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Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Titel: Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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dafür seinen Beruf aufgeben musste oder gar sein ganzes gewohntes Leben.
    Er würde nie erfahren, ob Tony Novak moralisch im Recht gewesen war, als er versucht hatte, seine Tochter zu entführen, doch eines wusste er genau: Wenn die Alternative wäre, Kit seinen Großeltern zu überlassen, dann würde er ganz genauso handeln.
     
    Es war schon Abend, als er nach Notting Hill zurückkam. Die Dämmerung schlich bereits um die Ecken des braunen Hauses mit der kirschroten Tür, und in den Fenstern schien ein warmes, freundliches Licht.
    Die Hunde bellten, als er die Tür aufsperrte, und sprangen schwanzwedelnd an ihm hoch. Er begrüßte sie und ging gleich weiter in die Küche. Gemma stand am Tisch, sie trug noch ihre Dienstkleidung und sah gerade die Post durch.
    »Wo sind die Jungs?«, fragte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Oben.« Sie sah ihn an und runzelte besorgt die Stirn. »Wo bist du gewesen? Du bist nicht ans Telefon gegangen, und Doug sagte, du wärst nicht im Büro.«
    »Ich habe Bob und Eugenia besucht. Sie werden keinen Millimeter nachgeben, Gemma. Sie sind fest entschlossen, ihn uns wegzunehmen, und das werde ich nicht zulassen. Es ist mir egal, was ich dafür tun muss – und wenn es bedeutet, dass ich den Beruf aufgeben muss. Wenn wir irgendwo anders hingehen müssen, und ganz von vorne anfangen, würdest du …«
    »Das würdest du für mich tun?« Es war Kit, der plötzlich in der Küchentür stand.
    Kincaid drehte sich um und sah die freudige Überraschung im Gesicht seines Sohnes, die aufkeimende Hoffnung.
    »Ja. Du bist mein Sohn, Kit. Ich gebe dich nicht her.«

    »Und …« Kit zögerte kurz und schien dann zu einem Entschluss zu kommen, »Und wenn ich den Test machen lasse? Würde das helfen?«
    »Schon möglich. Aber ich dachte, du wolltest das nicht …«
    »Und wenn es nicht stimmt, wenn ich gar nicht wirklich dein Sohn bin, würdest du dann immer noch …«
    »Kit, glaubst du vielleicht, dass ich Toby weniger liebe, bloß weil unsere Gene nicht identisch sind?« Er blickte sich zu Gemma um und sah Tränen in ihren Augen schimmern. »Das einzig Wichtige ist, dass wir eine Familie sind. Wir halten zusammen, okay?«
    Kit atmete tief durch und grinste. »Also gut, okay. Dann mach ich’s.«
     
    Zur Feier des Tages ließen sie für die Jungen Pizza von ihrem Lieblingsitaliener kommen und spielten eine Runde Scrabble im Wohnzimmer. Es ging hoch her; das Geschrei der Jungen mischte sich mit dem Bellen der Hunde, und Kit strahlte eine ansteckende Fröhlichkeit aus, die Kincaid neu war. Er fragte sich, ob er seinen Sohn jetzt zum ersten Mal so erlebte, wie er gewesen war, bevor die Trauer in sein Leben getreten war.
    Toby, aufgeputscht durch die ganze Aufregung, deren Grund er nicht verstand, hüpfte wie ein Pingpongball im Zimmer umher, bis Gemma ihn schließlich lachend nach oben scheuchte und in die Wanne steckte.
    Später, als beide Jungen im Bett waren und Gemma in Kincaids Armen lag, fragte sie: »Ob der Test ausreicht, was meinst du?«
    »Ich hoffe es. Warten wir’s ab.«
    Sie drehte den Kopf, bis sie sein Profil in der Dunkelheit erkennen konnte. »Und hast du das wirklich ernst gemeint, was du vorhin gesagt hast – dass du bereit wärest, alles aufzugeben?«
    Kincaid hatte das Gefühl, am Rand einer Schlucht zu stehen, und er stellte fest, dass er bereit war, den Sprung zu wagen.
Kits Entscheidung bedeutete, dass ihm eine Gnadenfrist gewährt war, aber jetzt wusste er, dass es ihm nicht an Mut fehlte, sich ins Unbekannte zu stürzen. »Ja, ich glaube schon.«
    »Auch die Arbeit?«
    Er fuhr mit der Fingerspitze die Konturen ihrer nackten Schulter nach. »Ich denke doch, dass ich nicht nur aus meiner Arbeit bestehe.«
    »Oh, ich bin überzeugt, dass du aus wesentlich mehr bestehst«, sagte sie leise und küsste ihn.
    Erst viel später, als er dösend neben ihr lag und auf ihren Atem lauschte, der langsam in den stetigen Rhythmus des Schlafs hinüberglitt, fiel es ihm plötzlich ein. Als er sie vorher gefragt hatte, ob sie bereit sei, das Leben aufzugeben, das sie sich zusammen aufgebaut hatten, da war sie ihm die Antwort schuldig geblieben.
     
    Harriet hatte zwei Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben müssen. Ihr gebrochener Arm war gerichtet worden, und die Ärzte hatten gesagt, sie brauche jetzt vor allem viel Flüssigkeit und Ruhe. Sie hatte kaum Erinnerungen an den ersten Tag, nur an ihren Vater, wie er unrasiert und mit hagerem Gesicht an ihrem Bett gesessen hatte.

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