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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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folgenden Punkt nicht noch einmal ansprechen würde. Ich weiß, Sie haben es immer abgelehnt, dass wir mit der Staatsanwaltschaft über ein Schuldeingeständnis verhandeln, aber es ist vermutlich noch nicht zu spät, mit ihnen darüber zu sprechen. Wie es aussieht, droht Ihnen ein Urteil, bei dem Sie für den Rest Ihres Lebens ins Gefängnis gehen müssten. Aber ich bin ziemlich überzeugt, dass die Staatsanwaltschaft sich ihrer Sache auch nicht ganz sicher ist. Ich denke, ich könnte sie überzeugen, das Strafmaß auf zwanzig Jahre zu beschränken. Das ist eine lange Zeit, ich weiß, aber Sie wären mit Anfang sechzig wieder draußen und hätten immer noch viele Jahre vor sich.«
    »Zwanzig Jahre!« Gregg Aldrich rang nach Atem. »Nur zwanzig Jahre. Vielleicht sollten wir sie jetzt sofort anrufen. Wenn wir zu lange warten, könnte es sein, dass sie sich nicht mehr auf ein so günstiges Angebot einlassen.«
    Seine Stimme war laut geworden. Er knallte seine Serviette auf den Tisch, und als der Kellner in diesem Moment zurückkam, gelang es ihm nur mit Mühe, sich zu beherrschen. Als der Kellner wieder gegangen war, blickte er Vater und Sohn Moore nacheinander ins Gesicht und wandte sich dann an Richard: »Wir sitzen hier, in unseren Designeranzügen, in einem exklusiven Speiseraum, in einem Wohngebäude an der Park Avenue, und Sie schlagen mir vor, um mich davor zu bewahren, bis an mein Lebensende im Gefängnis zu sitzen, sollte ich lieber freiwillig die nächsten zwanzig Jahre meines Lebens dort verbringen. Und das auch nur, falls die Staatsanwaltschaft so großmütig ist, sich darauf einzulassen.«
    Er nahm seine Tasse und kippte den Espresso mit einem
Schluck hinunter. »Richard, ich werde vor Gericht erscheinen und diesen Prozess durchstehen. Ich werde meine Tochter nicht im Stich lassen. Und es gibt da noch eine kleine Sache, auf die ich hinweisen möchte: Ich habe Natalie geliebt ! Niemals wäre ich imstande gewesen, ihr so etwas anzutun. Und ich habe die Absicht, vor Gericht auszusagen, wie ich Ihnen bereits deutlich gemacht habe. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen, ich möchte versuchen, wenigstens noch ein bisschen zu schlafen. Morgen früh werde ich um acht Uhr in Ihrem Büro sein, danach werden wir gemeinsam vor Gericht erscheinen. Als Team, wie ich hoffe.«
    Die Moores blickten sich an, dann ergriff Richard das Wort. »Gregg, ich werde diese Frage nicht mehr ansprechen. Wir werden denen die Hölle heißmachen. Und ich verspreche Ihnen, dass ich Easton nach Strich und Faden auseinandernehmen werde.«

12
    A m 15. September wurde der Prozess gegen Gregg Aldrich eröffnet. Den Vorsitz hatte Richter Calvin Stevens inne, ein altgedienter Strafrichter, der erste Afroamerikaner, der an den Gerichtshof von Bergen County berufen wurde. Er galt als strenger, aber fairer Jurist.
    Kurz bevor die langwierige Auswahl der Geschworenen beginnen sollte, sah Emily zu Aldrich und seinem Verteidiger Richard Moore hinüber. Nicht zum ersten Mal ging ihr durch den Kopf, dass sich Aldrich den richtigen Mann ausgesucht hatte. Moore war ein schlanker, gut aussehender Mann, Mitte sechzig, mit vollem, grau meliertem Haar. Untadelig gekleidet in einem dunkelblauen Anzug mit hellblauem Hemd und blau gemusterter Krawatte, strahlte er eine ruhige Zuversicht aus. Emily wusste, dass er zu der Sorte von Anwälten gehörte, die eine freundliche und respektvolle Haltung den Geschworenen gegenüber an den Tag legten, und dass sie ihn sympathisch finden würden.
    Und natürlich würde er diese Haltung ebenso gegenüber jenen Zeugen an den Tag legen, die seinem Mandanten wohlgesinnt waren. Seine schärferen Angriffe hingegen würde er sich für diejenigen aufsparen, die Gregg Aldrich schaden könnten. Sie war auch bestens im Bilde über seine bisherigen Erfolge; speziell bei solchen Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft gezwungen war, einen mehrfach vorbestraften Kriminellen wie Jimmy Easton als
Zeugen aufzubieten, der behauptete, vom Angeklagten zu dem Verbrechen angestiftet worden zu sein.
    Neben Moore hatte sein Sohn und Partner Cole Moore Platz genommen, den sie gut kannte und mochte. Cole hatte vier Jahre als Assistenzstaatsanwalt in ihrem Büro gearbeitet, bevor er vor fünf Jahren in die Kanzlei seines Vaters eingetreten war. Er war ein guter Anwalt, und er und sein Vater würden zusammen als Verteidiger ein beachtliches Gespann abgeben.
    Aldrich saß auf der anderen Seite von Richard Moore. Die Aussicht auf eine lebenslange

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