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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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dort mit ihren bauchfreien Tops und kurzen Shorts fast schwindlig. Er lehnte sich gegen das Geländer im ersten Stock und beobachtete, wie sie unten träge ihre Bahnen zogen, in die Imbisshalle huschten, wo sie kurz die Jungs trafen, um danach in den Ladenbereich zurückzukehren. Die Jungen wirkten verdutzt über diese sprunghaften Wesen. Sie waren zu unreif, sie konnten den Mädchen nicht geben, was sie wollten.
    Aber das konnte auch er nicht, wenn er nicht eine allein erwischte und die Gelegenheit bekam, Süßholz zu raspeln. Dieses Mal würde er es langsam angehen, ganz langsam.
    Er kam an einem umzäumten Schwimmbecken vorbei, suchte sich eine Stelle auf dem Parkplatz und warf verstohlen Blicke durch den Maschendrahtzaun. Die Mädchen hier wirkten wie verwoben miteinander. Sie berührten sich nicht, aber unsichtbare Fäden schienen sie zu verbinden, ihre Körper bewegten sich in müßigem Gleichklang. Sie drehten sich gleichzeitig um, setzten sich gleichzeitig auf, kämmten sich im gleichen Moment das Haar. Auch um diese Mädchen schwirrten Jungs, töricht und unterwürfig. Sie hatten keine Chance.
    Er schnappte den missbilligenden Blick einer älteren Frau auf, einer Mutter mit ledriger Haut, und zog weiter.
    Als er beinahe aufgegeben hatte und überlegte, wie er die lange Strecke mit dem Pick-up erklären sollte – er konnte tanken, aber den Tacho nicht um hundert, hundertzwanzig, hundertfünfzig Kilometer zurückdrehen –, sah er das richtige Mädchen. Groß, üppig, mit einem Gang, als wäre ihr Körper noch neu, als hätte sie ihn von jemandem geliehen und müsste ihn abends in gutem Zustand zurückgeben. Sie lief auf dem Gehweg eines Viertels, das wie eine Geisterstadt wirkte; es war so verlassen und still, als wären sie die letzten Menschen auf Erden. Er hielt an und fragte sie dank einer plötzlichen Eingebung nach dem Weg zum Einkaufszentrum, obwohl er ihn kannte. Vom Gesicht her war sie nicht so hübsch, wie er gehofft hatte – Earl, der andere Mechaniker in der Werkstatt seines Vaters, pflegte solche Mädchen als »Gesichtsbaracke« zu bezeichnen. Dafür setzte sie einen rührend ernsten Ausdruck auf, als wollte sie ihm auf keinen Fall eine falsche Auskunft geben. Aber sie vertauschte immer wieder die Straßennamen und versuchte, ihm den Weg über Anhaltspunkte zu erklären, die er nicht kennen konnte – das Haus der Baileys, der Kindergarten, den ihre Schwester besuchte, das Geschäft der Familie High.
    »Ehrlich gesagt komme ich da nicht ganz mit«, gestand er mit einem verlegenen Lächeln. »Willst du in die gleiche Richtung? Vielleicht kannst du mir den Weg zeigen.«
    Nein, nein, so weit wollte sie nicht. Sie musste nur zum Bus zur Route 40.
    Konnte er sie wenigstens bis dahin mitnehmen?
    Die Sonne brannte so stark, dass alles weiß und unwirklich aussah. Blass, wie das Mädchen war, verbrachte es die Nachmittage nicht am Pool. Sie war auf dem Weg zur Arbeit. Er könne sie zur Arbeit bringen, bot Walter an, und dann könne sie ihm den Weg aufmalen auf – wo arbeitete sie?
    »In einer Eisdiele.«
    »Friendly’s? Swensen’s? Baskin-Robbins?«
    »Sie gehört zu keiner Kette. Der Laden ist ein bisschen altmodisch.«
    Dann könne sie ihm den Weg auf eine Serviette zeichnen, wenn er sie abgesetzt hatte. Sei das ein Angebot?
    Er wartete, bis sie im Fahrerhaus saß und sie ein kurzes Stück gefahren waren, dann merkte er an, sie werde vermutlich zu früh bei der Arbeit sein. Sie hatte den Bus nehmen wollen, und im Bus hätte sie viel länger gebraucht als im Auto auf dem direkten Weg. Er habe Hunger, behauptete er und fragte, ob sie ebenfalls hungrig sei und er irgendwo anhalten und ihnen etwas holen solle.
    Sie antwortete, sie könne bei der Arbeit umsonst essen.
    Prima, das sei ja toll, aber natürlich erwarte er nicht, dass das auch für ihn galt.
    »Das geht auch nicht«, erwiderte sie. »Der Chef passt genau auf, er achtet immer darauf, dass die Mädchen niemandem etwas ausgeben.«
    »Ihren Freunden, meinst du?«, fragte er, und sie errötete zutiefst. »Hast du einen festen Freund?«
    Sie dachte über die Frage nach, was ihm seltsam vorkam. Für ihn war das eine klare Ja-oder-nein-Frage. Vielleicht hatte sie einen Freund, der sie nicht befriedigte. Vielleicht wollte sie mit ihm Schluss machen, war aber zu mitfühlend und wollte seine Gefühle nicht verletzen. Was für ein liebes Mädchen.
    »Aber wir haben nur Eis«, sagte sie, ohne seine Frage zu beantworten, »keine Burger oder Hotdogs oder

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