Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
ihre eigenen Bürger nicht töten?«
»Die Erziehung unserer Kinder ist Privatsache«, schaltete Peter sich ein. »Haben Sie Kinder, Mr. Blanding?« Anders als Eliza hatte er die Hinweise im Büro, das Schreibset und den Kaffeebecher, übersehen.
»Zwei, sie sind acht und drei Jahre alt«, antwortete er.
»Dann wissen Sie ja, dass manche Dinge tabu sind und andere nichts dazu zu sagen haben.«
Blanding setzte zu einer Antwort an, aber dann beherrschte er sich. »Ich werde tun, was ich kann, weil Walter es so will und ich nicht sehe, wie es ihm schaden sollte.«
Wieder bekam Eliza ein schlechtes Gewissen, und sie fragte sich, ob man es ihr ansah. Sie machte diesem Mann nicht gerne etwas vor. »Sie werden das nicht verstehen, aber ich mag ihn mittlerweile richtig. Er denkt sehr interessant. Mir gefällt, wie er Wörter und Formulierungen auseinandernimmt. Er sieht mehr als die meisten Menschen.«
Aber was genau sieht er? Was hat er in mir gesehen?
Hand in Hand gingen Peter und Eliza zurück zum Hotel. »Hier könnte ich gut leben«, bemerkte er, um überhaupt etwas zu sagen; abgesehen davon schwiegen beide den ganzen Weg über. Eliza konnte sich nicht vorstellen, hier zu leben, obwohl sie Virginia nicht die Schuld an ihren Erinnerungen gab. Trotzdem war es seltsam gewesen, auf dem Weg hierher an Middleburg vorbeizukommen. Sie spürte, dass auch Peter bedrückt war, weil sie Blanding ihr Geheimnis vorenthalten hatten. Wenn Walter vor ihr ein Geständnis ablegte, würde Blanding ihr ihre guten Absichten nicht mehr abkaufen. Er würde sie für eine ausgemachte Heuchlerin halten, die berühmt werden wollte und bei der ganzen Sache nur an sich gedacht hatte. Aber sie durfte sich nicht davon beeindrucken lassen, was Blanding oder sonst jemand von ihr hielt. Sie tat das Richtige aus den richtigen Gründen. Beinahe.
Die Kinder wollten den restlichen Nachmittag im Schwimmbad verbringen. Von dem dunstigen, fast schon miefigen Raum mit beschlagenen Fenstern und Chlorgeruch waren sie so begeistert, wie nur Kinder es sein konnten. Eliza war nie gerne geschwommen. Sie schaffte eine passable Mischung aus Brustschwimmen und Schmetterling und war kräftig genug, um im Atlantik mit seiner starken Strömung zu schwimmen. Und als Iso klein gewesen war, war Eliza gern mit ihr an die flachen, einladenden Strände von Südtexas gefahren, wo der stete Strom von Autos weit gefährlicher war als die niedrigen Wellen, die träge an den Strand schwappten. Aber das Wasser selbst lockte sie nicht. Peter dagegen war ganz in seinem Element und sprang zu den Kindern in den Pool. Voll Bewunderung musterte sie seinen Körper; er war immer noch schlank und muskulös, obwohl ihm weniger Zeit für Sport blieb. Sie fragte sich, ob ihm ihr Körper auch noch gefiel, bevor sie kurzerhand beschloss, einfach davon auszugehen.
»Mama. Mama? Mama, Mama, Mama, Mama?«
»Was denn, Albie?«
»Kommst du auch rein?«
»Ich habe keinen Badeanzug dabei.«
»Dann komme ich raus.«
»Ist schon gut, Schätzchen, ich sehe euch gerne zu.«
Albie kehrte halb schwimmend, halb laufend zu seinem Vater zurück und ließ sich die nächste halbe Stunde fröhlich kreischend mit Schwung nach hinten werfen, immer wieder. Peter stampfte wie ein Gorilla auf die Kinder zu und grunzte dabei das Lied vom Mann am Trapez. Selbst Iso, die für solchen Unsinn doch angeblich zu groß war, bettelte kreischend vor Lachen darum, auch geworfen zu werden. Das machten sie immer wieder, ohne müde zu werden.
Mit anderen Geräuschen an einem anderen Schauplatz würde es furchterregend aussehen, dachte Eliza. Funktionierte das auch andersherum? Konnte etwas Schreckliches in einem anderen Licht betrachtet freundlich wirken? Ihr fiel eine Szene in einem Piggly Wiggly ein, als sie störrisch und bockig mit Walter über einen Snack diskutiert hatte, den er ihr aus reiner Willkür verboten hatte. Das war kurz vor dem Ende, vielleicht einen Tag bevor sie Holly am Straßenrand entdeckt hatten. Walter packte sie mit einer Hand im Nacken, fest wie ein Schraubstock.
»Wie schön, wenn Geschwister so lieb miteinander umgehen«, bemerkte die Kassiererin.
Drei Tage danach ging er mit ihr in ein nettes Restaurant, in eines mit Tischtüchern aus Leinen und Silberbesteck, und sagte, sie könne sich alles auf der Karte aussuchen. Und wieder machte die Kellnerin Walter ein Kompliment darüber, wie gut er sich um seine kleine Schwester kümmerte.
Eine Stunde später vergewaltigte er sie.
Eliza sah zu,
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