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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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der Polizeiarzt verschwand über die Treppe.
     
    Sam hatte der Anruf erreicht, als sie von Little Dorking auf dem Heimweg gewesen war. Früher hatte sie sich einmal geschworen, nie ein Handy zu benutzen. Mittlerweile akzeptierte sie das Gerät, weil es ihr gute Dienste leistete und sie ohne es oft aufgeschmissen wäre. Diesmal kannte sie den Ort genau, wo die Leiche gefunden worden war. Im letzten Sommer hatte sie dort mit ihrer Mutter ein Picknick veranstaltet. Es war eine der letzten Gelegenheiten gewesen, so erinnerte sie sich, bei der ihre Mutter noch sie selbst war und nicht die traurige Gestalt, als die sie nun erschien, da ihr Verstand und ihr Erinnerungsvermögen sie Stück für Stück verlassen hatten. Sam erinnerte sich daran, dass ihre Mutter in der warmen Sonne gesessen hatte, während sie selbst in den alten Ruinen herumgeklettert war. Obwohl das Kloster immer noch einen majestätischen Anblick bot, hatte der sichtbare Verfall sie betrübt. Sie hatte auf einer der wenigen noch erhaltenen Mauern gestanden und ihre Augen vor der Sonne abgeschirmt, um über die Ruinen hinweg zu ihrer Mutter hinüberzuschauen. Für kurze Zeit von dem Wissen über den langsam fortschreitenden Verfall ihres Verstandes befreit, hatte sie glücklich unter einer großen Eiche gesessen und sie hatte gut in diese Umgebung gepasst, in der das einst Beständige im gleichmäßigen Takt der Zeit langsam verging. Ein paar Gedichtzeilen von Shelley kamen ihr in den Sinn, während sie daran zurückdachte: »Mein Name ist Ozymandias, König der Könige: Seht auf mein Werk, Ihr Mächtigen, und verzweifelt!«
    Als sie den Weg zum Kloster einschlug, fiel ihr Blick auf Richard Owen. Wenigstens trug er diesmal einen Schutzanzug. Sie wollte auf keinen Fall stehen bleiben und mit ihm reden, denn sie war schon spät genug und nichts, was er ihr sagen konnte, würde ihre eigenen Nachforschungen weiterbringen. Owen entdeckte sie, winkte ihr zu und blieb stehen, um über seine Beobachtungen zu referieren. Doch sie fegte an ihm vorbei. »Tut mir Leid, Richard, keine Zeit. Ich bin spät dran. Ich werde morgen Ihren Bericht lesen.«
    Sie winkte ihm noch einmal flüchtig zu und verschwand im Gelände. Owen blickte ihr irritiert hinterher.
    Sobald sie das Gewölbe betrat, wusste Sam, dass sie es mit demselben Mörder zu tun hatte, der auch James getötet hatte. Diesmal war das Kreuz, das tief in die Bauchseite eingeritzt war, klar zu erkennen. An dem Seil, das sich in den Hals gefressen hatte, hing, wie gehabt, das Metallröhrchen von einem Windspiel. Sie betrachtete den linken Arm, der ausgestreckt auf der ihr zugewandten Seite lag. Über die Hand war eine durchsichtige Plastiktüte gestülpt, durch die man vage erkennen konnte, dass eine dunkelgrüne Efeuranke um das Handgelenk gewickelt war. Sam ging in die Hocke, zog ein paar Blätter aus der Tüte und untersuchte sie. In diesem Moment wurde ihr klar, dass der Mörder, wer immer er auch war, nichts mit Hexenkünsten zu tun hatte. Sie legte den Arm vorsichtig wieder ab, öffnete ihre Tasche und fing mit ihren Voruntersuchungen an.
     
    Constable Carver war beleidigt, weil er wegen seines Mangels an Erfahrung von den meisten aufregenden Ereignissen ausgeschlossen wurde. Als die Leiche entdeckt wurde, war fast das komplette Revier ausgerückt, um Hilfe zu leisten oder einfach nur zu gaffen. Mord war in diesem Teil der Welt immer noch ein außergewöhnliches Ereignis, das keiner verpassen wollte. Er selbst hatte es gerade bis auf den Hinterhof geschafft, da wurde er auch schon zurückgerufen. Er sollte die Gegend mit dem Wagen abfahren, während die anderen am Fundort beschäftigt waren. »Immerhin«, dachte er, »das ist besser als gar nichts!« Es war das erste Mal, dass man ihn allein mit dem Auto auf Streife schickte. Vielleicht war das seine große Chance. Vielleicht konnte er, während die anderen alle in dem Kloster hockten, die große Entdeckung machen und den Fall lösen. Damit würde er sie beeindrucken! Er fühlte sich unheimlich wichtig, wie er da langsam die Hauptstraße entlangfuhr, und hielt sich für den einzigen wirklich effektiven Gesetzeshüter weit und breit. All diese Menschen brauchten seinen Schutz und er war nicht einmal einundzwanzig – das erfüllte ihn mit Stolz.
    Während er so seinen Gedanken nachhing, erfassten seine Augen einen Schatten, der vor ihm die Straße überquerte. Ein dumpfer Aufprall und ein Jaulen vor der Kühlerhaube und er wusste, dass er etwas überfahren

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