. Jetzt seid ihr dran. Das Paket muss bis morgen früh um sechs entsorgt sein.«
    »Das ist nicht so einfach, verdammt!«
    »Damit wir uns recht verstehen: Was sein muss, muss sein. Wir sind euch schon entgegengekommen, da jemand anders den Großteil der Arbeit getan hat.«
    »Na gut, jetzt regen Sie sich nicht auf …«
    »Ruft mich kurz an, wenn alles erledigt ist. Pass auf wegen der Karte. Wechsel sie aus.«
    »Gebongt! Aber, wann …«
    Schweigen.
    Jemand hatte aufgelegt.
     

KAPITEL 72
    Dienstag, 6. März, 22:30

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