Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
nicht. Also denk erst mal nicht mehr daran. Wo liegt denn eigentlich das Problem?«
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Sorgen konnte sie nicht einfach vergessen, indem sie Tee trank und ihre geliebten Kekse aß. Sie war nicht Albie.
»Ich sehe das so«, sagte Peter. »Walter will direkten Kontakt zu dir haben. Der Wunsch steht ihm nicht zu, und das weiß er. Das schreibt er auch. Aber indirekt droht er dir. Er rückt immer näher, er zeigt dir, wie viel er über dich erfahren hat und dass er über diese LaFortuny an deine Familie herankommt. Wenn er dir offen drohen oder auch nur etwas verlangen würde, könntest du dich bei der Gefängnisverwaltung beschweren. Schon für seine bisherigen Aktionen könntest du ihm Probleme bereiten. Das tust du nicht, weil für dich mit jeder Person, die deine Vergangenheit kennt, die Gefahr größer wird, die Geschichte könnte herauskommen. Und das macht dir Sorgen, weil die Kinder nichts erfahren sollen.«
»Auch sonst niemand. Die Leute werden anders, wenn sie davon wissen.« Ihr fiel das einzige Mädchen ein, dem sie sich an der Highschool zumindest teilweise anvertraut hatte, und wie hässlich es geworden war, als den beiden der gleiche Junge gefiel. Die andere wusste, dass Eliza vergewaltigt worden war, und setzte Gerüchte in Umlauf, sie wäre eine Schlampe, die es mit jedem trieb, weswegen sich der Junge für sie entschieden hätte.
»Walter will dich sehen«, wiederholte Peter. »Und die Briefe, die Anrufe, seine Komplizin, das alles soll dir zeigen, dass er vielleicht an die Öffentlichkeit geht, wenn du ihn nicht besuchst. Oder dass er ein Interview gibt. Oder wieder Hinweise darauf streut, wie viele Mädchen er tatsächlich ermordet hat. Ich glaube ja, dass die Zeitungen aus Washington und Baltimore deine Privatsphäre schützen, wenn du nicht mit ihnen reden willst. Aber wie du richtig sagst, gibt es auch genug, die nicht so anständig wären. Meiner Meinung nach will Walter andeuten, dass er dir das erspart, wenn du ihn besuchst.«
»Das ist so ungerecht.«
»Ist es. Aber du musst dich nach dem richten, was du willst, nicht nach irgendwelchen Grundsätzen. Du willst den Kindern noch nicht erzählen, was du erlebt hast, aber sie sollen es auch nicht von jemand anderem hören. Wie kannst du das Ziel am besten erreichen?«
»Vielleicht will Walter Geld, um sich Privilegien zu erkaufen oder Dinge, die er sich allein nicht leisten kann.«
»Vielleicht. Aber seine Freundin Miss LaFortuny ist doch wohlhabend, oder? Ich glaube, Walter wäre beleidigt, wenn du ihm Geld anbietest.«
»Walter hat kein Recht, wegen irgendetwas beleidigt zu sein, das ich tue.«
»Stimmt. Walter hat auf nichts ein Recht. Und wenn du aushalten kannst, was passiert, wenn du ihn ignorierst, dann mach das. Wenn du den Kindern in einer jugendfreien Fassung erzählen willst, was dir passiert ist, als du fünfzehn warst, stehe ich hinter dir. Wir können sogar deine Eltern bitten, uns ein paar Experten auf dem Gebiet zu nennen, und uns Rat holen, wie wir darüber reden sollen. Wir haben immer gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Wir haben nur nicht damit gerechnet, dass Walter den Zeitpunkt vorgibt.«
»Nein«, sagte Eliza. Sie knabberte bedächtig an ihrem Keks, damit sie länger etwas davon hatte. »Albie verkraftet das nicht, und Iso kann es nicht für sich behalten, wenn wir es nur ihr erzählen.«
»Iso kann Geheimnisse sehr gut für sich behalten. Meiner Erfahrung nach zu gut.«
»Ihre eigenen«, sagte Eliza, die an ihre durchwühlte Handtasche dachte. »Nicht die von anderen. Außerdem würde sie es ihm vielleicht erzählen, damit er sich aufregt.«
»Na gut, das wäre eine Möglichkeit. Die andere ist, nichts zu tun und abzuwarten, was passiert, womit wir uns im Grunde der Gnade von Walter und dieser unberechenbaren Miss LaFortuny ausliefern.«
Eliza verzog das Gesicht. Sie mochte die Frau nicht und hatte gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil LaFortuny anscheinend gute Absichten hegte. Dennoch hatte sie etwas Unheimliches an sich.
»Die letzte Möglichkeit wäre, Walter den direkten Kontakt zu dir zu ermöglichen. Mit einem Anruf oder einem Besuch. Ein Brief hat ihm offensichtlich nicht gereicht.«
Der Teekessel pfiff. Er hatte Elizas Mutter gehört, ein alberner, anachronistischer Gegenstand, typisch späte Siebziger. Er bestand aus Emaille und sollte aussehen wie ein Kugelfisch. Inez fand ihn schon kurz nach dem Kauf scheußlich. Eliza fand ihn auch scheußlich, aber als sie
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