Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
Fersen. Sie starrte auf den Schlüssel in der Zündung, der an einem Türkis hing. Selbst wenn sie mit der Schaltung zurechtkam, würde sie es niemals die Serpentinen hinunter schaffen. Trotzdem streckte sie die Hand nach dem Schlüssel aus und drehte ihn, weil sie die Heizung anstellen wollte. Nein, man musste die Kupplung treten, um den Motor anzulassen, und Walter würde sauer werden, wenn sie die Heizung nur über die Batterie laufen ließ. Sie rutschte hinters Lenkrad, und nach ein paar Versuchen gelang es ihr, den Motor zu starten; dann setzte sie sich wieder auf ihren Platz. Zusammen mit der warmen Luft erfüllte ein Countrysong die Fahrerkabine: »Have I Got a Deal for You «. Wegen des Radios hatten sie und Walter eine Abmachung getroffen. Fünfundvierzig Minuten lang durfte er es einstellen, dann bekam sie fünfzehn Minuten. Er meinte, das sei gerecht, weil er älter war und der Pick-up ihm gehörte. Er könne ihr schließlich auch ganz verbieten, sich diese Popsender anzuhören; diese ganzen Sängerinnen seien ohnehin verdorben, Madonna und Whitney Houston und die Mary Jane Girls und Annie Lennox, sogar Aimee Mann, die doch nicht mehr zu erzählen hatte, als dass ihr Freund sie schlug. Von den Liedern, die Eliza mochte, gefiel ihm eigentlich nur »Everybody Wants to Rule the World «. Wenn das lief, nickte er zustimmend und meinte, das wäre genau richtig. Außerdem mochte er …
»Warum hast du den Motor angemacht?«, fragte Walter. Sein Gesicht war zerkratzt, und sein Atem ging schwer. »Du weißt doch, dass du das nicht sollst. Du verschwendest Benzin.«
»Ich habe gefroren.«
»Warum zitterst du dann immer noch?«
Das hatte sie nicht einmal bemerkt. Aber sie zitterte wirklich, und bei ihrem lauten Zähneklappern war es ein Wunder, dass sie die Musik noch hörte.
Teil VII
Everybody wants to rule the world
1985 veröffentlicht
Platz 1 in der Billboard Hot 100 am 8. Juni 1985
Hielt sich 24 Wochen lang in der Billboard Hot 100
Kapitel 41
»Sollen wir mal anhalten?«, fragte Vonnie. »An der nächsten Ausfahrt gibt es eine ganze Reihe von Läden, und wir liegen gut in der Zeit.«
»Ich habe keinen Hunger.«
»Da ist ein Dairy Queen.« Beim Sprechen zog sie die Vokale in die Länge, sie wusste, womit sie Eliza locken konnte. »Und ein Cracker Barrel.«
»Ist schon gut.«
»Und wer weiß, vielleicht finden wir auch ein Stuckey’s.«
Eliza musste lachen. »Die scheußliche Erdnussstange, die du unbedingt haben musstest …«
»Die wollten wir beide.«
»Sie war grauenhaft, und Dad hat mal wieder seine fünf Minuten bekommen und gemeint, wir müssten sie aufessen, weil wir so gedrängelt haben, und es gäbe im ganzen Urlaub keine anderen Süßigkeiten, bevor wir sie geschafft hätten.«
Vonnie ahmte ihre Mutter nach. »Ach, Manny, die Mädchen haben bestimmt ihre Lektion gelernt.« Dann wechselte sie in eine tiefere Oktave. »Sie müssen mal begreifen, dass man nicht gierig sein und so viel verschwenden darf. Anderswo verhungern Kinder.«
»Und am zweiten Abend in dem – wie hieß das noch?«
»Martha Washington Inn. In Abingdon.« Vonnie hatte Eliza mit ihrem Gedächtnis schon immer beeindruckt, aber vielleicht war das auch nur eine Begleiterscheinung davon, dass sie sich bei allem sicher war. Sie glaubte, dass sie recht hatte, und niemand zweifelte daran. »Dahin haben sie uns geschleppt, weil es da ein gutes Theater gab und sie mal wieder der Ansicht waren, wir wären Banausen.«
»Bei dir nicht, auf keinen Fall.«
»Doch, bei mir auch. Die Bücher, die ich zum Spaß gelesen habe, fand Dad grauenhaft, und du hast als Kind gar nicht gelesen. Deshalb sind sie mit uns nach Abingdon gefahren, damit wir uns Von Mäusen und Menschen ansehen. Das Stück war nicht schlecht, aber es war kein Vergleich zu dem Theater, als wir versucht haben, die Erdnussstange in dem putzigen, altmodischen Hotelklo runterzuspülen. Wir hätten einfach die Bettpfanne aus Keramik benutzen sollen, die als Dekoration im Zimmer stand.«
Natürlich. Deshalb hatte Eliza ein paar Jahre später mit Steinbeck angefangen. Schon mit ihren gerade elf Jahren hatte das Stück sie berührt. Das war 1981 gewesen, im ersten Jahr von Reagans Regierung, und ihre Eltern waren sich im eigenen Land wie im Exil vorgekommen, nicht mehr im Einklang mit den Zeiten und Werten. Ihr Vater neigte zu solchen Launen, kleinen Krisen, ausgelöst durch die moderne Kultur. Er schien zu glauben, seine Kinder würden von einem Strom billiger
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