Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
dass Sie Walter Bowmans Opfer sind. Das vergesse ich nie. Ich vergesse auch ganz bewusst nicht, dass er Holly Tackett und Maude Parrish ermordet hat.«
Vielleicht noch mehr.
»Dann sind wir ja schon zwei«, sagte sie. Peter wirkte überrascht über ihren knappen, spröden Ton, der eigentlich nicht zu ihr passte, obwohl sie ihn immer öfter Iso gegenüber anschlug.
»Ich habe schon viele Männer im Todestrakt vertreten«, sagte Blanding. »Sie sind keine Ungeheuer, keiner von ihnen. In gewisser Weise wäre es einfacher, wenn man das behaupten könnte. Sie haben ungeheuerliche Dinge getan, das streiten die meisten nicht ab. Einige sind geisteskrank, erfüllen aber nicht die Bedingungen, um auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren. Andere haben einen so niedrigen IQ , dass man sich wundert, wie sie sich überhaupt in der Welt zurechtgefunden haben. Aber alle können Reue empfinden, und das tun sie auch. Walter ganz besonders.«
Sie hätte ihm gerne geglaubt. Aber konnte Walter noch ihre anderen Fragen beantworten, wenn er sich geändert hatte? Würde er sich noch an den Mann erinnern, der er früher gewesen war, und daran, warum er sie nicht wie die anderen behandelt hatte? Falls es wirklich einen neuen Walter gab, konnte er den alten dann noch erklären?
»Kommen wir zur Sache«, bat Peter. »Wie kann sie ihn sehen?«
Blanding spielte auf seinem Tisch mit einem Set aus Kugelschreiber und Bleistift, das aussah, als hätte ihm ein Kind etwas Edles schenken wollen. Seinen Kaffee trank er aus einem klobigen, knallgrünen Becher, den liebende, aber nicht besonders geschickte Hände geformt hatten. »Es wäre nicht schlecht, wenn sie in Virginia jemanden mit Vitamin B kennen würden. Beziehungen können einiges bewirken.«
Peter erstarrte. »Ich war früher Journalist, jetzt arbeite ich in der Finanzbranche. Solche Beziehungen habe ich nicht, und sie sind auch nicht mein Ding. Ich halte nichts von Gefälligkeiten.«
»Aber Ihre Chefs, deren Freunde …«
»Wissen nichts über mich«, sagte Eliza. »Über Walter und mich.«
»Mrs. Benedict …«
»Eliza, bitte.«
»Meine Meinung? Wenn die Hinrichtung näher rückt, wird es für Sie schwieriger, anonym zu bleiben. Ihr Leben soll nicht durch etwas bestimmt werden, was Ihnen als Teenagerin passiert ist, das verstehe ich. Wenn Sie noch in London oder zumindest am anderen Ende des Landes leben würden, würde das vielleicht auch funktionieren. Vielleicht. Aber die Hinrichtung wird Erinnerungen und Interesse wachrufen. Höchstwahrscheinlich wird jemand versuchen, Sie über Ihre Eltern oder Ihre Schwester aufzuspüren, die ihren Namen nicht geändert haben.«
»Bei Ihnen klingt es, als wäre ich untergetaucht«, sagte Eliza gereizt. Sie hatte ihre Vergangenheit nie geleugnet. Sie hatte nur beschlossen, sich nicht von dieser einen Sache bstimmen zu lassen.
»Sind Sie das nicht?«, fragte Blanding sanft.
»Nein. In der Highschool habe ich meinen Namen abgekürzt, um … Komplikationen zu vermeiden. Dann wollten Peter und ich heiraten, und na ja, wie gut kennen Sie Jane Austen? Können Sie sich vorstellen, wie es ist, so herrlich nah an dem Namen Elizabeth Bennet zu sein, und sei es nur auf offiziellen Papieren? Das ist der Traum von jedem Austen-Fan.«
»Würden weibliche Austen-Fans nicht eher davon träumen, Elizabeth Darcy zu heißen?«, fragte Blanding.
In der anschließenden kurzen, angespannten Pause merkte Eliza, dass sie beide gerade entschieden, ob sie Verbündete oder Feinde sein wollten. Sie entschied sich für Verbündete und lachte. Der Kommentar war scharfsinnig und witzig. Sie wünschte, Blanding wäre ihr Anwalt.
»Tut mir leid«, sagte Blanding, »das sollte nicht heißen, Sie hätten sich versteckt. Man könnte wohl eher sagen, Sie wollen nicht gefunden werden. Und trotzdem hat Walter Sie gefunden, von Sussex I aus. Wieso glauben Sie, die Washington Post könnte das nicht auch?«
»Ich habe kein Problem damit, die Washington Post abzuweisen. Mein Problem ist, wie und wann ich meinen Kindern davon erzählen soll. Unser Sohn neigt jetzt schon zu Alpträumen, und Iso hat sich zwanghaft mit dem Thema Sterblichkeit beschäftigt, als sie etwa fünf war. Irgendwie ist nie der richtige Zeitpunkt, um ihnen von meiner Vergangenheit zu berichten.«
»Und was sagen Sie ihnen über die Todesstrafe? Dass Sie die Entscheidung des Staates Virginia gut finden, Menschen für bestimmte Verbrechen hinzurichten? Sagen Sie ihnen, dass die meisten zivilisierten Länder
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