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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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Türrahmen lehnte, starrte sie an. »Und ich würde mir noch einmal die Dienstvorschriften durchlesen. Aber darüber reden wir später. Jetzt müssen wir uns konzentrieren. In einer halben Stunde erwarte ich dich und die anderen in meinem Büro für einen Lagebericht. Und in der Zwischenzeit rate ich dir, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Das ist ein komplizierter Fall und noch viel zu früh für Hypothesen.«
    »Von wegen! Die steckt bis zum Hals mit drin. Und während wir uns jetzt durch den Müll wühlen, ist die schon längst mit jeder Menge Kohle über alle Berge und lacht sich ins Fäustchen.«
    »Jetzt mach aber mal halblang, Leoni, o. k.?«, Marinos kühler Blick hätte auch einen Eisbären frösteln lassen. »Solange du in meinem Team bist, halt dich zurück.«
    »Ja, Chef.«
    Ein spöttisches Lächeln, sie drehte ihm den Rücken zu, und dann war Sandra Leoni verschwunden.
     

KAPITEL 29
    Freitag, 9. Februar, 15:00 Uhr
    Don Mario war einer dieser altmodischen Pfarrer, die sich nie mit den neuen Regeln abfinden würden. Er hatte sich nur mühsam an den Priesteranzug gewöhnt, den er immer mit Römerkragen trug, aber er bewahrte in seinem Schrank noch seine mit Mottenpulver konservierten Soutanen auf, da er davon überzeugt war, dass die Kirche früher oder später zu den Sitten der guten alten Zeit zurückfinden würde.
    Er war ein kräftiger, unbeugsamer Mann von massiver Statur, der kaum geneigt war, das um sich greifende mangelnde Schamgefühl der Jugend zu tolerieren. Wenn es ihn überkam, konnte er schon einmal während des Hochamts mit einem Finger wie der Ewige Vater auf Michelangelos Gemälde in der Sixtinischen Kapelle auf diese oder jene Mutter weisen, die es zuließ, dass ihre Töchter mit nacktem Bauch oder so kurzen Miniröcken umherliefen, dass man die Pobacken sah. Und damit man ihm nicht vorwerfen konnte, er habe es nicht mit der Gleichberechtigung, wetterte er auch öfter gegen Väter, die ihre Söhne so erzogen, dass sie beinahe sicher im Gefängnis landen mussten.
    Nein, Don Mario ließ niemanden ungeschoren.
    Er führte seine Pfarrkirche und das Jugend- und Gemeindezentrum mit harter Hand, und wenn ihm jemand dumm kam, dann gab er nicht nach, selbst wenn ihm schon mal alle vier Reifen seines Fiat Panda zerstochen wurden. Er hatte nur eine Schwäche: seine beiden heißgeliebten Tigerkatzen Tea und Meo, zwei fette, angriffslustige Exemplare, die mit kräftigen Muskeln und beeindruckenden Schnurrhaaren ausgestattet waren.
    »Don Mario, diese beiden haben schon wieder nicht das Katzenkistchen benutzt und in die Wohnung gemacht«, beschwerte sich die Zugehfrau empört.
    »Nur Geduld, Elvira«, antwortete er gleichmütig. »Die Menschen machen mehr Dreck, und das nicht nur auf dem Boden.«
    Ab und zu machte er sich Gedanken darüber, dass seine übertriebene Zuneigung zu diesen beiden Stubentigern Gotteslästerung sei. Aber dann genügte es ihm, ein kurzes Gebet für den heiligen Antonio Abate und den heiligen Franziskus zu sprechen, um wieder ein reines Gewissen zu haben.
    Drei Tage nach dem Verschwinden von Ivan und Martina war Don Mario nach dem Mittagessen von seinen Sorgen erdrückt auf dem Sofa im Pfarrhaus mit Tea auf den Knien und Meo, der sich neben ihm zusammengerollt hatte, eingenickt, als ein Erinnerungsfetzen permanent versuchte, sich durch die von Elviras geschmortem Hühnchen noch ganz trägen Neuronen in sein Bewusstsein zu drängen.
    Ein flüchtiger Gedanke durchzuckte sein Hirn, kaum eine Erinnerung. Er kam und ging und wühlte etwas in ihm auf, doch er blieb nicht lange genug an der Oberfläche, dass er ihn erfassen konnte.
    Es betraf Ivan.
    Etwas, das Ivan ihm gesagt hatte.
    Etwas, das vielleicht dabei helfen konnte, Ivan zu finden.
    Nur ein Gedankensplitter, der sich bohrend in das angenehme Gefühl mischte, das ihn beim Streicheln über Meos Fell durchströmte.
    Don Mario erforschte sein Gedächtnis, aber er war zu schläfrig und zu betäubt, um in seinem gallertartigen Hirn etwas erkennen zu können.
    Er schaute auf die Uhr. Nur noch eine Viertelstunde, dann musste er aufstehen. Er hatte den Kommunions- und Firmungsunterricht übernommen, obwohl er die Schüler auch den Katecheten von Azione Cattolica hätte anvertrauen können.
    Um vier Uhr kamen die Kinder, er musste also auf …
    Als er an den Katechismusunterricht dachte, fiel es ihm schlagartig ein.
    Ivan hatte ihm erst vor ein paar Tagen am Ende der Stunde eine Mausefalle gezeigt.
    Deshalb hatte er also daran

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