Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
was er hatte. Noch ein Beweis dafür, wie ungerecht das Leben war. Und ein Beweis, dass ein bisschen Glück längst überfällig war. Nicht nur überfällig, sondern redlich verdient.
Kapitel 40
Eliza ließ sich langsam aufs Bett sinken. Ihr ganzer Körper schmerzte, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Zumindest einen Mütter-Marathon hatte sie hinter sich. Oder einen Biathlon, wenn man Trudy Tackett mitrechnete, aber wie sollte man den zweiten Teil nennen?
Wortlos begann Peter, ihr die Schultern zu massieren. Sie war dankbar, dass er nicht weiter über den Nachmittag reden wollte und sie damit in Ruhe ließ.
»Sie haben nicht angerufen«, hatte Trudy mit vorwurfsvollem Unterton gesagt. Damit stand Eliza an diesem Tag schon der zweiten älteren Frau gegenüber, die von ihr, ihrem Verhalten, ihrer Erziehung enttäuscht war. »Ich habe gewartet, aber als ich nach ein paar Tagen noch nichts von Ihnen gehört hatte, war mir klar, dass Sie nicht anrufen würden.«
»Ich hatte nichts zu sagen.«
»Mir nicht. Wie ich höre, haben Sie viel mit einem alten Bekannten von uns gesprochen.«
Eliza war beinahe froh über die beschämende Fahrt zur North Bethesda Middleschool. Sie gab ihr einen Grund, zumindest Iso gegenüber den beherrscht bedächtigen Ton anzuschlagen, den sie jetzt brauchte. »Iso, geh in dein Zimmer. Es wird dich nicht überraschen, aber du hast wieder Hausarrest. Darüber sprechen wir später. Albie, Reba sitzt schon die ganze Zeit drinnen und du auch. Geh doch mit ihr in den Garten.«
Beide Kinder gehorchten, aber Iso wirkte überrascht, als könnte sie die Reaktion ihrer Mutter nicht nachvollziehen. Eliza wartete darauf, dass die Hintertür quietschte und Isos Zimmertür knallte. Aber Iso schloss ihre Tür anständig leise. Sogar so leise, dass Eliza die halbe Treppe hinaufging und nachsah, ob sie wirklich geschlossen war, bevor sie zurückkehrte und die Tür zum Esszimmer zumachte.
»Was haben Sie ihr erzählt?«
»Nichts, sie hat mir etwas erzählt. Ich bin die Mutter einer alten Schulfreundin – das hat sie von Ihnen. Sie hat wunderbare Manieren. Kommt das von der Erziehung in England? Sie hat viel von London erzählt.«
»Ja, sie vermisst England.« Hat man mir zumindest gerade gesagt , dachte Eliza. Vertraute sich Iso jedem außer ihrer Mutter an? Könnte Trudy ihr etwas über diesen siebzehnjährigen Simon sagen, mit dem Iso über das geklaute Handy in Kontakt geblieben war? »Was haben Sie zu ihr gesagt? Was wollen Sie, Mrs. Tackett?«
»Ich will sichergehen, dass Sie nichts vorhaben.«
»Was sollte ich vorhaben?«
»Ich weiß, dass Sie mit ihm reden. Streiten Sie das nicht ab.«
»Das tue ich nicht. Ich bin Ihnen aber auch keine Rechenschaft schuldig.«
Trudy Tacketts mühsam bewahrte Fassung zeigte die ersten Risse. »Und ob Sie das sind. Ohne Sie würde meine Tochter noch leben.«
»Nein«, widersprach Eliza. »Nein.« Sie legte den Kopf schief. Hatte gerade jemand im Flur eine Tür geöffnet? Waren Albie und Reba wieder im Haus? Leise sprach sie weiter. »Ich konnte Holly nicht retten. Es tut mir leid, wenn Sie etwas anderes glauben, aber es ist die Wahrheit.«
»Sie retten? Sie waren seine Komplizin. Sie haben Holly in sein Auto gelockt. Ohne Sie hätte Holly nie mit ihm geredet. Sie war nicht so dumm, sich mit irgendeinem fremden Kerl abzugeben. Sie haben das alles erst möglich gemacht.«
»Mrs. Tackett, es ist nicht meine Schuld, dass ich dort war. Es ist nicht meine Schuld, dass ich gewohnt war zu tun, was er mir gesagt hat. Ich war fünfzehn, nicht viel älter als Ihre Tochter.«
»Holly war jung für ihr Alter. Sie war noch ein Kind, auch wenn sie nicht so ausgesehen hat, und Sie haben sie diesem Monster ausgeliefert.«
Eliza umklammerte Isos abgekühlten Tee mit beiden Händen. Das Schlimmste an diesem Gespräch war, dass sie es verstehen konnte. Sie wusste, was in Trudy Tackett vor sich ging, und sie konnte es ihr nicht vorwerfen. Wenn Iso das Gleiche zugestoßen wäre, wäre Eliza am Boden zerstört und würde verzweifelt nach einem Grund suchen, nach jemandem, dem sie die Schuld geben konnte.
»Es tut mir leid. Das müssen Sie mir glauben. Aber Sie müssen auch glauben, dass ich genauso Walters Opfer war.«
»Warum reden Sie dann mit ihm? Und überlegen auch noch, ihn zu besuchen?«
Offenbar kannte Trudy Tackett jemanden im Gefängnis. Sicher hätten ihr weder Jefferson Blanding noch Barbara LaFortuny Geheimnisse anvertraut. »Weil er es will.«
»Wieso
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