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Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Titel: Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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dich um einen Gefallen bitten.«
     
    Er mischte sich unter die Menge, hielt sich aber immer am Rand auf und achtete strikt darauf, eine unbeteiligte Miene zur Schau zu tragen und nicht zu gierig zu starren. Letzte Nacht hatte er sich vom Tatort entfernt, bevor die Feuerwehr eingetroffen war – zu bleiben, um sich das Feuer anzuschauen, war ein Luxus, den er sich längst zu versagen gelernt hatte -, und er war erst weit nach Tagesanbruch zurückgekehrt, als sie schon mit den Aufräumarbeiten begonnen hatten.
    Ein entschlossenes Auftreten war ein wesentlicher Teil seiner Tarnung. Ein Morgenkaffee, ein Gang zum Bäcker und zum Zeitungskiosk – er hatte sogar absichtlich im Vorbeigehen einen der Kriminalbeamten gestreift, als dieser sich gerade im Eingang eines Bürogebäudes untergestellt hatte, um zu telefonieren.
    Er hatte natürlich das Eintreffen der Ermittler beobachtet und leise geschmunzelt, als sie begonnen hatten, in den Trümmern nach den Spuren zu suchen, die er nicht hinterlassen hatte.
    Er hatte auch die Pathologin gesehen und ein wenig überrascht beobachtet, wie sie den Leichensack abtransportiert hatten. Die Leiche war eine Premiere für ihn, ein Bonus, fast so etwas wie ein Lottogewinn. Er empfand keine Reue, nur Neugier und einen unverhofften Kick. Die Zukunft würde vielleicht interessanter werden, als selbst er geglaubt hatte.

4
    Der Stadtbezirk von Southwark … bestehet aus allerlei
Straßen, Wegen und gewundenen Gässchen, alle ganz mit
Häusern angefüllet. Als Tribut an den König liefert dieser
Bezirk etwa … achthundert Pfund, welches mehr ist, als
jede andere Stadt in England entrichtet, mit Ausnahme
Londons.
     
John Stowe, Überblick über London (1598)
     
     
    Maura Bell zog den Kopf ein, um sich vor dem unablässigen Nieselregen zu schützen, und verzog angewidert das Gesicht, als ihr der Geruch des feuchten Wollstoffs in die Nase stieg. Selbst in der relativ frischen Luft außerhalb des Gebäudes blieben der widerwärtige Gestank des Rauchs und der leise Verwesungsgeruch in ihrem Mantel hängen. Und dabei war er doch ganz neu; sie hatte sich die Ausgabe sorgfältig überlegt, und an diesem Morgen hatte sie das gute Stück zum ersten Mal angezogen. Das musste man sich einmal vorstellen – da hatte sie sich doch tatsächlich über den plötzlichen, für September ungewöhnlichen Temperatursturz gefreut, der ihr erlaubt hatte, den Mantel früher als geplant einzuweihen. Jetzt würde sie ihn in die Reinigung bringen müssen, sobald sie eine Gelegenheit bekam, sich umzuziehen, und selbst dann war es äußerst fraglich, ob er überhaupt noch zu retten war.
    Die Vorstellung, dass es Leute wie Farrell und Martinelli gab, die freiwillig Tag für Tag in ausgebrannten Gebäuden arbeiteten, versetzte sie in Erstaunen, doch andererseits dachten
gewiss viele Leute ganz ähnlich über ihre Berufswahl. Es gab ja auch durchaus Tage, an denen sie geneigt war, ihnen zuzustimmen – und der heutige schien auf dem besten Weg, ein solcher zu werden.
    Sie hatte die uniformierten Polizisten für die Befragung der Anwohner – beziehungsweise der in den umliegenden Gebäuden Beschäftigten – in Gruppen eingeteilt und wartete nun auf die Ankunft des Vorarbeiters der Baufirma, die mit der Renovierung des Lagerhauses beauftragt war – ein gewisser Joe Spender. Vergeblich suchte sie sich die Nässe vom Leib zu halten, indem sie den Mantelkragen hochschlug, und sie wünschte, es wäre möglich gewesen, die Ermittlungen an einem Tatort mit dem Regenschirm in der Hand zu organisieren. Aber das hätte gerade noch gefehlt – dass sie hier herumtrippelte wie Mary Poppins, während Scotland Yard sich in ihrem Revier breit machte.
    Dabei hatte der Tag eigentlich gar nicht so schlecht angefangen. Sie war früh ins Büro gefahren, um auf dem Weg von ihrer Wohnung auf der Isle of Dogs zum Revier der Rushhour zuvorzukommen. Sie fuhr lieber selbst, als den Zug oder die U-Bahn zu nehmen; die Zeit, die sie im sicheren Kokon ihres Wagens verbrachte, gestattete ihr, ihre Gedanken zu ordnen und sich innerlich auf die Arbeit vorzubereiten oder danach zu entspannen. Und wenn sie ihren eigenen Wagen dabei hatte, konnte sie jederzeit spontan einer Spur nachgehen oder einen Zeugen befragen, ohne auf den Fuhrpark des Reviers angewiesen zu sein.
    Zu ihrer Freude hatte sie als Erste auf dem Bereitschaftsplan gleich einen bedeutenden Fall zugewiesen bekommen, einen ungeklärten Gebäudebrand in Verbindung mit einem möglichen

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