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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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bemerken, und die Schüler melden es nicht gerne. Aber diese körperlichen Übergriffe kann man wenigstens sehen. Bei subtilem Mobbing geht es um Ausgrenzung, man zeigt anderen Schülern, dass sie nicht erwünscht sind.«
    »Hat Iso …?«
    »Das lässt sich im Moment nicht sagen. Und wir sind bereit, das den kulturellen Unterschieden zwischen ihrer alten Schule und der North Bethesda Middle zuzuschreiben.« Sie sprach den Namen der Schule aus, als sollte er in goldenen Lettern geschrieben stehen, flankiert von Engeln mit kleinen Posaunen. North. Bethesda. Middle! Das war der einzige anmaßende Zug in ihrem sonst bodenständigen Auftreten.
    »Was erwarten Sie jetzt von mir?«
    »Ich würde Ihnen gerne dasselbe Material geben, mit dem unsere Lehrer arbeiten.« Die Direktorin reichte Eliza einen dicken Umschlag. »Wir sind, wie gesagt, nicht sicher, was passiert ist. Das Mädchen, um das es geht, schwört, es sei nur ein Missverständnis. Eines der Probleme bei dieser Art von Mobbing besteht darin, dass die Opfer es für so etwas wie ein Aufnahmeritual halten. Das Kind – und die Schüler hier sind Kinder, auch wenn sie sich schrecklich erwachsen vorkommen – glaubt, wenn es alles bereitwillig über sich ergehen lässt, wird es in den inneren Zirkel aufgenommen.«
    »Hat das Mädchen eine Behinderung?« Eliza versuchte, sich an Isos Geschichte über ihre Klassenkameradin zu erinnern, der sie zum Geburtstag eine iTunes-Karte schenken wollten.
    »Wie bitte?«
    »Schon gut. Ich musste nur an eine Mitschülerin denken, von der Iso erzählt hat.«
    »Das Mädchen ist nicht behindert. Sie ist nicht so klug und sportlich wie Iso, aber genau darum geht es. Das ist nun mal nicht jeder. Seltsamerweise scheint Iso insgeheim an ihrer Beliebtheit zu zweifeln, als hätte sie Angst um ihre Stellung, vielleicht weil sie noch neu ist. Ich vermute, dass sie dem Mädchen deshalb gesagt hat, es dürfe sich nicht zu ihnen setzen.«
    »Mehr nicht? Sie hat ein Mädchen aus ihrer Klasse gebeten, sich nicht zu ihnen zu setzen?«
    »Das ist mehr als genug«, beschied Roxanne Stoddard so streng und enttäuscht, als hätte Eliza gesagt: Mehr nicht? Nur ein Joint in der Umkleide? Mehr nicht? Nur eine Oralsexparty mit dem Ringerteam?
    »Ich muss das natürlich erst mal lesen.« Sie tätschelte den Umschlag wohlwollend, als wäre darin ein Roman, mit dem sie sich am liebsten sofort in eine ruhige Ecke verzogen hätte. »Aber Mensacliquen gab es doch schon immer, das wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern.«
    »Mrs. Benedict, wir dulden absolut kein Mobbing. Wegen der Unklarheiten in diesem Fall haben wir« – das königliche Wir? Ein Komitee? Ein Tribunal? – »entschieden, die Mindeststrafe nicht zu verhängen. Hätte dieser Verstoß nachweislich stattgefunden, hätte Iso nachsitzen müssen und wäre einen Monat lang von allen schulischen Aktivitäten ausgeschlossen worden. Das ist die Mindeststrafe. Die höchste wäre eine Suspendierung.«
    Eliza war hin- und hergerissen. Ihr war klar, dass diese Regelung durchaus berechtigt war. Aus eigener Erfahrung wusste sie, wie arrogant gleichgültig ihre Tochter anderen gegenüber sein konnte. Sie war entsetzt, dass Iso wie viele beliebte Mädchen ihre Macht darauf baute, andere auszugrenzen. Aber genügte das als Grund für eine Suspendierung? Kinder mussten lernen, auch mal etwas auszuhalten, sie brauchten ein Umfeld irgendwo zwischen mit Watte ausgepolsterten Eierkartons und dem Herrn der Fliegen .
    »Es tut mir leid, Mrs. Stoddard. Isos Vater und ich werden ihr die Regeln und auch die Konsequenzen bei Verstößen klarmachen. Wie Sie schon sagen, so etwas läuft subtil.«
    Die Direktorin lächelte, wieder ganz hilfsbereit. »Im Grunde ist sie ein liebes Mädchen. Und Kinder gewöhnen sich zwar schnell ein, trotzdem hat sie gerade eine große Umstellung hinter sich. Es sollte mich nicht wundern, wenn sie etwas Heimweh nach London und ihrer alten Schule hat. Das würde ihre Launen schon zum großen Teil erklären.«
    »Ihre Launen?« Eliza hatte angenommen, Iso würde nur zu Hause so mürrisch auftreten. Mit ihren Freundinnen und Teamkolleginnen war sie fröhlich und großzügig.
    »Sie wirkt manchmal etwas zerstreut. Aber das ist, wie gesagt, sicher nur die neue Umgebung. Im Unterricht macht sie sich sehr gut.« Die Direktorin warf einen Blick auf die Uhr. »Apropos – der Unterricht dauert nur noch eine Dreiviertelstunde. Nehmen Sie Iso doch mit nach Hause. Wenn ich sie zurück in die Klasse

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