Denn dein ist die Schuld
ausgetrunken, während der von Sandra Leoni allmählich kalt wurde. Sie spielte mit dem in sich zusammengesunkenen Milchschaum und wollte nicht mit der Sprache heraus.
»Was glaubst du, warum sind wir wohl hier?«, antwortete sie und sah ihn dabei nicht an.
»Dann rede endlich. Ich will hier nicht meinen Urlaub verbringen.«
»Was ist mit Lijuba Ivanova passiert?«
»Du meinst, mit deiner ehemaligen Kollegin von der Straße?«
»Vince, lass den Quatsch, okay?«
»Der Bericht liegt in der Akte. Aber man überlegt noch, ob sie ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird.«
»Worauf warten die denn noch? Dass man sie irgendwo zerstückelt auffindet?«
»Ganz ruhig, Leo’. Sie wird bereits beschützt. Im Moment versteckt man sie schon in einem von der Polizei bewachten Haus, und dann gibt es den Artikel 18 des Einwanderungsermächtigungsgesetzes, der ihr zum Schutz der Gesellschaft eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung zugesteht …«
»Ich meinte eigentlich, warum haben wir nichts mehr gehört, nachdem ich diese Spur nach Moldawien eröffnet habe? Nicht einmal du? Vor allem du! Und jetzt versuch mir nicht zu erzählen, die haben nicht weiterermittelt. In der ganzen Sache steckt die SCO dick mit drin. Und die Koordination der Ermittlungen hat jetzt die DDA übernommen. Na ja, ich will nichts sagen, das ist ihr gutes Recht: Es geht um die russische Mafia. Aber warum müssen wir alles aus den Dokumenten erfahren, die uns die Carabinieri weitergeben? Carabinieri, mehr sage ich nicht!«
Eine hübsche Frau war sie! Vincenzo Marino beobachtete schweigend, wie sie sich aufregte, bis ihre Blicke sich trafen und er fast in ihren Augen versank.
Sie sah sofort weg und widmete sich angelegentlich ihrem Cappuccino, trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass sie rot wurde. Er bemerkte es und lächelte.
Als sie ihn lächeln sah, wurde sie wütend.
Das alles spielte sich in wenigen Sekunden ab, keiner von beiden sagte ein Wort. Oder machte eine Handbewegung.
»Vince, die Sache entgleitet uns. Wissen wir denn nichts darüber, wie es mit den Ermittlungen in Rozzano weitergegangen ist? Wenn ich mich nicht irre, sollten wir doch eigentlich die Carabinieri unterstützen?«
»Du hast Recht. Aber nach der Selbstanzeige des Pfarrers und dem Eingreifen des Bischofs ist alles an den Staatsanwalt der DDA gegangen. Und Antonio Cassanese hat aus seiner übertriebenen Vorliebe für die SCO nie ein Hehl gemacht. Jetzt bearbeiten Laurenti und die Scurato den Fall. Ich habe ihre Berichte gesehen … Leo’, sient’a me , hör mir zu, Leo’«, Marino legte seine Hand auf ihren Arm, und seltsamerweise ließ die Leoni es geschehen, machte nicht einmal den Versuch, sich dieser warmen und gar nicht so unangenehmen Berührung zu entziehen. »Ich spreche jetzt als Freund zu dir. Im Moment sind wir nur zwei Freunde, die hier in der Bar sitzen und Cappuccino trinken. Verstanden? Gut! Die Ermittlungen sind eröffnet, und wenn uns die Vorgesetzten keine anderslautenden Direktiven oder Verbote erteilen, was bis jetzt nicht geschehen ist, haben wir das Recht, den Fall weiterzuverfolgen, und müssen uns von niemandem Befehle erteilen lassen. Also, tu lieber was, anstatt dich wegen etwas zu ärgern, das man nicht ändern kann. Heb deinen schönen knackigen Hintern vom Stuhl, geh raus, und ermittle!«
»Spinnst du?« Sandra Leonis Gesichtsfarbe spielte jetzt ins Blauviolette. »Wenn der Staatsanwalt …«
»Welcher Staatsanwalt? Die Scauri oder Cassanese? Nein, hör auf mich: Lass die Staatsanwälte außen vor. Es sind zu viele und sie verursachen nur Chaos. Falls du eine Spur hast, ein Verdachtsmoment, eine Idee, dann leg los, und tu, was du denkst. Und wenn du Genehmigungen brauchst, komm zu mir, damit wir sie besorgen. Ardazzone wartet nur darauf, dass wir ihm was bringen. Es ist ganz normal, dass du dich aufregst, Leoni. Doch Jammern führt zu gar nichts, wenn du Ergebnisse willst, musst du die Verdächtigen verfolgen und ihnen keine Luft zum Atmen lassen. Natürlich immer im Rahmen des Gesetzes und der Verfahrensordnung, sonst geht dann noch alles vor Gericht den Bach runter.«
»Okay, Vince. Wenn du mit deiner Lektion fertig bist, kann ich dann jetzt weitermachen …«
Sandra Leoni platzte fast der Kragen. Trotzdem entzog sie ihren Arm nicht Marinos Griff. Er nahm schließlich seine Hand weg. Und sah auf die Uhr.
»Nun red schon!«, forderte er sie auf.
»Wir müssen aus den beiden, die man in der Kirche geschnappt hat, Informationen
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